D-Q4897

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Commentary

Gadow wird Gotha verlassen, das er nicht zuletzt durch seine dort erfolgte Aufnahme in den Orden äußerst schätzt. Von seinem Studienort Jena hält er wenig: Dieser sei einst ein Sitz der Wissenschaft und der Tugend gewesen, nun aber herabgesunken. Die am selben Tag stattfindende Minervalversammlung werde seine letzte in Gotha sein.

Transcript

Q. L.

Ich stehe in Begriff meine gänzliche Lage zu verändern; dieser
Monat ist der lezte, der mich in den Mauern einer Stadt sieht,
welche erst anfängt mir recht werth zu werden, da ich sie ver-
lassen muß. Und wie sollte sie mir nicht werth seyn? War
es nicht in ihr, daß ich das Glück hatte, Mitglied einer Verbindung
zu werden, die mir durch mein ganzes Leben heilig bleiben
wird; Warlich dieser Zeitpunkt meines Lebens wird mir immer
höchst wichtig, und stets unvergeßlich seyn. Einen mir so
wichtigen Ort verlasse ich, um einen anderen zu wählen, der seiner
Bestimmung nach ein Siz der Gelehrsamkeit, des Fleißes und der
guten Sitten seyn soll. Aber wie sehr ist er nicht durch die Schuld
seiner Bewohner von dieser edlen Bestimmung herabgesunken,
bei wie vielen ist nicht Unwissenheit an die Stelle der Wissenschaften,
Trägheit an die Stelle des Fleißes, und Zügellosigkeit an die
Stelle der guten Sitten getreten? Nur gering ist die Zahl derer,
die abgesondert von dem übrigen Haufen, sich durch Ehre und
Tugend auszeichnen. Ich habe das Glück einige von diesen|<2>
wenigen unter meine Freunde zu zählen, und mit Ihnen durch die
Bande des Erl. Ordens noch näher verbunden zu seyn. Ein
Vorzug, der mich um so mehr hoffen läßt, daß ich meinem festen
Vorsaz getreu bleiben, und wie sie, mich fern von der Bahn der
Thorheit und des Lasters stets an den ruhmvollen Pfad der Tugend
und des Fleißes halten werde. Wie nüzlich wird mir dann nicht
diese, obgleich dem Anschein nach etwas beschwerliche Zeit meiner Uni-
versitäts Jahre werden, und wie sehr werden sich nicht dann meiner
guten Eltern, und alle die an mir Antheil nehmen, ihrer erfüllten
Hofnungen freuen!

Die heutige Versammlung wird mir als die lezte der ich hier beiwohne,
besonders feyerlich seyn, und der Abschied von so vielen würdigen
Männern, und in deren Bekanntschaft ich durch den Erl. Orden
gekommen bin, geht mir sehr nahe, doch beruhigt mich die Verbindung
in der ich mit ihnen allen bleibe, und die Hofnung eines baldigen
Wiedersehens nicht wenig.

Syrakus den 30ten Schariver
1155.

St. Evremont.

Notes