D-Q175758

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Commentary

Ditfurth erwähnt zu Beginn kurz seinen Unmut gegenüber dem Wilhelmsbader Konvent und kündigt einen Bericht dazu an.
In Wetzlar wird ein Nachfolger für den Freiherrn von Schall zu Bell gesucht, um die Minerval-Versammlungen zu halten. Ditfurth schlägt hierfür Bostell vor, Ockel hält ihn für keine gute Wahl.
Der Anlegung einer Illuminatenversammlung in Wetzlar durch Ditfurth stehe nichts im Wege bis auf Waldenfels, der sich im Streit mit Bostell befinde und andeutete, über den Orden Bescheid zu wissen.
Auch solle bald ein ausgeschlossener Illuminat vorbeikommen, der in nichts einzuweihen sei.
In Weilburg könne mit der Hilfe Grolmans in absehbarer Zeit eine Minervalkirche errichtet werden.
Ockel unterbreitet den Vorschlag einer Minerval-Schule für Mädchen und schlägt Caroline Friederike Louise von Seckendorff-Aberdar, die Frau Riedesels, als Führungsfigur vor. Ditfurth würde gerne seine Stieftöchter in das Vorhaben inkludieren und durch den indirekten Einfluss Ditfurths und Riedesels solle sichergestellt werden, dass keine Unwürdigen aufgenommen werden.

Transcript

Sebaste[1] den 7. Merdedmeh
1152. Jezdedg.

Dacia.[2]
Meine erlauchteste Obern werden es mir gütigst verzeihen, daß ich mit diesem Berichte etwas spat komme: ich bin erst seit einigen Tagen von dem noch nicht geendigten Maurer-Convent in Wilhelmbad[3], von dem nichts gedeihliches zu hoffen stehet, und über welchen ich zu einem Anhange zu diesem Bericht, so viel es sich in Ermanglung der Protocollen, und ungeheurer Menge Beylagen thun läßt, Bericht erstatten werde, zurückgekehret. In der festen Zuversicht wegen dieser Versäumniß Vergebung zu erhalten, wende ich mich zum Bericht über unsern fürtrefflichen Orden.

A.) Lydia.[4]
Sebaste
Hier ist abermal eine Minerval-Versammlung gehalten, von der aber der Bericht in dem Monat Merdedemeh gehört. Den Hercules[5] habe ich seit dem letzten Bericht nicht gesprochen; und weiß daher nicht, wie es mit | seinen Bückeburgischen Diensten aussieht: vermuthlich nicht gut, weil er noch an keine Abreise denket.[6] Bruder Chabrias[7] ist bereits nach Bonn, woselbst er eine Bedienung im Staat antritt, abgereiset. Da er also in eine andere Provinz geht, so muß er hier abgegeben werden. Ich muß bitten, mir den Bruder zu benennen, an den ich ihn abgeben, und zugleich seinen Revers, Tabellen und Initiations-Protocoll schicken soll. Nur muß ich nochmals bitten, daß er nicht ehender in den 2ten und 3ten Maurergrad gebracht werde, bis er unserer □ den ersten bezahlt hat. Molay[8] hat schon verschiedentliche förmliche Minerval-Versammlungen gehalten, und darinn die Brüder Lainetz[9], Chabrias und Wittekind[10], wie die Anlage sub Nro. 1 zu erkennen giebt, als Minervales aufgenommen, wie dann nunmehro kein Anwesender mehr anders als förmlich in der Versammlung aufgenommen werden wird. Sobald ich vom Lande in die Stadt zurü[ck]gekommen seyn werde, soll auch die Illuminatenversammlung angelegt werden: es hindert uns nichts, als W[aldenfels],[11] der äußerst attent auf uns ist, und in einem Discours gegen Molay (der sich jedoch auf nichts eingelassen, noch gestanden hat, daß er etwas von □ wisse) daß er sehr viel vom □ weiß, zu erkennen gegeben, und über den Namen Illuminat Spott getrieben. Es stehet sehr zu besorgen, daß, wenn ausgeschlossene Illuminat[i] | hieherkommen, er solche, um noch mehr zu expisciren,[12] an sich ziehen wird. Die hiesigen Brüder habe ich auf erhaltene Nachricht in einem Schreiben des Br. Spartacus, daß ein solcher ausgeschlossener Illuminat Namens K[??][13] hieher kommen wird, vor diesen gewarnet, und ihnen überhaupt nochmals eingebunden, sich mit keinem Bruder, er möge sich auch legitimiren, wie er immer wolle, der ihnen nicht von dem Superiore der hiesigen Versammlung bekannt gemacht werde, einzulassen.

Als Novicen sind aufgenommen

1.) Johann Melchior H[oscher], [14] und hat den Ordensnamen Marini erhalten
2.) v. W[enckstern] hat den Ordensnamen Carolus audax. [15]
3.) Tessin[16]
4.) Doctor G[ombel] unter den □ Namen Antigonus [G]onat[us] [17]

Hercules ist abermalen mit Molay nicht zufrieden; weil letzterer ihm das Avertissement corrigiert, und unter seinem Namen hat drucken lassen. Hier dürfte nun Molay wohl unrecht haben. Eine sanfte Weisung an beyde: Hercules daß er des Mannes schone, und Molay, daß er sich des eigenmächtigen Corrigirens enthalte, wird alles in der Ordnung erhalten. Endlich rühmt Hercules den Bruder Bentarith[18] in Bensabe[19] ganz ungemein, und ich setze in sein Urtheil nicht das mindeste Mißtrauen: wenn er ihn in den Illum. min. gebracht, und er erst Maurer seyn wird, werde ich ihn, da er in die Præfectur Peloponesus[20] gehöret, dem Bruder Gra|tianus[21] abgeben, und zweifle nicht, er wird unter dessen Direction, mit der Zeit eine Minerval-Kirche in Bensabe, wo ein berümtes Gymnasium ist, [22] anlegen. Der weitere Vorschlag des Hercules in dieser Anlage eine Minerval-Schule für Mägdgens anzulegen, verdient alle mögliche Aufmerksamkeit. Ich habe ebendenselben Gedanken schon lange gehabt, und Philoni[23] einigemale eröffnet. Die Weiber haben zu viel Einfluß auf die Männer, als daß man es hoffen konnte, die Welt zu bessern, wenn sie nicht gebessert sind. Nur die Art es anzufangen, macht die Schwierigkeit; und wie werden es die ältern, besonders die mit Vorurtheilen eingenommenen Mütter zugeben, daß andere sich mit Erziehung ihrer Töchter abgeben? Es muß also mit erwachsenen Mägdgens, und mit Weibern der Anfang gemacht werden, Hercules schlägt Ptolomai Lagi Frau[24] vor, und ich habe nichts dagegen: ich schlage | meine 4 Stieftöchter[25] dazu mir vor; sie sind gute Mägdgens, und besonders die älteste ein sehr gutes Mägdgen von 24 Jahren, die sehr viel Belesenheit hat, über alle Vorurtheile hinweg ist, über die Religion, wie ich, denkt, alle weibliche Arbeit, Oeconomie, und Küche versteht, französisch, italienisch spricht, und jetzt um die lateinische Authores zu verstehen, nebst der zweyten, die ins 18. Jahr geht, lateinisch mit vieler Application lernt, die sehr schön zeichnet, und malet, in der Musik zimlich weit ist, und dabey den sanftesten und wohltätigsten Character von der Welt hat. Wären alle Weiber wie sie, so wäre, wenn noch eine Minerval-Schule für Mägdgens nöthig wäre, solche leicht eingerichtet. Die zweyte kann fast alles, was die älteste kann; ihr Character ist aber nicht so weichherzig und sanft, ihre Gestalt und Gesicht hingegen viel schöner. Die zwey kleinen von 14 und 13 Jahren sind noch zu bilden: die jüngste hat nicht sehr viel Verstand; aber viel Fleiß, Ordnung und Application, ist immer für sich, und hat in allem ihre eigene Weise. Diese meine Stieftöchter haben viele Bekanntschaft mit jungen Mädchens ihres Alters, und es wäre bald eine kleine Societät unter Direction Ptolomai Lagi Gemahlin eingerichtet. Aber sie müßen doch was haben, einen Orden, eine Reception, Geheimnisse u. d. gl., welches sie in Bewegung setzte. Dieses müßte zweckmäßig und | schön, etwa in 4 bis 5 Graden eingerichtet seyn, und keine Mannsperson zugelassen werden; nur allein Ptolomai Lagi Gemahlin müßte, ohne daß es die andern wüßten, mit ihrem Mann darüber communiciren, und etwa meine älteste Stieftochter, als erste Vorsteherinn mit mir. Wir müßten im Verborgenen über die Aufnahme, damit keine unwürdige aufgenommen würden, wachen, und ihnen die zu lesende Bücher, und die Themata, die sie ausarbeiten lassen sollten, einblasen.

Nota: Daß sie ein Geheimniß mit Ausschließung der Männer für sich hätten, würde sie anfeuern, und zugleich aller Verwilderung und Unordnung vorbeugen. Es müßte ein Grundgesetz seyn, daß kein Mann in ihre verschlossene Thüren schauen dürfe: Und könnte am Ende hindern, denen Geprüftesten und Weisesten große Anstalten für das menschliche Geschlecht blicken zu lassen. –

Aber wer macht diese Grade der Dames Maçonerie? Hier hat dazu kein Bruder Zeit. Könnten nicht meine erlauchtesten Obern, wenn der Vorschlag genehmigt wird, einen dazu fähigen Bruder ausfinden, und es ihm auftragen. Man hat ja eine gedruckte Dames Maçonerie,[26] und den Mopsorden:[27] diese könnten ja zum Grunde gelegt, und eine Art Aufschluß statt des Schottischen Grades dazu gemacht, und alles nach dem weiblichen Geschmack, und zugleich mora|lisch und lehreich eingerichtet werden. Wenn ich solche neugemachte Grade zugeschickt bekäme, so stehe ich dafür, daß alles bald eingerichtet seyn soll

Notes

  1. Wetzlar.
  2. Oberrhein.
  3. Wilhelmsbader Konvent, 15. Juli bis 1. Sept. 1782 Item:Q76299
  4. Hessen-Kassel.
  5. Johann Balthasar von Ockel Item:Q822
  6. Ohne nach Bückeburg zu ziehen, verfaßte Ockel später in schaumburg-lippischem Auftrag eine Facti & Juris Deductio, worinn die Landeshoheit im Geistlichen und Weltlichen der regierenden Erblandes-Herren in der Grafschaft Lippe überhaupt und das Hoch denenselben auf dem Schlosse zu Blomberg zustehende Besatzungs-Recht insbesondere erwiesen wird Bückeburg 1784.
  7. Clemens August Freiherr von Schall zu Bell (1758–1814), 1781 kurkölnischer Kammerherr und Reichskammergerichtspraktikant in Wetzlar, dann Amtmann von Rheinbach, 1792 kurkölnischer Hofmarschall und Vertrauter des Kurfürsten Maximilian Franz; 1782 kurzzeitig Mitglied der Wetzlarer Loge „Joseph zu den drei Helmen“. Item:Q1006
  8. Friedrich Jacob Dieterich von Bostell Item:Q143
  9. Johann Georg Adolph von Brandt Item:Q151
  10. Philipp Jacob Bingner (*ca. 1758), nach Studium in Heidelberg und Marburg 1781 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar, dann Hofratsakzessist in Mannheim; Mitglied der Loge „Joseph zu den drei Helmen“. Item:Q119
  11. Johann Christian Joseph Freiherr von Waldenfels, vgl. I 182. Item:Q1447
  12. Ausforschen.
  13. Nicht ermittelt.
  14. Johann Melchior Hoscher (1764–1809), nach Studium der Rechte in Gießen Assessor, 1782 Notar am Reichskammergericht in Wetzlar, 1788–91 Herausgeber der Jahrbücher des Kaiserlichen Reichskammergerichts 1792 Protonotar, 1799 Konsulent in Augsburg, 1807 kgl. bayer. Stadtgerichtsrat in Augsburg; Mitglied der Wetzlarer Loge „Joseph zu den drei Helmen“. Item:Q533
  15. Friedrich Alexander Freiherr von Wenckstern (1755–90), Reichskammergerichtsassessor in Wetzlar, 1787 kgl. großbritann.-kurbraunschweigischer Gesandter in Wien; Mitglied der hannoverschen Loge „Friedrich zum weißen Pferde“ sowie der Wetzlarer Loge „Joseph zu den drei Helmen“; Juli 1782 Illuminat („Carolus audax“). Item:Q1319
  16. Eberhard Christoph (Edler von) Oetinger (1743–1805) nach Studium in Tübingen und Göttingen sowie Praktika an den Reichsgerichten in Wetzlar und Wien 1771 württemb. Regierungsrat in Stuttgart, 1784 Reichskammergerichtsassessor in Wetzlar; Mitglied der Stuttgarter Loge „Zu den drei Zedern“, Freimaurer der Strikten Observanz („a Sede curuli“). Item:Q825
  17. Heinrich Georg Jacob Gombel (1756–1819), nach Studium der Rechte in Göttingen 1778 Dr. jur. (Gießen), 1783 Advokat, 1791 Prokurator am Reichskammergericht in Wetzlar; 1778 Mitglied der Gießener Loge „Zu den drei goldenen Löwen“, 1783 der Wetzlarer Schottenloge „Joseph zum Reichsadler“, auch Almosenpfleger der dortigen Loge „Joseph zu den drei Helmen“. Item:Q413
  18. Georg Heinrich Ebhardt (1758–1827), nach Studium in Gießen 1782 nassau-weilburgischer Amtsschreiber in Weilburg, 1784 in Neu Saarwerden, 1789 Regierungsregistrator in Weilburg, 1811 Hofrat, zuletzt nassauischer Rechnungskammerdirektor in Wiesbaden. 1821–24 Gründungsdirektor des Vereins für Nassauische Altertumskunde, Verfasser einer Geschichte und Beschreibung der Stadt Wiesbaden (1817) und anderer Schriften; Mitglied der Bremer Loge „Zum silbernen Schlüssel“.Item:Q276
  19. Weilburg.
  20. Hessen-Darmstadt.
  21. Ludwig Adolph Christian Grolman Item:Q424
  22. Das 1540 gegründete Philippinum.
  23. Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr von Knigge Item:Q595
  24. Caroline Friederike Louise von Seckendorff-Aberdar (1751–1805), seit 1778 mit Riedesel verheiratet. Item:Q183300
  25. Die vier Töchter aus der Ehe seiner Frau mit dem braunschweigischen Hofgerichtsassessor Johann Friedrich Zenck (1717–70), Catharine Henriette Eberhardine (*1758), Elisabeth Regine Friederike (*1765), Juliane Auguste Dieterike (verh. v. Hinckeldey, 1768–97) und Antonette Albertine Caroline (*1769).
  26. Les 4 Grades complets de l’Ordre de l’Adoption, où la Maconnerie des Dames. Avec les Plans justes des Loges, les Catechismes, l’ordre de la Table, et enrichis d’une Figure en taille douce analogue à la Maçonnerie Jerusalem 1772.
  27. [Gabriel Louis Calabre Pérau:] L’ordre des Franc Maçons trahi et le Secret des Mopses révélé Amsterdam 1745 (dt. 1745).