D-Q6644

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Commentary

Gutachten zu SK13-062, Trattner/ Schlegel: „In wiefern hat die Erfindung der Buchdruckerkunst etwas zum Nutzen oder zum Schaden des Menschengeschlechts beygetragen?“

Wiederkehrend die Frage, ob der Verfasser selbst gedacht hat, was er schreibt (wird bejaht), zeigt deutlich, dass es hier nicht um richtige Antworten geht, sondern um eine Überprüfung der Reife der Gesinnung.

Die Kritik lässt erkennen, dass der Autor sich in einer misslichen Lage befindet und sie am besten durch Behauptungen hinter sich bringt, in denen er sich selbst keine Fragen auf den Hals zieht. Es gebe schlechte Ausdrücke, Scherze, Oberflächlichkeit – Behauptungen ohne Nachweis.

Trattners/ Schlegels Plädoyer für den Censor wird als den aktuellen Umständen angemessen gesehen.

Die Behauptungen, Drucker hätten nie gegen einen guten Staat gedruckt als allenfalls mit einer Idealvorstellung vom Staat vereinbarte erkannt – die Erfahrung decke das nicht.

Wären die Drucker so moralisch, so müsste man etwas zum Nachdruck sagen können. Verräterisch für die unreflektierte Lage eine Durchstreichung. [Schlegel] habe behauptet, nie habe ein Buchdrucker etwas gegen einen guten Staat geschrieben – geschrieben wird durchgestrichen und durch gedruckt ersetzt, und dass müsste eigentlich die Frage aufkommen lassen, wer verantwortlich ist: Autoren, Drucker, Verleger oder Zensoren – die ganze Frage war bei [Schlegel] unter der Hand beantwortet: der Censor und der Staat tragen Verantwortung.

Nach der Durchstreichung hätte die Frage hier aufkommen können, wonach wir eigentlich suchen: Verantwortung auf wessen Seite?

Transcript

Beurtheilung der aufgelösten Frage:
In wiefern hatt die Erfindung der Buchdruckerkunst etwas zum Nutzen oder zum Schaden des Menschengeschlechts beygetragen?


Die ganze Abhandlung ist ihrem Zweck angemessen. Sie zeigt durchgängig, daß der
Verfasser das selbst gedacht, was er schrieb, und macht dem guten natürlichen Verstand
und den Kentnissen des Verf[assers] Ehr, da er kein Gelehrter vom Fach ist.

Eben aus dem Grund muß man es ihm zu gute halten, daß sein Ausdruck und sein
Einkleidung hin und wieder noch einige Politur bedürfen, und einige witzige oder
scherzhafte Einfälle etwas zu wiedrig seyen.

Hin und wieder schlüpft er blos auf der Oberfläche hin, und läßt sich zu wenig in das
Detail ein.

Das, was er von der Nothwendigkeit der Reformation der Censur erwähnet, ist
sehr gut, nur den gegenwärtigen Umständen nach, nicht so leicht thunlich. In manchen
Stücken verräth er zu viel Partheiligkeit für die Buchdrucker, als wenn er
z[um] E[xempel] behauptet, daß man wohl wenig oder kein Beyspiel habe,|<2>.
daß ein Buchdrucker selbst etwas wieder einen guten Staat <srike>geschrieben ge-
druckt habe. Er muß unter dem guten Staat einen solchen sich denken, den man in
der Welt gar nicht antrift; fast möchte er wohl die Erfahrung wider sich haben.
Ubrigens wünschte ich bey der Gelegenheit zugleich seine Aeusserung über die Moralität
des Nachdrucks gelesen zu haben.

Taulerus.

Notes