D-Q5559

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Commentary

Transcript

St Evremont.

Geliebter Bruder,

Eben so wahr als wichtig, allein leider auch traurig ist Ihre
Bemerkung, daß auf Universitäten es die Köpfe mit
den besten Anlagen aus Mangel an Mitteln und Unterstützung
in ihrer Laufbahn aufgehalten werden, und an ihrer Ver-
vollkommnung verhindert werden.

Der Wunsch diesem Übel vorzubeugen ist uns ausser
andern Merkmalen, ein Beweis Ihres guten Herzens. Der
Vorschlag aber durch Anstalten auf Akademien für ärmere
Ausländer
, ausser die bisherigen Freitischen, Stipendien,
Unterstützungen welche Landsleute von Seiten ihrer Geburts-
orten zu geniesen haben, verdient noch Ihre feinere
und reiflichere Überlegung. So wie Sie ihn darlegen,
(Sie nennen ihn selbst mit viel Bescheidenheit unbestimmt und
gering) fehlt es ihm 1) an Ausführbarkeit wegen Mangel
der Angabe: woher zu nehmen? 2) Gesetzt es wär
auch eine gewisse Summe aufzubringen, so ist das Übel nicht|<2>
radical geheilt. Deshalb müste wohl dahin gearbeitet werden,
daß Studirende weniger Zuschuß bedürften. Ein etwas
schweres Problem aber -- vielleicht verdient es Ihr
Nachdenken. Überhaupt ist in dem Felde des gelehrten
Standes, dessen nothwendig langer Aussaat, später Reife,
und kärglicher Erndte, für uns verbrüderte Freunde,
noch mehr zu thun übrig. Ich kann Ihnen aber auch ver-
sichern, daß von mehrern Bbrn daran gearbeitet wird.
Bei dergleichen Verbesserungen kommt es meines Be-
dünkens auf folgende Punkte an:

1) Man suche soviel möglich ein Übel bei der Wurzel
anzugreifen. Lassen es Zeit und Umstände nicht zu,
und darf man blos auf Palliativkuren denken: so

2) suche man ein bestimmtes Lokale festzusetzen. Denn oft
past der beste Plan eines Orts nicht auf den andern. Allge-
meine Angaben haben selten den erwünschten Erfolg.

3) Man suche woher etwas zu nehmen ohne andre,
die selbst wenig haben, zu drücken
, das ist nervum
rerum gerendarum. |

In solchen Fällen ist es meist das Gegentheil von Fabrikgeschäften.
Dort ist es etwas leichtes Waaren zu fabriziren, aber sie
mit Vortheil abzusetzen -- da steckt der Knoten.
Hier ist die Verwendung des Geldes und billige Herbei-
schaffung in entgegen gesetzten Verhältnis.

Die Sache ist indessen wichtig und verdient ge-
naues Studium der Quellen akademischer Dürftigkeit
.
Gern sieht der O[rden] hierüber etwas von Ihrer Feder.

Sehr liebt Sie
           Ihr
           treuer Basilius

Anmerkungen