D-Q3349

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Commentary

Transcript

erhalten den
14ten Iulii 1783.
beantwortet d. 18. ejusdem.[1]

Heidelberg (Utica) d 3ten Thirmeh 1153 J.

Ich habe Befehl von den Obern Sie, mein theuerster Freund
und Bruder! an ein andres Ihnen näher wohnendes Mitglied
welches ich nachher nennen werde, zu verweisen. Um indessen
nicht mit leerer Hand von Ihnen zu scheiden; so erhalten
Sie hiebey alle noch übrige Schriften der ersten Classe, nebst
folgenden Anmerckungen

———— 1, Wenn Sie grobe Schreibfehler darinn finden; so
verzeyhen Sie gütigst. Bey der ungeheuren Last von Arbeit
kann ich ohnmöglich alles nachsehen.

———— 2, Der O. ist in drey Classen getheilt
I, Pflanzschule Minerval-Classe
   Vorbereitungs Aufsatz (besitzen Sie schon
   1, Noviziat (gleichfalls)
   2, Minerval-Grad (kömmt anbey, und wird Ihnen noch ein
             wenig jesuitisch vorkommen
   3, Illuminatus minor (Ein Meisterstück! Erfolgt hiebey)
   4, Einweyhung eines Magistrats.

II, die zweyte Classe ist die FreyMaurerey, und zwar|<2>
   1, die symbolische
   2, höhere

III, die dritte Classe ist die Mysterien-Classe.

Was die symbolische FrMry betrifft; so haben wir ein neueres
Ritual der 3 Grade und ein neues Constitutions, welches alles
so wie das folgende Ihnen auf Verlangen der Mann, den ich
jetzt nennen werde schicken kann

———— 3, dieser Mann ist der Herr Ober-Post-Commissair
Dörrien (Eginhard)[2] in Leipzig (Sinope.) An diesen
würden Sie künftighin so gütig seyn Ihre q.l. zu schicken.

———— 4, Die Originale beyliegender Hefte aber bitte ich gehor-
samst, nach genommenen Abschriften hierher nach Heidelberg (Utica)
an mich zurückzusenden.

———— 5, Da ich nicht gewiß weiß, ob ich Ihnen schon die neuen
Parolen gemeldet habe; so will ich es jetzt thun. Sie sind Roma. Fabius, und der Denkspruch: lente festi-
nandum.

———— 6, Auch ist hier ein Befehl der Obern, wovon ich mir
das Original gehorsamst zurückerbitte.|<3>

———— 7, Eine gedruckte Warnung zu beliebigem Gebrauch.

———— 8, Ihre Zweifel hoffe ich durch folgende Nachrichten
heben zu können: Wenn man einen gebildeten Mann aufnimmt;
so sorgt derselbe nach bestem Gewissen für die Sicherheit
der Papiere. Er bedarf keiner Anweisung.

———— 9, In der Regel aber bekömmt niemand Papiere in
die Hände, denn billig sollten aller Orten Minerval-Ver-
sammlungen seyn, und dann existiert an diesem Orte
nur eine einzige Abschrift der Grade.

———— 10, Die große □ in Regensburg ist von Rosencreutze-
rischer Abkunft. Also ist es kein Wunder, wenn ihre Kinder
gegen die Illuminaten und mich streiten. Was die Grund-
sätze des O. betrifft; so lesen Sie nur erst den Kleinen
Illuminatgrad und Sie werden gewiß eine gute Idee von
der Sache bekommen. Ueber unsre Religions-Grundsätze
mag Ihnen Roscius,[3] der sie kennt, und von der Hei-
ligkeit derselben durchdrungen ist, mehr sagen. Mein Wort
kann bey Ihnen noch nicht von Gewicht seyn. Meine Pre-
digten mögen Ihnen übrigens zeigen, ob ich ein Natura-
list[4] bin. Und da haben Sie dann zugleich eine Antwort,
mein theuerster Br. warum ich gerade Predigten geschrieben
habe. Diese Wahrheiten liessen sich nicht gut in ein andres|<4>
Kleid hüllen, und eben weil es Predigten eines Layen waren,
sind sie schneller gekauft worden. Vor 4 Wochen habe ich
hier in der Pfalz in einem Dorfe öffendlich gepredigt.

———— 11, H. v. Burgsdorf[5] kenne ich nicht persönlich. Meine Verwandte
und Freunde, vorzüglich Canitz[6] haben mir viel Gutes von
ihm gesagt. Er ist nicht in unsrer Verbindung. Ich würde es
gewiß wissen, da bis jetzt die Geschäfte in Sachsen durch
meine Hände gegangen.

———— 12, Dresden heisst mit O. Nahmen Memphis.

Ich bin sehr vergnügt von meinem neuen Aufenthalte;
und würde es noch mehr seyn, wenn ich einmal einen so lieben Br.
hier an mein Herz drücken könnte. Leben Sie recht wohl,
recht glücklich, und denken, daß hier ein Mann lebt, der
Sie aufrichtigst hochschätzt

Philo.

D 4ten Ich muß noch ein Paar Zeilen hinzufügen. Wenn wir
gegen des [!] Despotismus kämpften; ja! Dann hätten wir wohl
nicht Unrecht bey dem edelsten Zwecke, aber sehr Unrecht, daß
wir ein solches Ding unsern Kräften angemessen fänden.
Und wie sollten wir das angreifen? Etwa Revolutionen be-
günstigen, uns (mit allen Leidenschaften, die wir Alle mehr|<5>
oder weniger haben) an das Ruder hinaufdrängen, um nicht
den Despotismus sondern den Despoten fortzuschaffen?
An seine Stelle zu treten? Das wäre schön! Jesuitisch!
Aber ja! Wir arbeiten gegen den Despotismus, indem
wir die Menschen besser und klüger zu machen suchen.
Wer die Menschen Weisheit, Tugend, Mäßigkeit lehrt,
der ist freylich den Thronen weit gefährlicher als wenn er
den Königsmord predigte.


Es kitzelt mich recht daß die hochwürdigen R+[7]
mich für eine so wichtige Person im O. halten – O!
lieber Gott! wie viel fehlt daran! Ich habe Augenblicke, wo
ich kaum gut genug zum deutschen Rosencreutzer wäre.

d 5t Eben bekomme ich Ihr liebes Schreiben
mit dem q.l. — Herzlichen Dank.

———

Notes

  1. "erhalten [...] ejusdem" in Bodes Handschrift
  2. August Gottlob Dörrien Item:Q255
  3. Rosenkreuzer.