D-Q5687

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Commentary

Transcript

Geliebter Bruder Cassiodor!
Nach den engen Banden der Bruderliebe, die uns
alle verknüpfen, und nach der besondern Ver-
pflichtung, die nur von unsern uneigennützig
en ##hen freundlichen Os. Vorstehern, mit ##
segen Einstimmung aufgelegt ist, bey gewissen
Veranlassungen, meinen Brüdern ganz
unter vier Augen, ohne das jemand
sonst davon etwas erfährt, eine oder die andre
nöthige Wahrheit ans Herz zu legen; eine
uns nöthig scheinende Warnung zu geben:
oder auch zu gewissen Entschliessungen und
Vorsätzen aufzumuntern: muß ich heute
bey Ihnen dieses Amt erfüllen. Ein Bruder,
wie Sie, der fast durchgängig eine so scharfe als
richtige Art zu denken zeiget, bedarf keiner
Beweise, weder von der reinen Absicht bey
einem solchen Verfahren, noch von seiner
Nutzbarkeit!
Auf die Veranlassung! thaten
Schon im Monat Ardibehescht äusserten
Sie 3 Fragen, über eine Stelle in der Obligations
formel der M. ## ##; wodurch Sie sich diese verbindlich
machen, den O. mit ihrem Blute zu verhteidigen.
Sechs Monate ließ ich Ihnen Zeit, sich diese
Fragen, durch sorgfältigeres Lesen der Hefte,
durch die Art, wie die Obren vor Ihren Augen die |

die Brüder behandeln, endlich auch durch
unparhteyische Betrachtung des Verhältnissen
in welchen Sie, mein l Br. Cassiodor, gegen
das Ganze des Ordens stehen, und durch dergleich
chen ## mehr, selbst zu beantworten,
und in einem der folgenden Q.L. zurück zu
nehmen. _
Aber dieses Jahres
dem ersten Anblicke nach, möchte es
scheinen, als hätten Sie diese Erwartung
durch Ihr Q.L. vom Aban erfüllet, indem
Sie sagen: das, was Sie erfahren dringe Ihnen
die Ueberzeugung ab, daß der Ihnen noch
unbekannte Hauptzzweck unsrer Verbindung
groß und edel seyn müssen.,, Allein,
hätten Sie auch hier mit ausdrücklichen Worten
Ihre Fragen vom Ardibehescht zurückge-
nommen, so sähe man es doch, bey nährer
Beleuchtung, daß Sie noch nicht so beruhigt
sind, als Sie es seyn müßten, wenn Sie das
billige Vertrauen gefaßt hätten, daß Männer
welche an grossen edlen Endzwecke arbeiten,
nicht klein und unedel seyn können.
Also Antwort ad. 1). der Fall wird nie
wirklich werden, das versichere ich Sie, und
Sie mögen in Gottes Namen dieses Blatt als
eine rechtskräftige Exceptionsversicherung dagegen |

zum Aufzeigen hinterlegen, wo der Orden
von Ihnen fordern sollte Ihr Blut für seine
Verbindung zu vergiessen. Seyn Sie
versichert hervor, daß der Orden Ihr Leben, Ihr Blut,
ihre Ehre, Ihr Vermögen, Glückgüter, ja selbst
Ihre Musse, als Ihr alleiniges heiliges Eigen-
thum betrachtet, und Ihre bisherige Erfahrung
muß es sie, so kurz sie auch noch ist, gelehrt haben,
daß er keines weges darauf aus geht, Opfer
zu fordern. Dieses scheint nun Ihre Frage noch mehr
zu begründen, und die Stelle in der Formel
ganz überflüssig zu machen. Aber, wenn lbr Bruder,
ohne mich hier auf die Ursachen einzulassen, welche
die Instetutores gehabt haben, diese Clausel in
die Obligationsformel zu setzen, und ##
ein anders Factum berühren, erlauben Sie mir Ihnen
ein Paar Fragen zu thun!
Sie haben sich in Ihrem ersten
schriftlichen Reverse zur Verschwiegenheit, bey der
Ehre eines redlichen Mannes verbunden; wäre
Ihnen denn wirklich Ihr Blut theurer, als Ihre
Ehre? _ Sie sehen wohl, daß ich voraus
setze wir stimmen in unseren Begriffen von
der heiligen Ehre überein. sollte Ihnen von den
alten Deutschen nicht bekannt seyn, wozu sie
sich gegen einander, durch den Blutring ver-
banden? Sollten sie wirklich glauben,
daß die Erlaubniß der Landesherrlichen
Gewalt ausdrücklich erfordert würde, um
einen höchst engen Freundschaftsbund mit edlen |

edlen Menschen, zu edlen, keinem Staate nachthei-
ligen sondern höchst vortheilhaften Absichten
zu schlissen? Finden Sie es tadelwürdig, wenn
eine Gesellschaft, die im reinen ##enthusiasmus
für das höchst mögliche Gute, sich unter einander
verbunden hätte, auch ihr Blut für einander
nicht zu achten, und die dieses Versprechen, weil
es zu reciproie gemeint wäre, von dem
neu hinzutretenden Bundesgenossen ebenfalls
forderte? Ich traue es Ihnen zu, diesen Enthusias-
mus selbst fühlen zu können.
Ad. 2) Ob und aus welchem Grunde der Orden
berechtigt sey, eine solche Verbindung, und eine
solche Vertheidigung ohne Eingriff in die
Landesherrliche Gewalt, zu fordern?
Diese Frage, lbr Bruder Cassiodor, hoffe
ich, nach der Liebe, sey Ihnen in der Eile entwischt
[und auch das Datum zeigt den 16ten, anstatt des
15ten.] sonst wäre es, um nicht in eben dem
Tone zu antworten, unanständig. Und
ich muß erwarten, daß Sie solche, wenn Sie
hier sie wieder lesen, für das erkennen, was
sie ist, und förmlich zurücknehmen. Wenn
Sie das binnen hier und zwey Monaten nicht
thun, so will ich entschuldigt seyn, wenn
ich Ihnen alsdann die Erklärung der Obern,
denen Sie alsdann vielleicht mehr Achtung zeigen,
über ihre Gerechtsame überhaupt, und besonders gegen |

gegen zu voreilige Intimations mitt##
oder auch nur durch Stillschschweigen wirken lasse!
Bis dahin bleiben die Sachen so wie sie sind. Denn
die Vorsteher des Ordens, deren Organ ich bin, finden
sich nicht beleidigt, sondern können und dürfen
unmöglich dergleichen Unanständigkeiten, bloß ##
solche, ## Os. Mitgliedern
durch Duldung billigen.
Ad 3.)Wie man sich etwa in Fällen, wo der Orden
eine solche Vertheidigung verlangt, zu verhalten
habe? Ist überhaupt schon Oben beantwortet. _ der
Orden wird es nie fordern. Sollte er aber, und Sie wärn
noch Mitglied: so dürfen Sie nur das Gewehr
schreiben, dieses, als eine abgelaufene Capitulation
vorzeigen, und man wird Sie nicht aufhalten,
wenn's auch am Tage einer Bataille wäre.
Nun, im erschlaften Zorn noch etwas! Die Gesinnungen
des Os. als Gesellschaft, sind völlig so
menschenliebend, als Sie sich solche, am Schlusse des vor
letzten Paragraphs in Ihrem Q.L. vom Aban, zu denken
äussern. Er verabscheuet mehr, als ich es Ihnen
hier zu sagen die Erlaubniß habe, alles Vergiessen
von Menschenblut, und Sie müßten nicht der scharfsin-
nige Kopf seyn, der aus den meisten Ihrer Aufsätze
hervorblickt, wenn sie nicht schon entdeckt hätten:
daß er gerade dahin strebet, alle Leiden der
Menschheit zu vermindern; und daß er zu
diesem Endzwecke zwar wohl ein und das andre
Opfer von seinen Mitgliedern wünschen muß; aber |

aber gewiß nie fordern wird.
Das factum; von dem ich oben erwähnte,
ist dieses: Schon ## vorher, ehe Ihre Bedenk-
lichkeiten über die Obligationsformel einliefen,
hatten die Vorsteher des Os. die Ueberlegung ge-
macht, daß in den protestantischen Landen
besonders, eine Abänderung derselben nöthig
und heilsam seyn möchte. Aber dergleichen
noch so nützliche Neuerungen, lassen sich
in einer ausgebreiteten Gesellschaft, nicht
mit einem Federzuge bewirken. Indessen
werden Sie sehen, was geschihet wenn
Sie unter vier Augen gesagte Wahrheiten
und Anweisungen mit eben so gutem Herzen
aufnehmen können, als solche Ihnen
mitgetheilt werden, von Ihrem zeitlebens
unbekannten, aber gewiß Sie liebenden
                                                Basilio

Notes

  • Basilius' Verständnis von Gewalt und dem Endzweck des Ordens ist ebenfalls Thema in SK12-a247