D-Q4501

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Commentary

Freimaurerische Biographie Eckardts, die aber immer mehr zu einer Abrechnung mit dem gegenwärtigen Stand der Freimaurerei gerät. Kritisiert wird vor allem, dass Ansehen und Macht für die Partizipation und dein Einfluss in den Logen einen größeren Ausschlag gäben als der Charakter und die moralische Eignung


Transcript

Ich war kaum 14 Jahr alt, als der Wunsch schon
bey mir rege wurde, so bald als möglich
Freymaurer zu werden. Damals hatte ich von
diesem Orden, und von allen seinen Gliedern
die erhabensten Begriffe. Ich kannte verschiede-
ne von denen ich wußte, daß sie Maurer
waren, ich beobachtete ihre Handlungen, und
und soweit ich damals schon, und sie beurthei-
len konnte, waren sie allemal edel und gut.

Ich freuete mich wenn ich sehe, daß sich zwey
Maurer recht herzlich die Hände drückten,
und sich feuriger als Brüder küßten. noch
lebhafter war meine Freude, wenn ich hörte
wie gut einer von dem andern, gegen Pro-
fane sprach, und ganz außer mir war ich für
Freude, wenn ich erfuhr, wie wohlthätig sich der
Orden gegen Arme verhielt, sie kleidete, und
speißte, für ganz verlaßene Weisen sorgte,|<2>
sie zu bilden suchte, und brave Bürger des Staats
aus ihnen machte. Ein Beyspiel machte besonders
den lebhaftesten Eindruck auf mich; In mei-
ner Gegend war ein junger Gelehrter.

Zwar kennte ich ihn als einen rechtschafnen, und
geschickten Mann, er war aber arm, und hatte
dahero auch keine Gönner. Vergebens suchte
er die Gunst desjenigen der ihn, ohne sich
zu schaden, unterstützen kennte. Auf alle seine
demüthigsten Bitten erfolgte weiter nicht,
als ein ganzer Schwall leerer Complimen-
tem zbd so mußte der Rechtschafne kümmer-
lich sein Brod eßen, bis einmal zween ange-
sehne Männer im Staate, den Armen von
ohngefähr antrafen, und ihn als Maurer er-
kannten. Sogleich suchten ihn diese durch|<3>
die nachdrücklichsten Empfehlungen zu
unterstützen, und versicherten einen
Reichen, daß sie alle Freundschaft, die er die-
sem Maurer erweisen würde, ihnen er-
wiesen ansehen wollten. Auf einmal
änderte sich nun die S[***]. Der Reiche such-
te des Armen nähre Bekanntschaft, iener
wurde selbst Maurer, beyde nachher die
wärmsten Freunde, und der Arme
dadurch von seinem Elende gerettet, so daß
iezt noch Thräume des Danks bey ihm
fließen, wenn er sich seines ersten
armen Freundes erinnert.

Ganz hingerißen von diesem und
mehrern dergleichen Beyspielen, und
edlen Handlungen wurde mein Wunsch|<4>
ein Mitglied dieses Ordens zu werden immer
lebhafter. Nach vielen vergeblich gemachten
Versuchen, wurde ich endlich den 6 Decbr
1784 in Querfurth bey der Loge Minerva zu
den drey Lichtern[1], aufgenommen. Alle die da-
mals gegenwärtig waren, kannte ich als recht-
schafne Männer, desto imbrünstiger war
mein Dank, daß mich die Vorsehung so gut ge-
leitet hatte. In diesem Zirckel glaubte ich den
Tempel der Weisheit, und der wahren Freund-
schaft gefunden zu haben. Geheimniße hatte
ich in dem Orden nie gesucht, mithin kam
mir es auch gar nicht unerwartet für, daß
ich iezt wenigstens, außer den gewöhnlichen
Hieroglyphen, keine fand. Die Grundsätze:

Den Allmächtigen Baumeister über alles zu
schätzen, seinem Fürsten treu zu seyn, die
leidende Menschheit zu unterstützen, und|<5>
ieden Ordensbruder aufrichtig zu lieben,
entsprechen ganz meinen Wünschen, und ich
bin würklich nicht vermögend, alle die
angenehmen Be[***] Bilder, und süßen
Gefühle, auszudrücken, die meine Seele in
iener glücklichen Stunde empfand mit dem
aufrichtigsten Hertzen, schwur ich dem Gelübde,
welches ich dalams that, treu zu bleiben, und
allen Maurerischen Pflichten, so viel mög-
lich zu erfüllen. Eben diesen Eyfer, diese
Bruderliebe, und den Wunsch, nach dem
gemeinschaftlichen Werke, ver[***]
bey iedem, und zwar um so mehr, weil
alle die damals gegenwärtigen Brüder,
mir von der besten Seite bekannt waren,
und gewiß iezt, und zeitlebens, die größte
hochachtung von mir erwarten können.|<6>

Von diesem Augenblick an eilte ich iedem
der mir das Zeichen eines Maurers machte mit
ofnen Armen entgegen, verbarg ihm keinen
einzigen Winkel meines Hertzens denn Er-
lichkeit, Brudertreue, Menschenliebe, und Ver-
schwiegenheit, waren nach meinem Begriffe
bey iedem Maurer, ganz untrennbare Eigen-
schaften.

Aber — iezt kenne ich die Ziele dieses
kleinen Aufsatzes näher. Wie sehr hat mich
meine Erwartung getäuscht und mir
manche traurige Erfahrung habe ich seit so
kurzer Zeit gemacht. Der Orden, deßen
genaues Alterthum,schon wiedem Ehrfurcht
ins Hertz gießt, deßen Bestandtheile so wei-
se in einander verwebt sind, daß weder
Macht noch Bosheit ie ganz vertilgen kenn-
ten und die mehresten male beschämt|<7>
zurück treten müßten; diese ehemalige Pflanz-
schule gelehrter, geschickter, und gesitteter Bürger
des Staats; diese herrliche Verbindung von
welcher vor 100 und mehr Jahren, ieder mit hoch-
achtung sprach, und sie für das kostbarste Geschenk
des Himmels, für die Menschheit ansah; ist leider
iezt so sehr gesunken, daß ich nach meinen geringen
Einsichten, den Unter gänzlichen Untergang von
diesem Oren befürchte, wenn nicht edle, von allen
Eigennutze freye Persohnen Männer, Männer
von Ansehung und deren Charactern, mit dem Siegel
der Redlichkeit bezeichnet sind, auftre-
ten und sich es zur besondern Pflicht machen,
ihn zu unterstützen. Die Ursach seines Ver-
falls liegt nach meinem Ermeßen nicht
in der Urs Verfolgung einiger Fürsten.

Denn wer nur einige historische Kenntniß von
diesem Orden hat, weis auch, daß er auf
seine Wurzeln [***], und da sein|<8>
[***] am weitesten verbreitete, wo ihn der
Landesherr kurz vorher verfolgte; sondern
sie leigt, deucht mich, in dem Orden und seiner
izigen Beschaffenheit selbst. Ehedem wurde
ieder, der ein Mitglied darzu werden
wünschte, oft länger als ein Jahr, wie ich in
einer gewißen alten Nachricht gefunden habe,
geprüft, man gab auf alle seine Handlun-
gen genau acht, ohne daß er es merkte, man
erforschte seinen Charakter, und seine Tugend,
so bald man nun seinen Wandel unsträflich
fand, nahm man ihn auf, und nun kante der
Landesherr auf Treue, um die Vortreflichkeit, der
Staat auf Fleiß, und der Orden auf Redlich-
keit rechnen. Dadurch hob sich dieser Orden, deßen
Ursprung vielleicht anfänglich klein, und unbe-
deutend war, mächtig nennen, dadurch erlangte
er die Achtung der Welt, und den Schutz der|<9>
Fürsten. Jezt forscht und prüft man zwar
auch, nicht aber nach Kopf und Hertz, sondern
nach Ansehen, und Geld. Wer diese beyden
recuisita hat, der kann auch ganz gewiß auf sei-
ne Aufnahme rechnen.

Es würde verwegen seyn, wenn ich
diese Meynung, ohne alle Einschränkung be-
haupten wollte, Ich weis es giebt noch einige
Systeme, in dem ehrwürdigen Freymaurer
Orden, die den Grundsätzen ihrer Vorfahren
bis iezt noch treu sind. Eben so unge[***]
[***] es, Geld und Ansehen, ganz aus dem
Orden zu verbannen; beyde [***] sind ganz
unentberhlich. Nur eben darf aus ihm kein
[***] entstehen und den politischen
Kunstgriffen muß, glaube ich, weniger
Platz eingeräumt werden, wie zeither. Und
ist dies, so braucht sich als denn der Angesehne
im Staat, nicht zu schämen, seinen ge-|<10>
ringen, doch aber rechtschafnen Ordensbru-
der zu umarmen, zu unterstützen und
dadurch der Welt auf die beste Art zu nutzen.

Bey der in einigen Systemen zeither
üblich gewesenen Verfaßung, hat frey-
lich oft der ehrliebende Mann, für manchen
OBr: zurückstecken müßen. Ich kenne
Leute, die iedes [***] in ihre Haus
aufzunehmen Bedenken tragen würden
und doch sind sie Maurer! Menschen die
sich iedes Unrecht, iede Bedrückung, iede
Schandthat erlauben gegen ihre Nebenmen-
schen erlauben, und doch sind sie angesehne
Mitglieder im Orden! Sie küßen mit anschei-
nender HertzensGüte in den Versammlungen
ihre Brüder, und nach einigen Minuten
reden sie gegen Profane das schändlichste
von ihnen. Wer dieses alles gelaßen mit|<11>
ansehen kann; wer dabey nichts empfindet,
und weßen herz hier nicht blutet, der kann
schlechterdings kein rechter Maurer seyn.

Wie kann bey solchen Umständen der
Orden auf Achtung rechnen? wie kann man
da verlangen, daß der kluge, der auf
alles dises genau beobachtet, sich nach die-
ser Verbindung sehnen soll? und da dies
nicht geschieht, müßen nicht deshalb ordent-
liche [***] angelegt werden, um
den Orden wo nicht durch Güte, doch wo
wenigstens durch Größe aufrecht zu erhalten?
Ich kann mir unmöglich vorstellen daß ich
auch fast besonders seit meiner kurzen [***]tion
nur alleine ausgesetzt gewesen seyn sollte, die
bittersten Vorwürfe wieder den Orden in
Gesellschaften zu hören. Nein! ich bin voll-
kommen überzeugt, daß ich iezt gar nicht ander-|<12>
es gesagt habe, aber eben so überzeugt bin ich
auch, daß dies wenige nicht oft genug gesagt
werden kann.

Sollte es denn nicht möglich seyn, alle die-
sen eingerißenen [***]ungen Ein-
hallt thun, um sie nach und nach ganz aus-
rotten zu können. Über allen Dingen wäre
wohl hierbey zuvörderst zu wünschen,
alle nur mögliche Systeme zu vereinigen,
denn auch diese ist ganz sicher eine Quelle, durch
welche der Orden gesunken ist: Denn Jede
Macht verliert von ihrer Ansehung wenn sie
sich theilt.

So bald man sich über einen gemeinschaftl.
Zweck vereinigt, rechte moralische, mit Politick
verbundene Sätze, nun Grund[***]
des Ordens machte, alle bisher ihn enteh-
renden Mitglieder, erst zu beßern suchen,|<13>
und diejenigen, bey welchen alles gute Gefühl
gänzlich erstickt wäre, herausstiese, künftig
behutsamer wählte, die Gewählten alsdenn
beser behandelte, so steht binnen weniger Jahre
der Orden in seinen völligen Glantz wie-
der da, wird von Fürsten gepriesen und von
der ganzen Menschheit gesegnet.
 
Möchte doch ieder rechtschafne Bruder
Maurer, seine Bitte mit der Meinigen
vereinigen. Vielleicht liesen sich unsere
verehrungswürdigen Obern bewegen, näh-
[***] bey einer nochmaligen allgemei-
nen Versammlung, blos auf Hauptgegen-
stände Rücksicht, und stellten die Würde,
des über alle Orden erhabenen Ordens wie-
der her.
Dies ist der aufrichtige Wunsch von

[***] B. Eckardt






Notes