D-Q6636

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Commentary

Gutachten zu SK13-001, dem Beitrag von Bohn (Spanheim) zur Behandlung der Gefangenen.

Auffällig der insolente Ton mit, dem hier kritisiert wird – der Beitrag habe keine besondere Form (stimmt), als Edikt sei er untauglich, da bei der Länge (und der Unordnung) schwer zu lesen. Zudem wird kritisiert, dass der Vorschlag unausgegoren ist: bezieht er sich nur auf Hinzurichtende? Müssten andere nicht auch geistlichen Beistand erhalten? Werden die Priester, die hier tätig werden, besonders ausgebildet? Was passiert wenn diese Priester auf Ruhestörer treffen, die notorisch bereit sind, sich in Gefängnissen einquartieren zu lassen, und dort das Personal ihrem Spott aussetzen? Unklar endlich die Bezahlungsfrage.

Markant und schwer einzuordnen, die Beteuerungen, dass dies die eigene Meinung sei – mit Ausrufezeichen vom Autor versehen. Hier wird demonstrativ persönlicher Unmut, wohl hinter den Kulissen, formuliert.

Transcript

Ich finde die Absicht, die durch dieses Edikt bewirkt
werden soll höchst löblich und möglich – aber
schwer zu erreichen – wenn der Geistliche
diese neue äusserst wichtigen Arbeit ex officio
verrichten soll. Alle sind nicht geschickt
dazu: man sollte daher die besten heraus-
wählen und – dafür bezahlen. Weil
die Einschränkung des Hofaufwands jetzt
überall Mode ist oder wird, – nach dem
Beispiele der größten Monarchen – so wird
es an einem Fond dazu nicht fehlen –
sobald man will.

Als Edikt betrachtet, finde ich den
Aufsatz zu lang: so viel lesen die Leute
nicht gern auf einmal. Die Instruction
des Predigers könnte besonders abgefaßt,
und ihr Inhalt summarisch angeführt werden,|<2>
auch das Ganze mehr abgekürzt und in
kleine Abschnitte vertheilt werden.

Es ist nicht bestimmt, ob die Einrichtung allen
Gefangenen aller Art zu Statten kommen so[ll]
auch solchen, die wegen Polizeiverbrechen
z. B. contrebandiren,[1] Grobheit gegen ihr[e]
Vorgesetzten p.[2] vielleicht nur auf kurze
Zeit zur Strafe eingesetzt werden? Es
giebt unzählige Fälle, wo diese Strafe, vermöge
der Natur des Verbrechens, alles Schimpfliche
verliert. Studenten prahlen mit dem
Karzer, so auch rebellische Bauern und
im Preußischen schämen sich gemeine Leute gar
nicht, wegen Contrebande in die Karre
zu gehen [[eingefügt:] da könnte dem besuchende Geistliche leicht Ungezogenheiten widerfahren]. Sollte auch da nicht der Fall eintreten
können, um dessen willen man die Beglei-
tung der Geistlichkeit bey Hinrichtungen
abstellt? – daß mancher einen losen Streich
machte, um eine Zeitlang Unterhalt zu|<3>
bekommen, und des angenehmen Umgangs des
Predigers zu genießen? Auch vielleicht wirklich in der
Absicht, sich bekehren zu lassen? [[Eingefügt:] der müßte willkommen seyn, weils ihm großer Ernst wäre!!!] – diesen
Einwurf kann durch die Bestimmung der Art der Ver-
brecher begegnet werden.

Die Stelle vom Mißbrauch des Abendmahls,
wo es ein Passirzeddel genannt wird, finde ich
nicht edel genug, und der Würde des ganzen
Aufsatzes unangemessen.

Dies ist meine Meinung:

Henr. Stephanus.

Syr. den 25 Schahar
1154[3]

Notes

  1. Adelung, Bd. 1, Sp. 1349: "Cóntraband, adj. et adv. aus dem Ital. contrabando, einem Verbothe zuwider, doch nur von der verbothenen Einfuhre fremder Waaren. Contrabande Waaren, die wider das Verboth eingeführet werden, oder von denen die gesetzte Abgabe nicht entrichtet wird. Das ist contraband, ist im Handel und Wandel verbothen. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist unser altes Deutsches Bann, ein Verboth. Nach dem Franz. Contrebande, lautet es auch zuweilen contrebano.
  2. [Einfügung „p“ Text:] Studentenstreiche p.
  3. Der 25 September 1784.