D-Q6640

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Commentary

Kurioser Aufsatz mit Exempeln des Luxus aus anderen Zeiten, denen gegenüber die gegenwärtigen Repräsentationsausgaben von Fürsten klein und verzeihlich erscheinen. --Olaf Simons (talk)

Transcript

Ich habe irgendwo gelesen, daß Rom am stärksten gewesen wäre, da
sich der General wie der gemeine Soldat seine Rüben beym Feuer selbst
gebraten hätte. Zu jener Zeit herrschte wohl Frugalität durch alle
Stände, und Weichlichkeit und Bequemlichkeit waren unbekannte, oder
doch seltene Dinge.

Demungeachtet glaube ich, daß es Luxus unnöthigen Aufwand zu allen Zeiten gab;
nur daß er sich verschieden äußerte, je nachdem es Geschmack oder
Mode mit sich brachte, bald feiner bald sinnlicher; und daß er
nach proportion manchmal größer, gewiß aber oft unmoralischer
als in unsern aufgeklärten Zeiten war, wo man doch wenigstens
größtentheils aufs nützliche zu sehen anfängt.

Es sey mir erlaubt dieses mit einigen kleinen Beyspielen aus der
alten und neuern Zeit zu beweisen.

Der König Cheops von Egypten regierte ao. 2910.
und baute wie bekannt die erste große Spizsäule. Da
seine Einkünfte dazu aber nicht hinreichten, so befahl er seiner
Tochter sich jedem Preis zu geben, um ihm die Raten dazu zu
vererben. Sie that es, ihr Vater vollendete den Bau,|<2>
und sie – verdiente sich noch nebenher eine kleine Pyramide, obgleich
jeder ihre Beglückten nur einen Stein dazu gab.

Es ist freylich zugleich ein Beweis von den rohen Geschmacke
und Sitten dieses Zeitraums, und man kan sich des Gedankens
nicht entschlagen, daß diese egyptische Prinzessin viele Reitze
besessen, und sie lange zu erhalten gewußt habe, aber, -
da man nicht findet, daß jeder egyptische König eine Spitzsäule Pyramide
so wie jeder Turkische Kaiser eine Mosché zubauen, verbunden
waren gewesen: so war es immer unnöthiger Aufwand,
Spizsäulenluxus.

Im zwölften Jahrhunderte, ließ einer von Adel bey einer
Feyerlichkeit 30.000 heutige Sols auf einen gepflügten Acker
säen, und ein ander ließ bey einer ähnlichen Gelegenheit 30 seiner
besten Pferde verbrennen. Beyde tathen es aber ihre Pracht
und ihren Reichthum zu zeigen.

Wenn gleich des ersten Aufwand nicht ganz verloren ginge:
so war er doch gewiß das Werk eines schwachen Helden; Nur fällt
er nicht so sehr auf, weil noch in unsern Tagen, studirende Britten
in Göttingen mit Laubthalern[1] andern die Fensterscheiben einwarfen,
und große theure Werke ihren Hunden zur Streue kauften;
der Pferdeverbrenner aber war nicht allein thörigt, sondern
auch grausam.

Unsere weisen Fürsten und Edle, wissen die Menschen besser zu
beschäftigen als König Cheops und ihre Geld besser anzulegen als die
andern. Sie lassen schiffbare Canäle graben, um die Ost und Westsee
zu vereinigen, Handlung zu erleichtern und zu befördern. Bauen nüzlich,
dauerhaft, einfach, und doch geschmackvoll; stiften Erziehungsinstitute,
und die Nachwelt wird dafür dereinst mit Ehrfurcht dereinst ihre unsterblichen
Nahmen nennen.

am 1ten Schahriver
1155.

Rob[ertus] Steph[anus]

Notes

  1. Laubtaler, von frz. „écu aux lauriers“ nannte man in Deutschland wegen der Lorbeerzweige an den Seiten des Lilienschildes die von 1726 bis 1790 geprägten französischen écus de six livres, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wegen des Silbermangels im Reich eine der wichtigsten größeren Hauptumlaufmünzen war. Artikel Laubtaler in Numipedia. Vergleiche auch den Wikipedia Artikel Taler