D-Q4515

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Commentary

Antworten Friedrich Leberecht Hederichs auf fünf vom Orden an ihn gestellte Fragen


Transcript

Heropolis. den 17ten Baham. 1155 Jzdgrd.

I. Was für einen Begrif machen Sie
sich von diesem Orden?
Antw. Ich halte ihn für ein Band, wodurch
gute aufgeklärte thätige Menschen zu dem
erhabnen Endzwek vereint werden für das
Beste der Menschheit zu würken, alle ihre Fähig-
keiten und Einsichten zu Beförderung wahrer
Glükseeligkeit, die in Aufklärung des Ver-
stands und Reinheit des Hertzens besteht,
zu verwenden, und mit Eifer an ihrer eignen
Erkenntniß Vervollkommnung und Leitung
aufs wahre und gute zu arbeiten, um taugliche
Werkzeuge zu Bildung und Beglükung anderer
zu werden.

2. Haben Sie auch überdacht, daß, da Sie sich
neue Verbindlichkeiten aufladen, Sie ihre
natürliche Freyheit einschränken?
Antw. Ich weiß, daß Freyheit keineswegs
in gänzlicher Unabhängigkeit besteht, und
daß nur der frey ist, der sich der Herrschaft
des Irrthums entzogen hat. Die Vernunft
und deren richtiger Gebrauch allein ists, was
mich freymacht, und alles, was ihr Licht
reinigt und lautert, ihren Würkungskreis
erweitert, vermehrt auch meine Freyheit.
Nun kann ich aber aus dem Begriff, den ich mir
von dem Orden zu machen Ursach habe, die ge-
wiße Hofnung schöpfen, daß seine Verbindlich-
keiten diese Freyheit nicht im geringsten ein-
schränken, sondern mir vielmehr, durch Erwei-
terung und Brichtigung meiner Bekentniße,
durch vermehrte Sorgfalt in Bekämpfung mei-
ner Leidenschaften und Regierung meiner selbst,
durch zwekmäsige und würksame Verwen-
dung meiner Kräfte, zu [***]gung und Ver-
vollkommnung derselben ungemein beförderlich|<2>
seyn werde u gewiß zu Erreichung so edler
Zweke sich seiner Unabhängigkeit begeben, ist
der schönste Gebrauch der Freyheit.

3.
Haben Sie auch überdacht, daß der ORden
in gewißen Umständen die genaueste Folg-
leistung verlangt, daß man Ihnen über
die Ursachen, warum Ihnen etwas befoh-
len werden könnte, nicht immer Rechen-
schaft geben wird, welches Ihnen unan-
genehm seyn könnte?
Antw. So lange die Grade der Ausbildung
und der Einsichten in die Ordensverfaßung
verschieden sind, so lange Leidenschaften Gewohn-
heiten, äußere Verhältniße concuriren; so
ists nicht zu vermeiden, daß nicht Forderun-
gen von Seiten des ORdens vorkommen sollten,
die mir in meinem Gesichtspuncte unerklär-
bar, in meiner Lage unangenehm seyn könn-
ten. Aber wenn ich bedenke, daß ich bey
meinem Eintritt aus freyer Wahr den voll-
kommensten Gehorsam angelobt und mich von der
Nothwendigkeit deßelben in einer solchen Verbin-
dung überzeugt habe; wenn ich bedenke, daß
zuverläßig diese Forderungen von den edelsten
mich kennenden Männern herreichen, und zu
den besten Absichten abzweken, daß mir
endlich eben gewiße Prüfungen vielleicht
höchstnöthig sind; so wird mich nichts in mei-
ner Überzeugung und Folgsamkeit irre
machen; und ich werde eben diesen unbeding-
ten Gehorsam für die erste Pflicht des Ordens
und für den sichersten Weg, mich zu einem
würdigen Mitglied deßelben zu bilden, ansehen
Genug daß ich versichert bin, nichts gegen
Religion, Staat, und gute Sitten zu [***]
zu haben.

4. Wie werden Sie sich betragen, wenn
Sie einst Personen in dem Orden finden,
denen Sie abgeneigt waren, oder die Sie gar
für ihre Feinde hielten?
Antw. Bey dem Eintritt in eine Verbindung
deren Grundstütze Liebe und brüderliche Ver-
einigung ist, muß alles Privatintereße
und alle persönliche Verhältniße schwinden.|<3>
Jeder, den der Orden der Aufnahme würdig
findet, ist auch meiner Liebe und Achtung
werth, und ich kann von seiner Seite eben
so gewiß auf brüderliche Gesinnungen rechnen,
als ich mich dazu verbunden fühle. Wir werden
beyde einsehen daß es Mißverstindniß, Ver-
kennung war, was uns trennte, und den
Orden segnen, der alle Hülle aufhebt, und
uns den Menschen in seiner wahren Gestalt
erblicken läst.

5. Nun wißen Sie, was wir von Ihnen
erwarten; Was fordern Sie aber dage-
gen von uns?
Antw. Ich hoffe, daß mir der Orden
in allem, was zu meinem und des Ganzen
wahren Wohl gereicht, Schuz und Bey-
stand gewähren, und mein Bestreben
ihm gefällig zu seyn nicht verkennen
wird.

                         Baglivi


Notes