D-Q4708

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Commentary

Erneute Emphase über schlechter Verwaltung im Obrigkeitsstaat - für die leere Formalien der untertänigen Anreden bei Gericht ein Beleg sind.

Transcript

Fortsetzung[1] vom M. Din 1156.

Alle gerichtliche Acta, mit hellen Auge besehen, sind nichts anders,
als Verzeichnisse obrigkeitlicher Despotie, vom vielhundertiährigen
römischen Gesetz im christlichen Deutschland, biß zum gebiethrischen
Sein, Ich, Euch, und bey den Consistorium so gar Du.

Diese Ihr und die Euch und das Du, müßen sich noch izt alle
Untergerichte gefallen laßen, obschon kein Fürst im persöhnlichen
Gespräch mit seinen Beamten, sich anders als in tertia pluralis.
ausdrücken wird. Zum Du scheint die liebe Theologie allein berechtigt
zu haben.

(Oft sehe ich mein vor mir liegendes Feder-Meßer nicht, weil
ichs zu[**]ft sehe, und so fühlen wir Barbareyen weniger, weil
sie Gewohnheit sind.)

Subordination! – Sehr recht! – Abstand zwischen Geschehen und
Gehorchen – kein Vernünftiger hat etwas darwieder. Der schlimmste
Mensch findet in seinem Herzen die Stimme der Abhängigkeit
und überal unwiederstehliche Bewegungs-Gründe, sie anzuerkennen;
warum bedürfen es länger herabwürdigender, für die guten
Sitten und Freyheit nachtheiliger Despotie im gerichtlichen Stil?

Der Privat-Erzieher läßt sich sorgfältig kein unedles Wort
gegen die Untergebenen entfahren, und, meine Exzellenzen! Und
Hochwohlgebohrene! Der Fürst hat sie zu Erziehern seines Volkes
gesetzt!

Picenz d. 28. Bahman. 1156.
Ali.

Notes

  1. Siehe Item:Q4707.