D-Q4530

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Commentary

Antworten auf vier vom Orden an Sülly gerichtete Fragen. Die Fragen stammen vermutlich aus dem zweiten Ordensheft (vgl. D-Q4517 und D-Q4519).


Transcript

1) Was für einen Begriff magen Sie
Sich von diesem Orden?

Diese Frage möchte izt nicht mehr so schwer
zu beantworten seyn, nachdem wir so manche
vortrefliche Schriften über den O. in Händen haben,
die zum Theil von den ehrwürdigsten Kindern
desselben herrühren. Der Zweck, den ich in
allen diesen Schriften als den Zweck des I.O.
angegeben finde, ist so edel, so groß, so mensch-
lich, daß ich ihn der angestrengtesten Bemühung,
des [***]sten Eifers werth halte, gesetzt auch
der O. hätte noch erhabnere u verborgene Zwe-
cke.
  ,,den Menschen ihre moralische Vervoll-
  ,,kommnung interessant machen,
ist warlich das edelste Unternehmen eines Menschen, u,
statt dies bloß auf dem Wege des Herzens (Ge-
fühls), durch momentane Ueberraschungen zu
bewirken, lieber den sicheren Weg
  ,,der Aufklärung u der Bildung des
  ,, Verstandes
zu erwählen, zeugt von der Weisheit des O. der
zu den besten Zwecken die besten Mittel zu er-
greifen weiß.
  Ich bin übrigens von den Vortheilen sehr
überzeugt, den eine geheime Verbindung leisten
kann, wenn sich keine Schwärmerey u keine un-
reinen Absichten mit einmischen. Daß beydes
hier nicht statt finde, muß ich freylich zur Zeit
noch glauben, wenn gleich mein Glaube sich
auf gute historische Gründe stützt.

2) Haben Sie auch überdacht, daß, da Sie Sich
neue Verbindlichkeiten aufladen, Sie Ihre
natürliche Freyheit einschränken?

  Eine uneingeschränkte Freyheit ist das
gröste Uebel. Schon frühe opferte der Mensche
alle die unaussprechlichen Vortheile der natür-
lichen Freyheit auf, um sich in die bürgerl. Ge-
sellschaft zu begeben, wo er neue u ächtere Quel-
len der Glüclseligkeit fand. — So sind fast alle
die fortdauernden Quellen unserer Lebensfreu-
den, Bande, die unsere natürliche Freyheit zwar
immer mehr einschränken, uns aber dagegen
so viel wahre Güter gewähren, daß wir jene Ein-
schränkung genau vermissen. (z.B. oeffentli-
che Aemter, Ehrenstellen, Ehe, älterlicher Zu-
stand, u.s.w.) Eine Verbindung vollends, die
meinen moralischen Menschen erhöhen, vervoll-
kommnen will, u die sich das Beste der Menschheit
zum Ziele gesetzt hat, kann durch keine Auf-
opferung zu theuer erkauft werden.

3) Haben Sie auch überdacht, daß der O. in
gewissen Umständen die genaueste Fol-
geleistung verlangt, daß man ihnen über
die Ursachen, warum ihnen etwas befoh-
len werden könnte, nicht immer Rechen-
schaft geben wird, welches Ihnen unan-
genehm seyn könnte?

  Was die strenge Folgeleistung betrifft, so
bin ich ihrer, Gottlob, in meinem Leben ohnehin
schon gewohnt worden. Wenn ich in den Fall
kommen sollte, Befehle, ohne Gründe, zu erhalten,
so will ich mir den erhabenen Zweck des O.
u das Bewußtseyn, daß meine Obern edle,
tugendhafte u erleuchtete Männer sind, statt
aller Gründe gelten lassen. Der Fall, daß die-
se mir etwas offenbar ungerechtes oder dem
Zweck zuwiderlaufendes anbefehlen könnten,
ist mir nicht denkbar.|<2>

4) Wie würden Sie Sich betragen, wenn
Sie auch Personen im O. fänden, denen
Sie abgeneigt, oder die gar Ihre Feinde
wären?

  Ich würde schliessen, daß diese Leute [***]
etwas Gutes u hervorstechendes in ihren Cha-
rakter haben müsten, weil man sie zu Mit-
gliedern des O. aufgenommen hat. Ich würde
dieses hervorstechende u. Gute an ihnen auch
suchen u eben dadurch den etwaigen Wider-
willen, den ich gegen sie empfände, zu [***]
chen u endlich zu überwinden suchen. Ich wür-
de mich bemühen, meinen Feinden auf alle
Weise zu zeigen, daß sie mir Unrecht thäten
wenn sie mich ihrem Vortheil entgegen gesi[nnt]
glaubten, u mir die Eigenschaften abzuge[***]
die ihren Widerwillen gereizt hätten. [Wenn]
mir alle diese Bemühungen nicht gelingen, so [wer-]
de ich meinen Obern zu überlegen u entscheiden
geben, welches von beyden Mitgliedern dem [an-]
dern Platz machen sollte.

5) Nun wissen Sie, was wir von Ihnen
erwarten. Was fordern Sie aber da-
gegen von uns?

  Ich erwarte
1) Unterstützung bey meinen bemühungen
   mich selbst zu bessern, u die Menschen u[m]
   mich her, so weit mein Wirkungskreis
   reicht, glücklich zu machen.
2) Schutz u Zuflucht im Schoß des O. wenn ich
   bey diesen redlichen u M. klug unternom-
   menen Bemühungen ein Opfer der Ta[***]
   des Neides, der Dumheit u der Bosheit wer-
   den sollte.

                   Sülly

Notes