D-Q4760

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Kommentar

Ewalds Antwort auf die Frage Basilius', wo er sich selbst im Orden sehe.

Transcript


Ich bin noch eine Erklärung auf eine Gegenfrage schuldig, die
der erleuchtete Br. Basilius in einem Reprochen-Zettel, bey
Gelegenheit einiger die Ordensverbindlichkeit betreffenden Fra-
gen, an mich gethan hat.
Die Stufe auf der ich in dem erhabenen Orden stehe, verstattet
mir nicht, meinen Blick bis an das Ziel zu tragen, auf welches
die Kräfte der Mitglieder hinzuwürken gelenkt werden. Ich
schränke mich also auf den Umkreis meines Standpunkt ein,
und betrachte die Mittel oder die Beschäftigungen, wozu ich
angestellt bin, und die ich auch zur Erfüllung jenes mir un-
bekannten Zwecks vielleicht erst dereinst beytragen solle, nicht
als Mittel, sondern selbst für so viel Zweck. wenn ich aber
die Beschaffenheiten dieser Mittel in Erwägung ziehe, und
sehe, daß sie alle unmittelbar die Bildung des Verstandes,
des Herzens und der Sitten bewürken, daß sie so sanft, so
menschlich, so friedlich, so liebenswürdig sind, so dringet mir
dieses die Ueberzeugung ab, daß auch der Hauptzweck unserer
Verbindung gros und edel sey, aber auch zugleich, daß er wohl
zu seiner Würklichwerdung keiner andren, als so sanfter, mensch-
licher und liebenswürdiger Mittel bedarf. Diese Betrachtung
erregt auch in mir das Bestreben, diese Mittel sowohl an mir
selbst, als an den Minervalen und in meinem kleinen Wür-
kungskreiße, nach meinen geringen Kräften in Thätigkeit zu
setzen, und ihnen, da sie allein ein wahres beständiges und
dauerhaftes Glück gewähren, meine Bequemlichkeit, meine
Zeitvertreibe, meine Vergnügungen und selbst meinen eig-
nen Vortheil, wenn es anders nur mit Bestand meiner Pflich-
ten als Gatte und Vater bestehen kann, aufzunehmen. Gibt
ausser diesen noch irgend eine Art von Aufopferung, so unter-
werfe ich mich derselben willig; aber Blut und Leben bin ich
allein Gott, meinem Weibe und Kinde und meinem Vaterland
schuldig. Ist der Zweck des Ordens so edel und schön, als ihn
so sanfte Mittel zu denken zwingen, so wird er auch dereinst
sie auf einem sanften, friedfertigen wege zu seiner Ent#
hung gelangen, ohne der Vergießung nur Eines Tropfen Men-
schenbluts zu bedürfen.
Sollte in meinen obengedachten Fragen etwas enthalten seyn
das gegen die Bescheidenheit stritte, oder dem Verhältnis, worin
ich gegenwärtig mit dem Orden stehe, nicht gemäs wäre, so ##
mein Herz keinen Theil daran, und ich bitte deswegen um Verzei-
hung.
Syrakus
den 15ten des Aban Cassiodor
1154

Anmerkungen