D-Q175757

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Commentary

Knigge verspricht ein Gutachten über den Wilhelmsbader Konvent, kritisiert bereits einige Stimmen und listet kurz die für ihn wichtigsten Punkte einer strukturellen Ordensreform auf. Priorität habe es jetzt, in allen Präfekturen passende Lokalobere einzusetzen.

In Frankreich möchte er vorerst nichts unternehmen und in Holland hat er einen Freund in den Orden aufgenommen. Aus den deutschen Provinzen werden die Neuaufnahmen, Beförderungen, Mitglieder in Leitpositionen und in manchen Gebieten die fehlende Ordensstruktur berichtet. Er deutet an, in einem nächsten Bericht von seinen Plänen für Thüringen durch das Wirken Bodes zu erzählen und den Freiherrn zu Vollrads aus dem Orden entfernen zu wollen, um ihn anschließend heimlich weiter zu protegieren.

Transcript

Bericht vom Monat Thirmeh 1152,[1]

Da der Freymaurer-Convent noch nicht ganz zu Ende ist, so verspare ich mein endliches Gutachten, wie wir es in Ansehung des neuen Systems zu halten haben möchten, bis zu meinem nächsten Berichte; doch werde ich noch etwas darüber sagen, nämlich dieses: Hier ist Minos[2] Bericht darüber, nebst den Anlagen. Er bekennt selbst auf dem letzten Bogen, | daß er sich unklug aufgeführt habe.[3] Und das ist im strengsten Verstande wahr. Sein Aufsatz ist unter andern ein Beweiß davon. Die Politic erfoderte es, daß man ihn nach Herlesung desselben zum Ketzer machen mußte; und ich selbst, wenn ich gegenwärtig gewesen wäre, würde mich seiner nicht haben annehmen dürfen. Er hat sich nun den Weg versperrt, die Prinzen auszulocken. Ich aber nicht davon nächstens ein Mehreres. Dazu kömmt, daß er durchaus nicht schweigen kann, und was in den Sessionen vorfiel, das wußte nachmittags schon die Brunnengesellschaft. Es ist nicht genug ein ehrlicher Mann zu seyn: man muß auch vorsichtig handeln, wenn man das Gute bewirken will. In der Wahl seiner Leute irrt er immer. C[olowrath][4] ist ein sehr guter Mensch: C[happes][5] vielleicht nur ein Maulschwätzer, (mir kam er ganz so vor). Es ist nicht wahr, daß W[ächter][6] hinter dem Vorhange steht.[7] Narren sind die [Prinzen], und schwache Narren; aber Betrüger sind sie nicht, und sie haben wahrlich die Absicht, etwas Gutes zu bewirken, nur fehlt es ihnen an Klugheit. – Doch wie gesagt, über das alles behalte ich mir mein endliches Gutachten vor. In 10 Tagen wird Alles vorbey seyn.

Noch einmal wiederhole ich, was ich nicht genug wiederholen kann: wenn wir |
a.) Das ganze System ausgearbeitet haben,
b.) Wenn jede Provinz ihren Provinzial hat,
c.) Wenn über 3 Provinzen ein Inspector gesetzt ist,
d.) Wenn wir in Rom[8] unsere National-Direction haben:
e.) Wenn mit diesen allen die Areopagiten nichts zu thun haben, sondern im Verborgenen das Ruder führen, folglich nicht entdeckt werden können, nicht so sehr mit verdrüßlichen Details überhäuft sind, sondern das System überschauen, verfeinern, in andere Lander ausbreiten, zur rechten Zeit der dirigirenden Classe beystehen können: – Dann, und nicht eher richten wir etwas aus. Wir bedärfen also dann keiner so lärmenden Anstalten, müßen jeden Provincial in seine Gränzen zurückweisen. – Fahren wir aber fort so in die Kreuz und Quere zu operiren, so sind wir in 3 Jahren gesprengt. Nun zu meinen Berichte.

Frankreich.
Hier rathe ich noch vorerst nichts zu unternehmen. Ehe ich nicht die Geschäfte vom Halse habe, lasse ich sogar alle Vorschläge in Elsaß und Lothringen liegen. |

Holland.
Ich habe es einen Jugendfreunde, der mehrentheils in Teutschland auf Werbung liegt, nicht abschlagen können, ihn aufzunehmen. Ich habe ihn Bayard genannt. Er heißt W[ilhelm] von dem B[ussche],[9] ist den 18. August 1756 in [Wien] gebohren, wo sein Vater,[10] der [hannoversche] Minister, Gesandter war.[11] Er ist Hauptmann in holländischen Diensten, reich, geschickt, edel und klug. Wozu er uns nützlich seyn kann, davon behalte ich mir vor zu reden. Er ist ins Novitiat getretten den 30 Jun. 1782, und jetzt Minerv[al]. Hier sind seine zwey Q. L.

Assyria.[12]
A[rrian][13] hat Medien[14] übernommen. Ich habe indessen Gelegenheit, daselbst zu wirken, worüber ich nach geendigtem Convente theils Nachricht geben werde, theils schon in Privat-Briefen an Spartacus[15] Bericht erstattet habe.

I. Inspection Achaja.
Alcibiades[16] in Theben[17] hat mir Nachrichten von dem exjesuitischen Novitiate geschickt, welche ich hier drucken lasse.[18]

II. Inspection Æthiopia.[19]
1. Provinz Macedonia.[20]
A. Præfectur Paphlagonia.[21] Hier ist Epictets[22] Bericht. Sie werden sehen, daß wir | nun auch in Surinam ein Etablissement haben.[23] Ich habe Surinam Mannheim, und Parmaribo[24] Frankenthal genannt.
B.) Albania.[25] Hier ist Bericht von Cleanthes[26] und von Manetho[27]. Ich kann nun nicht länger schweigen. Die Sache soll und muß in Ordnung. Deßfalls werde ich einen aus den dortigen Mitgliedern ausheben, und denselben heimlich weiter führen. Mein Absehn geht auf Hegesias ‚[28]Um aber sicher zu gehen, werde ich von Cleanthes und Manetho, jedem besonders, ein Gutachten fodern; wer unter ihren Leuten der Beste ist?
C.) Pamphilia[29] ist unbevölkert.
Stagyra[30] Roscius[31] und Glaucus[32] sind abwesend gewesen, haben mir aber ihre Q. L. geschickt, auch aufgenommen unter dem Namen Jubal den [kurfürstlichen] Hof-Musicus N[icolaus] S[imrock],[33] gebohren zu Mainz den 24. August 1751. Ins Noviciat den 12. Jul. 1782. Glaucus ist ein vortreflicher Mensch. Da er in dieser Messe hieher kommen wird, so habe ich Gelegenheit, ihn völlig abzurichten. Jetzt ist auch Chabrias[34], der bis jetzt in Sebaste[35] war, wieder auf immer in Stagyra. Nun können sie mit Ernst wirken. Anaxagoras[36] gefällt mir nicht besonders, und von den übrigen ist noch nicht viel | zu sagen. Alle sind aber eifrig, und haben ihre Q. L. abgeliefert.

2.) Provinz Thessalia.[37]
A. Præfectur Picinum.[38] Hier ist zwar ein kluger Bericht: allein er ist nicht mit der gehörigen Ordnung verfaßt, und ich werde nächstens einen genauern verfassen lassen, und mitschicken. Die Sachen gehen vortreflich dort, vieleicht zu gut. Hier ist auch ein Q. L. Wäre es nicht möglich, auf die darinn geschehene Anfrage durch einen Forstverständigen antworten zu lassen.
B.) Servia,[39]
C. Soria,[40] und
D. Tagana,[41] sind unbevölkert.

3.) Provinz Dacia[.][42]
Hier ist Bericht von Minos. Ich bitte gehorsamst um Antwort, wer H. v. T[aubenheim][43] in Stuttgard, und S[eckendorf][44] in Anspach behandeln soll. Ich glaube, man könnte es dem in allen Stücken so herrlichen Ptolemæus Lag[i][45] auftragen. S[eckendorf] ist eine grosse Acquisition. Was denken sie vom B[ahrdt][46]? |

III. Inspection Abyssinia.

1.) Provinz Jonia.[47]
Was ich dort durch einen Convents-Deputirten[48] zu bewirken gedenke, wird mein nächster Bericht zeigen.

2.) Ueber Aeolis[49] ist der Bericht eingelaufen. Viel gewirkt ist nicht worden, weil der Provincial Simonides[50] abwesend war. Indessen ist doch
A. Præfectur Susiana.[51]
In Tarsus[52] aufgenommen Herr J[ohann] F[riedrich] [Baring][53] Berghandlungsschreiber in H[annover] unter dem Namen Sala ins Novitiat den 20. Jul. 1782[;] befördert zum kleinen Illuminat ist Aristodemus Carius,[54] und ist als Gerichtsschul[t]heiß nach Andrus[55] abgegangen.
B.) Tracia.[56] Hier ist nichts geschehen.
C.) Palæstina.[57]
In Numantia[58] ist aufgenommen, und bis zum Illum. min. befördert unter dem Namen Godeschalcus Hr. D[aniel] G[otthilf] M[oldenhawer] [59] Doctor und Professor in K[iel] gebohren in Königsberg den 11. Dec. 1754 ins Novitiat getretten den 10. Jul. 1782. geht jetzt auf [R]eisen. |
D.) Capadocia[60]ist nicht bevölkert.

Ich übergehe Kleinigkeiten, und geringe Desiderata.
Meine Hauptsorge wird jetzt seyn, in allen Præfecturen für [r]ichtige Local-Obere zu sorgen, die nun die ganze Maschine in den Gang bringen.

Philo.

Notes

  1. Frankfurt am Main, Ende Aug. 1782
  2. Franz Dietrich Freiherr von Ditfurth Item:Q248
  3. Ditfurth schrieb: „Ich weiß nicht, ob ich meinen eigentlichen Endzweck, sie bis ins Mark ihrer Gebeine mit einem schamvollen Schauder zu erfüllen, erreicht habe. Aber so viel sah ich wohl, daß bei diesen Leuten nichts Weitres anzufangen stehe.“ (Hammermayer 130)
  4. Nicht ermittelt.
  5. Nicht ermittelt.
  6. Carl Eberhard (Freiherr von) Wächter, vgl. I 216 sowie Eberhard Freiherr von Waechter: „Carl Eberhardt v. Waechter, ein württembergischer Diplomat“, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte N. F. 38 (1932), 342–59. Item:Q1280
  7. Vgl. Ditfurths Bericht: „Der Graf Perouse aus Turin suchte die letzten Tage meine Freundschaft, war über den Convent sehr aufgebracht […]. Er schalt auf die Ketzermacher, seinen Landsmann Giraud und Wächter. – ‚Dieser Kerl‘, sagte er, ‚der sicher ein Imposteur ist, der unsere Brüder in Italien, wo er Capit[a]l anlegte, betrog, steht hinter dem Vorhang.‘“ (Hammermayer 132)
  8. Wien.
  9. Christian Wilhelm von dem Bussche (1756–1817), Gutsherr zu Cösitz, Walbeck und Quenstedt, nach Studium in Leipzig Hauptmann beim Infanterieregiment Nassau-Oranien Nr.o3, zuletzt kgl. sächs. Amtshauptmann; Freimaurer der Strikten Observanz („a Fontibus eremi“); Begleiter Bodes auf dessen Reise nach Paris 1787. Item:Q188
  10. Johann Clamor August von dem Bussche (1706–64), 1717 Drost zu Schlüsselburg, 1741–45 ao. hannoverscher Gesandter in Dresden, 1743 Geh. Kammerrat, 1745–50 Gesandter in Wien, 1750 Geh. Rat, zuletzt Staatsminister in Hannover. Item:Q175419
  11. Zum Zeitpunkt der Geburt seines Sohnes war der Vorgenannte nicht mehr im diplomatischen Dienst, sondern in der Hauptstadt Hannover tätig.
  12. Deutschland.
  13. Johann Ludwig Carl Graf von Cobenzl Item:Q2069
  14. Österreich.
  15. Johann Adam Weishaupt Item:Q1308
  16. Franz von Paula Ludwig Hoheneicher Item:Q514
  17. Regensburg.
  18. [Knigge (Hg.):] Maria zu Dorfen, eine Zuflucht der Sünder. Authentische Nachrichten von dem neuesten Noviziate der Jesuiten zu Dorfen in Baiern aus Original-Briefen, [Frankfurt a. M.] 1782.
  19. Niederrhein und Westfalen.
  20. Niederrheinischer Kreis.
  21. Kurpfalz.
  22. Johann Friedrich Mieg Item:Q7799
  23. Der hannoversche Apothekergeselle Heinrich Wilhelm Kels (1759–92; „Arctaeus“) ging nach seinem in Göttingen absolvierten Medizinstudium als Militärarzt nach Surinam, wo er in Bellair verstarb. Item:Q576
  24. Ältere Variante zu Paramaribo.
  25. Kurmainz.
  26. Amand Philipp Ernst von Ebersberg Item:Q274
  27. Franz Anton Schmelzer Item:Q1042
  28. Friedrich Carl Franz Xaver Freiherr von Greiffenclau zu Vollrads (1754–92), nach Studium in Erfurt kurmainzischer Kammerherr und Hofrat, Oberamtmann zu Amorbach; Mitglied der Loge „Zur beständigen Einigkeit“ in Biebrich bei Wiesbaden; Dez. 1781 Illuminat, später Censor der 2. Mainzer Minervalkirche. Item:Q421
  29. Kurtrier.
  30. Bonn
  31. Joseph Schmidt (1753–87), vgl. I 377. Item:Q1055
  32. Christian Gottlob Neefe, vgl. I 399. Item:Q809
  33. Nicolaus Simrock (1751–1832), Musiker und Komponist, 1774 zweiter Hornist der Hofkapelle in Bonn, 1789 erster Hornist, seit 1790 Buch und Musikalienhändler; 1787 Mitgründer der Bonner Lesegesellschaft, 1805 Mitgründer und 1. Aufseher der dortigen Loge „Les Frères courageux“; Censor der Bonner Minervalkirche. Item:Q1126
  34. Clemens August d. J. Freiherr Schall zu Bell Item:Q1006
  35. Wetzlar.
  36. Judas Thaddäus Bäbel auf Bäbelsburg, Hofkammerrat, später Regierungsrat in Neuburg a. d. D.; Freimaurer. Item:Q53
  37. Westfälischer Kreis.
  38. Neuwied.
  39. Münster-Osnabrück.
  40. Hochstift Paderborn.
  41. Herzogtum Oldenburg.
  42. Oberrheinischer Kreis.
  43. Rudolph August Lebrecht von Taubenheim (ca. 1736–1814), württ. Geh. Rat und Hofrichter in Stuttgart; bis zu ihrer Aufhebung 1784 Meister vom Stuhl der dortigen Loge „Zu den drei Zedern“, Freimaurer der Strikten Observanz („a Lancea coronata“). Item:Q175630
  44. Alexander Friedrich Wilhelm von Seckendorff Item:Q1103
  45. Nicht ermittelt.
  46. Carl Friedrich Bahrdt Item:Q1382
  47. Thüringen.
  48. Bode. Item:Q133
  49. Niedersachsen.
  50. Georg Ernst von Rüling Item:Q973
  51. Kurhannover.
  52. Hannover.
  53. Johann Friedrich Baring (1747–1808), Schreiber bei der kgl. Berghandlung in Hannover, 1794 Zweiter Kommissarius, 1796 Vorstand; 1783 Mitglied der dortigen Loge „Friedrich zum weißen Pferde“. Item:Q63
  54. Heinrich Carl Bernhard Compe (*1745), nach Studium der Rechte in Göttingen Amtschreiber in Harburg, dann bis 1792 Gerichtsschulze in Göttingen; Mitglied der hannoverschen Loge „Friedrich zum weißen Pferde“ und der Göttinger Loge „Augusta zu den drei Flammen“, 1787–89 deren Erster Vorsteher. Item:Q211
  55. Göttingen.
  56. Braunschweig-Wolfenbüttel.
  57. Hamburg, Bremen, Holstein.
  58. Kiel.
  59. Daniel Gotthilf Moldenhawer (1753–1821), 1778 ao., 1779 o. Professor der Theologie in Kiel, 1784– 1805 Professor in Kopenhagen, 1788–1817 Oberbibliothekar der kgl. Bibliothek, 1789 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 1805 Etatsrat; Mitglied der Kieler Loge „Louise zur gekrönten Freundschaft“. Vgl. Ada Adler: D. G. ‚‘‘Moldenhawer og hans Haandskriftsamling‘‘, Kopenhagen 1917. Item:Q785
  60. Mecklenburg.