D-Q3862

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Commentary

Transcript

Hochwohlgeborner,
Theuerster Herr Hof- und Legations-Rath!


Mit sehr verbindlichem Danck überantworte ich Eur. Hochwohlg.
die mir gnädigst mitgetheilten Bücher, deren angenehme Verschiedenheit
mir gefallen hat.

Den und ienen Morpheus zu vertreiben, waren besonders die Bagatellen[1]
geschickt, und bey reichern Stunden schmeckte der richtige Jacobi,
der dem armen Sünder ein Wort in die Mendelsohnsche
Philosophie sprechen läßt,[2]

Dero fernerer gütigen Vorsorge für meine Lecktüre bey iezt unendlichen
Arbeitsstunden, erbitte ich mit tief und inständigst, und da auch ich
einen gelehrten Scherf[3] beziehen möchte, so habe ich, so habe ich ein Lustspiel
angefangen, wovon ich hoffe, daß der teutsche Merkur[4] vielleicht
annehmen wird.

Mein Harmonika-Geschäft erforderte biß iezt 74 r. 21 gl.
und die Glocken sind abermahls mit einem Orgelmacher, der
des Reißen beßer gewohnt ist, als ich, in die Glaßhütte[5] zurück,|<2>
um richtiger temperiret zu werden. Dieses Instrument
so bald ich eines zu Stande habe, wird verdienen, nach seinen
unglaublichen Schwierigkeiten im Druck gelesen zu werden,
damit sich das Publikum von deßen baldiger Vervielfältigung
nicht zu viel verspreche.

Da ziehe ich den Bogenflügel[6] weit vor, nachdem der
Silberdrath no. 14 Hofnung macht, einen Bogen abzugeben,
der in der Wirckung dem Pferdehaar völlig gleich kommt,
und Colophonium[7] hält.

Ein wohl erlauchtes Orchester mit dergleichen Violinbögens
würde zugleich ein artiges Wetterleuchten verursachen, und
man hätte die Sache wenigstens wenn ein Singstück kleine
Blitze erforderte. Man könnte die Bögens dann zugleich
viel länger und viel wohlfeiler haben.

Mein iezt angelegter zweyter Versuch eines Flügels, giebt
viel Hofnung; doch nicht so die Börse.

Ich verharre mit ausnehmendster Hochachtung

Eur. Hochwohlgeb.

ergebenster Diener
Friedrich Christian Rudorf

Buttstädt
d. 15. Dezemb. 1786.|<3>

N.S. Ich habe vor einiger Zeit, in Abwesenheit des Herrn Geh. Raths
   von Göthe[8] Exzellenz, mit Vorwißen des Herrn Cammer-Rath
   Wetkens[9] aus dem Herrschaftl. geschnittenen Holz-Vorrathe
   etwas zu meinen Instrumenten-Bau bekommen, und den
   folgenden Post-Tag die Zahlung davor übermacht. Iezt, da
   ich wieder etwas nöthig habe, fängt, wie es scheint, diese
   Behülflichkeit schon an, zu sincken.

R.

Notes

  1. Anton-Wall (1752-1821), Bagatellen (Leipzig: im Verlage der Dykischen Buchhandlung, 1783-1785) Item:Q40202, Google Books.
  2. Der Bezug dürfte der aus dem [Pantheismusstreit] bekannten Schrift gelten: Friedrich Heinrich Jacobi, Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn (Breslau: Löwe, 1785) Item:Q40203, Google Books.
  3. Früher eine Erfurter Silbermünze, am Ende nur noch ein halber Pfennig Kupfer - hier verwandt für ein kleines Nebeneinkommen aus gelehrter publizistischer Arbeit.
  4. Wielands Der Teutsche Merkur Item:Q40198.
  5. Rudorf arbeitet mit Georg Wilhelm Heinz Item:Q31741 in Stützerbach bei Ilmenau zusammen.
  6. Das Streichklavier Item:Q40201, auch Bogenflügel, Geigenwerk, Geigenklavizimbel oder Sostenente-Piano, ist ein Chordophon, das mittels einer Klaviatur gespielt wird. Anders als beim Hammerklavier werden die Saiten nicht angeschlagen, sondern gestrichen. Wikipedia
  7. Der Destillationsrückstand eines natürlichen Harzes, das aus dem Balsam oder aus Wurzelstöcken (Stubben) von Nadelhölzern, meistens Kiefern, Fichten und Tannen (Koniferen) bzw. dem bei der Papierherstellung gewonnenen Tallöl hergestellt wird Wikipedia.
  8. Johann Wolfgang von Goethe Item:Q409.
  9. Carl Gottlob Heinrich Wetken Item:Q40204