D-Q175752

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Commentary

Der Orden vergrößert sich zunehmend und in allen größeren Städten der oberrheinischen, kurrheinischen, westphälischen und niedersächsischen Provinzen
dürfte es nach Knigges Einschätzung bald Versammlungen geben. Das Anlegen der Gruppen sei allerdings nicht so einfach, da es Constitutionen oder Quellen brauche.
Außerdem appelliert er stark dagegen, sich von München aus konstituieren zu lassen, da dann deren Gradsystem zu übernehmen sei.
Den dirigierenden Illuminaten- und Schottischen Ritter-Grad hält er für die bessere Option für das geheime Capitel.

Es wird von einem Streit zwischen Menninger, welchen Knigge für den Orden gewinnen möchte, und dem Mainzer Kurfürsten berichtet.

Aus Neuwied, Hannover, Göttingen und Kurmainz werden fehlende Q.L. und Einschätzungen Knigges bezüglich der Ordensmitglieder dokumentiert.
Zudem wird über den Verbleib der "zerstreuten Brüder" Richers, Schmidt und Neefe berichtet. Die letzten beiden seien dabei, eine Versammlung in Bonn aufzubauen.

Transcript

Philos Bericht über seine Inspection. Schaharimeh 115

Die Anlage A ist der Provinzial-Bericht vom Oberrheinischen Creise
B. vom Churrheinischen.
C. vom Westphälischen, und
D. vom Niedersächsischen,
E. Ist eine Nachricht von ein Paar zu keinem Districte gehörenden Brüdern.

Aus diesem allen nun ergiebt sich, daß der O. jetzt schleunige Fortschritte macht, und bald in allen Haupt-Oertern dieser Provinzen Versammlungen seyn werden. Nur hält es mit Anlegen der ⧉ noch ein wenig schwer. Man muß doch Constitutionen haben, oder wenigstens eine scheinbare Quelle angeben können, um wenigstens irgend in einem Mittelpuncte ein geheimes Capittel zu constituiren, welches dann, ohne sich an eine angewiesene Grenze zu binden, ⧉ anlegen könnte, wie und wo es wollte. In Athen[1] wäre nun zwar ein solches Capittel, aber wenn man sich von dort aus constituiren liesse, müsste man ihnen auch unterwürfig seyn, und ihre elenden FrMr. Grade annehmen. Viel schicklicher ist es, daß der dirigierende Illum. oder der schottische Ritter-Grad das geheime Capittel ist, daß dergleichen in jeder Provinz eines sey, welches dann die ⧉ constituirte, wie bey der str. Obs. die Präfecturen – Aber da wird kein anders Mittel seyn, als de facto | dergleichen Capittel sobald der Illum. dir. fertig ist, in jeder Provinz zu errichten, und sich auf keine Legitimation einzulassen.

Frage: Wer gillt bey dem Kaiser am mehrsten in Militair-Sachen?[2]

Nachricht
Wenn ein hübscher junger[3] Edelmann Lust hat Fähndrich bey einem Dragoner-Regimente in holländischen Diensten zu werden; so kann derselbe sogleich Gage bekommen (jährlich 1000 fl) dagegen muß er einen andern Officier mit 6000 fl abkaufen. Ich habe Auftrag deshalb.

Bitte
Hier ist ein catolischer Geistlicher, ein aufgeklärter, vortreflicher Mann, und herrlicher Redner. Er ist Vicarius am Dom und Festtags-Prediger. Nie habe ich besser predigen gehört – Aber desfalls ist er auch allgemein verfolgt. Sein großer Ruhm erwarb ihm einen Ruf nach Maynz. Aber der Churfürst (der ein pedantischer, ortodoxer Heuchler ist) hörte ihn kaum predigen, indem er um die Hof-Canzel warb; so war auch sein Unglück gemacht. Er hatte ein Bild von Freundschaft in der Predigt angebracht, und überhaupt nicht Salbung oder Unsinn genug hineingebracht. Er musste also feyerlich Abbitte thun, und verlohr alle Hofnung befördert zu werden. Er hat kaum 450 fl Einnahme. – In kurzer Zeit wird er Mitglied des O. seyn. (Man sehe was ich von ihm, Menninger [4] in dem Prov. Bericht vom Oberrheinischen Creise Art. Edessa[5] sage.) Ach! wenn ihm doch Arrian[6] helfen könnte! Er ist ganz der Mann für uns. Dringendst empfehle ich Ihnen diesen vortreflichen Geistlichen. Er ist ganz zu einem Hof-Prediger gemacht. Hätte er nur ein besser Schicksal! Es würde den O. hier sehr erheben, wenn er durch mich Hofnung zu besserm Glücke erhielte.
Philo.

Stadt Clandiopolis |
Clandiopolis[7]
Averroes[8] ist faul, schickt auch kein q. l. ein[.] Desfalls habe ich mich mit seinem Recepten, H. Hofmeister Kröber, [9] imposito silentio, [10] in Briefwechsel eingelassen. Im folgenden Monathe werde ich darüber berichten
Philo. |

Bericht über Aeolien[11]
Tarsus[12]
Epimenides[13] und Simonides[14] haben zwar beyde ihre q. l. eingeliefert. Ich bin aber noch nicht ganz zufrieden von ihnen. Sie sind noch zu unthätig und zu zurückhaltend. Ich werde sie bald mündlich sprechen. Bis dahin verspare ich meinen weitern Bericht.

Andrus[15]
Prometheus[16] ist Illum. minor und hat sein q. l. eingereicht. Ich warte darauf, daß Accacius[17] weiter seyn soll, um denselben besser als den Prometheus zu brauchen.
Acacius ist im Noviziat. Er hat sein q. l. abgeliefert, und muß nun befördert werden.
Ausserdem habe ich daselbst heimlich angeworben unter dem Nahmen
Cartesius (doch glaube ich über denselben schon berichtet zu haben) dH. Henze. [18] Er steht | im Noviziat, hat sein q. l. eingereicht, und ich bin sehr zufrieden von ihm.
Philo.

Inspection Aeolien | Schaharimeh 1151
Zerstreuete Brüder
Roscius[19] ist Minerval hat sein q. l. eingeliefert, ist jetzt in Gordium[20] wird in einigen Tagen hierher kommen, hat verschiedene Vorschläge gethan, davon nächstens ein mehreres, und wird mir als heimlicher Visiteur, bey seinen Reisen nützlich.
Ueber noch einen solchen Reisenden, den ich anwerben werde, soll nächstens Bericht erfolgen.
Philo.|

Bericht über die Zerstreueten Mitglieder
Schaharimeh 1151[21] |
a, Berosus[22] der noch immer in Issus[23] auf Werbung ist, operirt, und wird dort eine □ anlegen. [24] Aber es geht langsam. Er hat sein q. l. eingeliefert. Er ist Illum. minor.
b, Roscius ist ein vortreflicher Mann, Er ist nun Illum. minor. und Maurer vom Zinnendorfischen Systeme; bekennt aber nie dergleichen gehört zu haben, als wir ihm vorlegen. Er hat aufgenommen (Er hat das q. l. gegeben)
3, Glaucus, den Capellmeister in Bonn Christian Gottlob Neefe, ein großer Tonkünstler, gebohren in Chemnitz den 5ten Februar 1748. [25] Ein herrlicher | Mann, ins Noviziat getreten den 19ten September 1781. Er hat sein q. l. eingeschickt.
Diese letztern beyden sollen nun eine Versammlung in Stagira[26] errichten.
Philo.

Ich bitte gehorsamst dringendst um Antwort wegen Ulm (Sangarium der Mann wartet darauf. |
Zu diesem Provinzial-Bericht über Albanien [27] der ordentlich verfasst worden, und voll guter Nachrichten für den S. O. ist weiß ich nichts hinzuzufügen. Cleanthes[28] ist ein schätzbarer Mann. Sein Consultor Manetho[29], von dem ich ein eigenes quibus licet gefordert und erhalten habe, ist nicht minder vortreflich.
Die Leute welche angeworben sind, sind beynahe Alle noch nicht Maurer
Philo. |

Bericht vom Westphälischen Creise
Monath Schaharimeh 1151
Clandiopolis Da Averroes nun in 3 Monathen nicht geantwortet hat, ohngeachtet er Illum. Minor ist; so habe ich gerade zu an den Hofmeister Kröber geschrieben, den er angeworben hat, habe ihm kräftig geschrieben, ihm Stillschweigen auferlegt, und hoffe dadurch alles gut zu machen.
Philo. |

Dieser Provinzial-Bericht über Paphlagonien ist, der löblichen Gewohnheit meines vortreflichen Epictets[30] gemäß, so unordentlich als möglich gerathen. Es fehlen z.B. die Nahmen der in Neustatt (Dodona) angeworbenen B.Br. Dies soll aber im nächsten Bericht ohnfehlbar erfolgen. Ich werde dem Epictet ein Formular zu solchen Berichten schicken, denn auch quoad formam ist er unrecht abgefasst, indem Sachen darinn stehn, die blos meine Person angehn. Uebrigens wird Paphlagonien bald alle andre Provinzen beschämen.
NB. Epictet hat vergessen über verschiedene andre Personen zu berichten. Es soll aber alles nachfolgen.
Philo.

Man sieht, daß der Consultor Raphael[31] fehlt. Der war indessen in Sebaste[32], wo ich ihn zum FrMr. habe aufnehmen lassen. [33] Dieser Mann hat nicht Epictets Geist, aber Ordnung

Notes

  1. München.
  2. Vgl. Cobenzl an Weishaupt, Anfang Okt. 1781, 403.
  3. hübscher junger { junger
  4. Bernhard Menninger, Jesuit, seit der Aufhebung des Ordens Stiftsprediger bei St. Bartholomä in Frankfurt a. M („Corunacius“). Item:Q759
  5. Frankfurt am Main.
  6. Johann Ludwig Carl Graf von Cobenzl Item:Q206
  7. Neuwied.
  8. Ludwig Röntgen Item:Q956
  9. Christian Carl Kröber (*1752), 1769 ff. Student in Tübingen, dann Hofmeister der Söhne des Grafen Stolberg-Roßla in Neuwied, 1788 Hofrat, später in Niederurff; 1783 Zweiter Vorsteher der Neuwieder Loge „Caroline zu den drei Pfauen“; im Illuminatenorden 1782 Präfekt von Neuwied und Vize-Provinzial („Agis“). Item:Q620
  10. Lat unter auferlegtem Stillschweigen.
  11. Niedersachsen.
  12. Hannover.
  13. Ernst Friedrich Hector Falcke Item:Q319
  14. Georg Ernst von Rüling Item:Q973
  15. Göttingen.
  16. Andreas Gottfried Schäfer Item:Q1003
  17. Johann Benjamin Koppe Item:Q612
  18. Johann Carl Gottlieb Henze (*1749), Tierarzt in Göttingen, dann in seiner Heimatstadt Weimar, 1784–1804 Gestütsinspektor in Allstedt bei Sangerhausen; 1780/81 Zeremonienmeister der Göttinger Loge „Augusta zu den drei Flammen“. Item:Q479
  19. Joseph Schmidt Item:Q1055
  20. Kassel.
  21. Am Kopf der folgenden Seite wiederholt Bericht über die zerstreueten Mitglieder
  22. Joachim Nicolaus Richers Item:Q932
  23. Speyer.
  24. Am 27. 4. 1781 war in Worms die Loge „Johannes zur brüderlichen Liebe“ installiert worden. Zu einer Logengründung im benachbarten Speyer kam es nicht.
  25. Christian Gottlob Neefe (1748–98), 1777 Musikdirektor bei der Seylerschen Schauspieltruppe, 1779 bei Großmann, 1781 Hoforganist in Bonn, dort Lehrer Beethovens und 1787 Mitbegründer der Lesegesellschaft, 1796 Theaterkapellmeister in Dessau; Mitglied der Neuwieder Loge „Caroline zu den drei Pfauen“; Ende 1783 Nachfolger Schmidts als Präfekt der Bonner Illuminaten. Vgl. Walther Engelhardt: Christian Gottlob Neefens Lebenslauf von ihm selbst beschrieben. Nebst beigefügtem Charakter 1789 Köln 1957, sowie Alfred Becker: Christian Gottlob Neefe und die Bonner Illuminaten Bonn 1969. Item:Q809
  26. Bonn.
  27. Kurmainz.
  28. Amand Philipp Ernst von Ebersberg Item:Q274
  29. Franz Anton Schmelzer Item:Q1042
  30. Johann Friedrich Mieg Item:Q779
  31. Wilhelm Ferdinand Becker Item:Q85
  32. Wetzlar.
  33. Am 17. 9.; vgl. Beckers Tagebuch, in Michel Espagne: „,Welches sind die Bestandteile der Aufklärung?‘ Aus dem Pariser Nachlaß eines Wetzlarer Freimaurers“, in: Jahrbuch der Dt. Schillergesellschaft 32 (1988), 28–50, hier 33f.