D-Q6637

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Commentary

Interessanter Aufsatz, nachdem Becker selbst an Basedows Philantropin in Dessau unterrichtete – Salzmann erscheint namentlich in einer der Fußnoten.

Die Kommentierung ließe sich intensivieren und ist ein spannendes Unterfangen, da man sie auf unterschiedlichen Ebenen betreiben kann. Wenn Sokrates, Platon, Chrysipp und Montaigne erwähnt werden, so gibt es theoretisch jeweils letzte Quellen – Ausgaben ihrer Werke, die hier konsultiert sein könnten. Andererseits ist es nicht wahrscheinlich, dass auf dergleichen Quellen zurückgegriffen wurde. Der gesamte Aufsatz ist eher zusammengefügt aus zirkulierendem Bildungsmaterial; und hier ist die Benennung der tatsächlich genutzten Bücher kaum möglich. Die Problemlage eröffnet sich exemplarisch auf in der Passage, die der Gebärdenkunst gilt:

    Daraus ergiebt sich die Sorge für die Gebärden, um die bei den Griechen bekannte Gebärdenkunst. Sokrates hieß es gut, Plato rückte sie in den Theil der bürgerlichen Handlungen ein, und Chrysipp ließ sie nicht| in sei-nen lehrreichen Schriften über die Erziehung vorbei

Man kann Sokrates Plato und Chrysipp recherchieren. Die gesamte Passage findet sich jedoch auch als Allgemeingut in anderen Büchern – wie Matthesons Caplell-Meister (den Becker wohl kaum las). Als Bildungsmoment geht sie in dieser Namenreihung und Beurteilung auf Quintilian zurück, den Becker eben zu diesem Urteil ebenfalls nicht gelesen haben dürfte. Womöglich las er dieses Urteil in einem Pädagogik-Handbuch – das wird sich nicht belegen lassen.

Der Aufsatz eröffnet unter Prämissen des aktuellen Idealismus wie in Tradition einer aristotelischen Begriffsklärung. Gesucht wird der reinste Begriff und was aus ihm folgt. Die Exposition antizipiert in diesem konservativen Verfahren das Glücks-kalkül des kommenden Utilitarismus:

    Nach den reinsten Begriffen von dem höchsten Wesen, nach den daraus abstrahirten Bestimmungen des Menschen, nach unserm eignen Gefühle sind wir nur darum geschaffen um durch brüderliche Theilnehmung die Freuden unseren Gleichgeschöpfe und unsre eignen zu erhöhen, sie zu ver-mehren, und die Summe des gemeinschaftlichen Elendes zu vermindern, oder was das nämliche ist, um glücklich zu sein, und glücklich zu machen.

Es eröffnet unter dieser Oberfläche das Bekenntnis des Lehrers, der sich ganz im Rahmen der Erwartung der Mitbrüder bewegt: Glückseligkeit ist das Ziel und sie fast hedonistisch als Fröhlichkeit definiert bevor sich aus der Definition ein Projekt des Eifers und der Arbeit entfaltet, das Liebe:

    Wer also als Lehrer, als Schöpfer des Glückes eines jungen Weltbürgers auftreten, und seiner Pflicht genug thun will, der muß durch seine Lehren und sein Beispiel vor allem Liebe predigen. Liebe aber nenne ich thätigen Eifer die Welt um sich her fröhlicher zu machen.

Aus der klassischen Exempel Sammlung wird Nero, von Seneca erzogen zum Beispiel gescheiterter Erziehung. Die Darlegungen stehen nach der Eröffnung vornehmlich unter praktischen diätetischen Gesichtspunkten.

In einem siechen Körper wird nie die Seele gut haushalten.

Die Gedanken zum Körper gelten

  1. der Nahrung (nicht zu viel, nicht zu wenig, nicht zu oft)
  2. dem Getränk (mit John Locke die Empfehlung für Dünnbier)
  3. Bewegung: Schwimmen, Tanzen, Fechten, Reiten
  4. Bettgestaltung (reformerische Tipps, die aus dem Krünitz genommen werden, ohne sich durchzusetzen: Bettenfüllung Rohrfasern, in Südländern Luftmatratzen aus Fischblasen – leichte Betten gegen Onanie und mephytischer Stickluft.
  5. Kleidung
  6. Schuhwerk (soll Nässe durchlassen, Ärmere Schichten seien gesünder)
  7. Gebärdenkunst (Haltung)

Für die Seele, der Mensch wird hier als Maschine gesehen

  1. Augen dürfen keine „unzüchtigen Stellungen“ zugemutet werden
  2. Ohren müssen an Geräusche, auch laute, gewöhnt werden, um Schreckhaftigkeit zu verhindern
  3. Geruchssinn – gegen zu heftiges Schnäuzen, es verletzt Nasenschleimhaut und man stinke danach aus der Nase
  4. Sinne stärken (durch Abhärtung) und damit auf das Gehirn als zentralen Sinn einwirken sehen
  5. Alle dunklen und zweideutigen Vorstellungen meiden.
  6. Wissenschaftliche Kenntnisse unterrichten
  7. Pflichten lehren

Der Text bricht eher unvermittelt ab und dürfte unvollständig sein.

Transcript

Ueber Zweck und
Mittel bei der Bildung
eines jungen Weltbürgers.

Nach den reinsten Begriffen
von dem höchsten Wesen, nach der
daraus abstrahirten Bestim
mung des Menschen, nach un-
serm eignen Gefühle sind wir
nur darum geschaffen, um
durch brüderliche Theilnehmung die
Freuden unserer Gleichge-
schöpfe und unsre eignen
zu erhöhen, sie zu vermeh-
ren, und die Summe des ge-
meinschaftlichen Elendes zu
vermindern, oder was das näm-
liche ist, um glücklich zu sein,
und glücklich zu machen. Wer
also als Lehrer, als Schöpfer des
Glückes eines jungen Weltbür-
gers auftreten, und seiner
Pflicht genug thun will, der
muß durch seine Lehren
und sein Beispiel vor Allem Liebe predi-
gen. Liebe aber nenne ich thä-
tigen Eifer die Welt um sich
her fröhlicher zu machen. Da-
rauf hätte Seneka beim Nero[1]|<2>
sein Augenmerk richten sol-
len, um nicht, wie Plutarch
im Trajan[2] sagt, verdient zu
haben, daß ihm Nero's ab-
scheuliche Gemüthsart von
Einigen zu Last gelegt wur-
de.

Dieser thätige Eifer löst
sich nun in ein doppeltes Streben
auf, in ein geistiges, und
in ein körperliches. Hieraus
fließt die Sorge eines Lehrers
für den Körper und für den
Geist seines Zöglinges.

In einem siechen Körper
wird nie die Seele gut haus-
halten. Nebendem wird ein
siecher, trauriger, unge-
duldiger Körper sich und an-
dern eckelhaft, lästig, un-
thätig, und erfüllt nimmer-
mehr seine Bestimmung.

Der Lehrer muß also hier
in die Stelle des Arztes tre-
ten, oder wenn ich einen Un-
terschied machen will, so soll
der Lehrer den Zögling vor
Krankheiten bewahren, und der Arzt
von Krankheiten heilen. Lu-|<3>
xus gehört nicht hieher. Das
Erstere geschieht durch unschäd-
liche Nahrung, durch gehörige
Ruhe und Bewegung, durch Ein-
hauchung gesunder Luft, durch
vortheilhafte Kleidung.

Wenn ich je bei Leuten vom Stan-
de einen großen Fehler fand, so
war es dieser, daß sie ihre
Kinder durch weichliche Speisen
schwächten, oder durch hitzige
Getränke entnervten.[3] Ich
kenne Kinder, die im 11ten Jahre
noch kein Fleisch assen, und die
doch alle Augenblicke an Un-
verdaulichkeiten litten.[4] Wenn
ihre gesunden Aeltern nicht wis-
sen, daß Mutter Natur die
Zähne und den Magen des Men-
schen zum Fleischessen einge-
richtet hat, so sollten sie doch
sehen, daß des Nachbars
Schuster Sohn sich beim Rind-
fleisch und Gemüse so mun-
ter und stark befindet. Hier
glaub' ich, daß zwo Regeln zu
merken sind: 1 Man gewöhne
einen Knaben an alltägliche, nicht zu
schwer verdauliche, und auch nicht zu|<4>
niedliche[5] Speisen; 2 man gebe ihm
nicht zuviel und nicht zu wenig. Die-
ses behagt dem Fleische und dem
Geiste. Nicht zu viel begreift
auch nicht zu oft in sich. Die
Römer hatten nur einmal
des Tages beim Untergang
der Sonne ordentlich Mahl-
zeit, und der Große August[6]
aß zum Frühstück ein Stück
trocken Brod. Hierinnen muß
man sich nach dem Lokale
richten. Was das Getränke
betrift, so räth der vortreff-
liche Locke seinen Landsleu-
ten Bier,[7] und Plato ver-
both den Jünglingen vor
dem achtzehnten Jahre Wein[8]
zu trinken. Abends und mor-
gens würde ich frisches Was-
ser rathen. Sicher würde auch
das beitragen, daß man nicht
Gefahr liefe, Knaben von 14
Jahren mit Hemrhoiden behaf-
tet zu sehen.

Unser Leben sagt Aeneus
Sylvius de educatione Lib-
rorum ad regem Poloniae, Stanis
laum,[9] ist in zwei Theile getheilt:|<5>
in Arbeit und Ruhe. So verhal-
ten sich Wachen und Schlafen,
Krieg und Friede, Sommer und
Winter, Werk und Feiertage
zusammen. Wer der Arbeit
oder der Ruhe zu viel nachhängt,
schadet seiner Gesundheit. Lei-
besübungen, die nicht zu sehr
erhitzen, sind aber unumgäng-
lich nöthig. Das Feuer, das
zuvor die Einbildungskraft
erwärmt hat, muß auch den
übrigen Theilen des Körpers
dienstbar sein. Nur muß
diese Bewegung zur gehörigen
Zeit geschehen. Galenus de Sa-
nitate tuenda[10] räth sie vor
der Mahlzeit an, weil dort
alle Nahrungstheilchen ver-
daut, und selbe schon in ihre
gehörigen Gefäse überge-
gangen sind. Außer der Noth-
wendigkeit der Bewegungen
läßt sich auch noch das besondere
Nützliche mancher Bewegung
bemerken. Ich nenne den Päda-
gogen nur das Baden, das
Schwimmen, das Tanzen, für
einige das Fechten und Reiten,
für Kleinere das Kommandier-|<6>
spiel u[nd] d[er]gl[eichen]. Ein zu sehr ge-
spannter Bogen bricht; ein
zu sehr ermüdeter Körper fin-
det Eckel an der zu großen
Anstrengung seiner Kräfte,
die dadurch oft unterliegen
und leiden können. Der Leh-
rer soll daher auch bei Leibes-
übungen, wie bei allen an
dern Dingen, immer auf das
Alter und die Kräfte des Lehr-
linges sehen. Nicht immer
sind Nerven und Muskeln
in Bewegung; es tritt auch
Ruhe ein. Zu lange Ruhe macht
träge, und nur dann würde
ich einem Jünglinge längere
Ruhe gönnen, wenn zuviel
Feuer in seinen Adern wall-
te. Wenn der Körper Ruhe be-
darf, so sollte man auch den
Geist ruhen lassen. Wer die genaue
Verbindung des Geistes mit
dem Körper kennt, wird die Ur-
sache leicht einsehen. Der
vorzüglichste Theil der Ruhe ist
Schlaf. Die Art wie, und
der Ort, wo die Ruhe ge-
schieht, kann bisweilen die schäd-
lichsten Folgen haben. Möchte|<7>
ich doch alle weichen Federbette
besonders in warmen Zimmern
für junge gesunde Menschen
wegwünschen, möchte ich doch
alle Leute überzeugen können,
wie sehr die Maschine des
Körpers dadurch erhitzt, der
Körper seiner Feuchtigkeit be-
raubt, und die vesten Theile
zu sehr erschlappet werden.
Ich will nichts davon sagen,
daß sie die Verdauung hin-
dern, daß sie durch Ein-
ziehung der Ausdünstungen
schädlich werden,[11]/[12] daß sie
oft zu den heimlichen Sünden
der Jugend reizen.[13]/[14] Die
beste Art von Betten für Deut-
sche scheint mir die von Kolben
welche auf gewißen Rohren
wachsen.[15] In warmen Ländern
mag man sich der pnevmatischen
oder mit Wind und Luft erfüll-
ten Betten bedienen.[16]/[17]|<8>

Die Erfahrung lehrt, daß der [!]
mephitische[18] Gas schon manchem
das Leben raubte. Ich erinne-
re mich eines Beispiels, wo
ein Mann, der in einen lan-
ge nicht geöffneten Weinkeller
trat, tod zur Erde fiel; und
wie oft sieht man nicht in Kir-
chen, wo das Vorurtheil der
Lebendigen den Todten Grüf-
te gewölbt hat, Leute ohnmächtig
werden? Die Nerven der
Knaben sind noch schwach, die ver-
pestete Luft wird also desto stär-
ker auf sie wirken, wenn man
sie an solche Orte führt. Reine
freie Luft erheitert unser Ge-
müth, man laße ihr daher täg-
lich den Einfluß in unsre Zim-
mer offen, und besonders öff-
ne man gleich morgens die Fen-
ster des Schlafzimmers, damit,
wenn wir auch in selbem wohnen,
die nächtlichen Ausdünstungen
nicht wieder einhauchen. Daher
sind starke Bewegungen, bei
denen man doch immer ausdün-
stet in der freien Luft um so
gesünder. Ueberhaupt gewöhne
man seinen Zögling an alle Luft-
veränderungen. Der Körper wird|<9>
abgehärteter und trozt desto
leichter jedem Anfalle von
Krankheit.

Das vierte Bewahrungs-
mittel ist Kleidung. Alle
Ärzte sind eins, daß zu en-
ge Kleider den Kindern scha-
den, und eben so verwer-
fen sie zu warme. Ich könn-
te schon den Anblick klei-
ner geängstigter Geschöpfe
nicht aushalten, und gute
Aeltern werden hier mit mir
sympathisiren. Bewiesen
ist es, daß das Zuwarm-
halten des Kopfes Schnupfen,
Kopf- Zahn- und Ohrenwehe
verursachet; und um noch ei-
ner Unbequemlichkeit aus
zuweichen, welche oft dergleich-
chen Wehe mit sich bringt, sollte
man die Kinder Feuchtigkei-
ten an ihren Füßen ertra-
gen lernen. Die Kinder ei-
nes Taglöhners wissen wenig
oder gar nichts von solchen Ue-
beln, weil sie immer mit na-
ßen Füßen herumlaufen.
Darum räth Locke[19] solche Schuhe|<10>
an, durch deren Näthe Wasser
dringt. Sonst fände ich für
gut, wenn man Kinder nach
Newtons[20] Beispiele die näm-
lichen Kleider im Sommer tra-
gen läßt wie im Winter.

So hätte ich die vorzüglich-
sten Gegenstände der körper-
lichen Erziehung berührt.[21]/[22]
Welcher Lehrer dieses Feld
brachliegen läßt; der sündigt
wider seine Bestimmung.
Aber der Körper eines jun-
gen Menschen kann, wenn
er auch gesund ist, wenn sei-
ne Kräfte auch den gehöri-
gen elastischen Schwung zum
Wirken haben, sich doch noch
durch ein gewißes Aeußer-
liche, was man Wohlstand
nennt, mehr oder weniger empfeh-
len. Daraus ergiebt sich die
Sorge für die Gebärden, und
die bei den Griechen so bekannte
Gebärdenkunst.[23] Sokrates hieß sie
gut, Plato rückte sie in den
Theil der bürgerlichen Handlungen
ein, und Chrysipp ließ sie nicht|<11>
in seinen lehrreichen Schrif-
ten über die Erziehung vorbei.
Niedergeschlagene oder zu fre-
che Blicke, zu tölpelhafte o-
der zu gezierte Bewegungen,
Stottern oder zu langsames
Sprechen kann für Andere
eben so unangenehm sein,
als für den empfindlichen Mon-
tagne das Husten eines Schwind-
süchtigen war.[24]

Nun kommen wir zur
Ausbildung der Seele; der
Uebergang ist der natür-
lichste; die Verwandschaft
die engste. Die Seele ver-
hält sich zum Körper wie die
Sonne zur Erde. Ihr Licht
erwärmt den sonst unfrucht-
baren Schoos unsrer Mutter.
Ohne Seele würde unser Kör-
per einem Uhrwerke ohne Fe-
der gleichen. Uhrwerk und
Feder müssen gleich gut sein,
wenn die gefoderte Wirkung
der angewandten Kraft ent-
sprechen soll. Die Werkzeuge
der Seele sind die äußern und|<12>
innern Sinne des Menschen.
Diese bilden sich nach jenen,
und ich möchte jene fast mit
dem Räderwerke, und diese
mit dem Zeiger, und mit der
den Zeiger bewegenden Wal-
ze vergleichen. Jene sind
wegen diesem da, und diese
wegen jenen. Beide würden
einander nichts nützen,
wenn sie unthätig verroste-
ten. Also Uebung der Kräf-
te, also Thätigkeit. Wie
weit aber diese Anwendung
der Kräfte gehen darf, oh-
ne uns eine größere Summe
unangenehmer als ange-
nehmer Empfindungen
daraus zu erringen, dieses
lehrt eine graue Erfahrung,
beweist die Nothwendigkeit der
Erziehung, zeigen die Beschwer-
nisse dieses Amtes, und legt
die erfoderliche Sorgfalt eines
Lehrers an den Tag.

Wie sehr muß ein Päda-
goge nicht wachen, um physi-
sche und moralische Krankhei-|<13>
ten von den äußern und in-
nern Sinnen seines Zöglinges
abzuwenden?

Die Schöpfung selbst, die
die Augen zur äußern Bede-
ckung mit Augenliedern, zur
Verwahrung vor Staub und
Insekten aber mit haarichten
Wimpern versehen, die so künst-
lich die Lage, so fein die Häute
und so sorgfältig die Säfte des
Sehsinnes gebildet hat, unter-
weist uns, daß wir alles an-
wenden sollen, um durch zu
rasches Einbrechen der Sonnen-
stralen, durch Unsauberkeit,
durch unvorsichtiges Stosen und
Reiben ihm nicht zu schaden.
Es wird also Behutsamkeit we-
gen dem physischen Nachtheile
erfodert. Der moralische
Nachtheil ist immer noch schlim-
mer, und fodert daher noch mehr
Sorgfalt. Was schadet nicht der
Anblick einer unzüchtigen
Stellung, was nützt nicht das
Anschauen angestekter Wohl-
lüstlinge in einem Hotel de
Dieu [25]? Wie abgemessen, wie
bescheiden muß deßwegen
nicht die Sprache und der Um-|<14>
gang derjenigen sein, welche
junge Leute umgeben, und
wie geschickt muß nicht die
Auswahl aller auf sie wirken-
den Gegenstände geschehen?

Aber übertriebne Sorg-
falt kann eben so böse Folgen
haben, als vernachläßigte.
Wer das Trommelfell eines
Knaben von jeder starken Er-
schütterung bewahren woll-
te, würde Schuld sein, wenn
dieser als Jüngling bei dem
Schalle einer nahen großen
Glocke sein Gehör verlöre.

Wer übertrieben auf
die Reinlichkeit des Geruchsin-
nes bedacht wäre, könnte durch
starkes Nasenputzen die Ge-
fäschen und Nerven der
Schleimhaut beschädigen, und
dadurch übeln Geruch aus der
Nase bewirken.

Besonders nachtheilig ist
der zu sehr betriebne Reiz der
Nervenwärzchen,[26] welcher ver-
zärtelten Geschmack und zu fei-|<15>
nes Gefühl verursachtet.

Hat nun das Nerven-
system durch die Ner-
ven, welche die fünf Sinne,
und das thierische Leben re-
gieren, keinen Schaden gelit-
ten, ward also das Gehirn
als das Sensorium com-
mune nicht verletzt, so wer-
den Herz und Verstand un-
gehemmte Herrschaft haben.
Beide werden leichter und
kräftiger die große Richtung
annehmen, zu der uns die
allgütige Weisheit des Aller-
höchsten bestimmt hat. Die-
se Richtung wird durch die
Vorstellungen bewirkt. Sind
solche dunkel und zweideu-
tig, so sind wir in Gefahr
unrecht zu handeln. Die
Dunkelheit, das Zweideu-
tige dieser Vorstellungen
ist eine Folge der Unwis-
senheit. Ihre undurchsich-
tigen Wolken müssen aus
diesem Grunde durch helle|<16>
Kenntnisse zerstreut werden.
Hier darf weder geistlicher[27]/[28]
noch weltlicher Despotismus
im Wege stehen.

Helle Kenntnisse also.
Ich mache keine Abtheilung
in moralische, wissenschaftli-
che, und politische. Mit allen
Kenntnissen müssen wir zum
Besten anderer und zu un-
serm eignen wuche[r]n, wis-
senschaftliche und politische
Kenntnisse zu haben ist Pflicht
und sie erklären uns unsre
Pflichten, ich heiße sie deß-
wegen alle moralisch. Sie müs-
sen hell klar sein. Dinge
sehen wir der Ordnung
nach um so heller, je näher sie uns
sind. Ich würde sodenn alle
Pflichten auf die beiden zu-
rückführen: Was du nicht willst
daß man dir thue, thu auch andern [muss heißen: nicht]
und Was du willst, daß man
dir thue, thu auch andern. Ich w[er-]
de den Grund des Guten und
des Bösen zu zeigen mich i

[hier bricht das Dokument ab, der Rest fehlt]


Notes

  1. Lucius Annaeus Seneca (Seneca der Jüngere), geb. etwa im Jahre 1 in Corduba, gest. 65 n. Chr. in der Nähe Roms, römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Staatsmann, und Erzieher wie später politischer Berater Neros (der ihn schließlich zum Selbstmord zwang).
  2. Plutarch, geb. um 45 in Chaironeia; gest. um 125, griechischer Schriftsteller, Verfasser zahlreicher biographischer und philosophischer Schriften. Die angebliche Korrespondenz mit Trajan wird heute zumeist als mittelalterliche Fiktion betrachtet - siehe Christian Hünemörder, "Plutarchos", in Der Neue Pauly, 9 (Stuttgart: Metzler, 2000), Sp. 1160.
  3. Offenbar eine Wortbildung im Gegensatz zu ernähren; so jedoch nicht im Adelung oder in Grimms Wörterbuch verzeichnet.
  4. [Fußnote im Text:] Ich kenne aber auch hier vortrefliche
    Aeltern, deren älteste Tochter, ein schönes gesundes
    Mädchen von 18 Jahren, noch nie Kaffee, Wein u[nd] d[er]gl[eichen]
    trank. Der Anblick ihrer übrigen 9 Kinder zeugt
    von dem Nutzen ihrer unverzärtelten Erziehung.
  5. Adelung erfasst noch den breiteren Wortgebrauch: "Den Sinnen, besonders aber dem Gesichte angenehm, da es dasjenige in sich begreift, was man sonst artig, zierlich, geputzt, vornehmlich aber nett nennet, eigentlich, demjenigen, was nett ist, ähnlich und gleich. […] Da Kleinheit und Zierlichkeit verbunden dem Auge vorzüglich angenehm ist, so hat das Wort niedlich auch in den meisten Fällen den Nebenbegriff der Kleinheit bey sich. […] In engerer Bedeutung wird es auch von Speisen gebraucht, für schmackhaft, delicat, lecker. Ein niedliches Gericht. […] Von Getränken wird es seltener, doch aber zuweilen gebraucht."
  6. Augustus, geb. 23. September 63 v. Chr. als Gaius Octavius in Rom, gest. 19. August 14 n. Chr. in Nola bei Neapel, erster römischer Kaiser, Großneffe und Haupterbe Gaius Iulius Caesars. Woher die Aussage stammt bleibt unklar#, Sueton berichtet in De vita Caesarum ausführlich über die Ernährungsgewohnheiten des Kaisers, der sich durchaus einfach ernährte, notiert jedoch auch, dass dieser unregelmäßig aß und spät aufstand.
  7. Der Rat John Lockes bezog sich durchaus auf Kinder "Das Getränk eines Kindes sollte bloß dünnes Bier seyn und man sollte auch nicht leiden, daß es solches zwischen den Mahlzeiten anders bekäme als wenn es zuvor ein Stück Brodt gegessen hatte." Herrn Johann Lockens Gedanken von Erziehung der Kinder: Von neuem aus dem Englischen übersetzet, gegen des Herrn Costens französischen Übersetzung und mit dessen Anmerkungen begleitet (Leipzig/ Wien: Johann Paul Krauß, 1761), S. 24-25.
  8. Becker dürfte die Anmerkung zu Plato den Anmerkungen Pierre Costes (1697-1751) zu Herrn Johann Lockens Gedanken von Erziehung der Kinder (Leipzig/ Wien: Johann Paul Krauß, 1761) entnommen haben, dort S. 26 Fußnote 3, samt griechischem Wortlaut und Quellenangabe Lib II de begib.
  9. Unwahrscheinlich, dass dies die direkte Quelle ist: Aeneas Sylvius Piccolomini (der spätere Papst Pius II), De Librorum Educatione (1450) - in der Ausgabe Tractatulus de educat[i]one libero[rum] per Eneam siluium editus: ad ladislau[m] nobilissimum hungarie et bohemie regem (1483) heute in der Forschungsbibliothek Gotha.
  10. Erneut ist unwahrscheinlich, dass hier aus einer aktuellen Ausgabe (statt aus allgemein verfügbarem Wissen) zitiert wurde. Ausgaben von Galens De sanitate tuenda erschienen in größerer Zahl im 16. Jahrhundert. Greifbar mag im 18. Gewesen sein Vita Medica. Hoc Est Galeni Hygeinon Sive, Methodi Sanitatis Tuendæ Libri VI ; Novâ, eâque omium accuratissma Versione, & perpetuis Commentariis Et Castigationibus Prvdentissimis [...] A Casparo Hofmanno [...] Curante Sebastiano Scheffero (Francofurti, Impensis Joannis Justi Erythropili, Bibliop. Typis Joannis Andreæ, 1680).
  11. [Fußnote Text:] Phisikalische Abhandlung über die Schädlichkeit
    der Federbetten. Berlin. 1771. S. 4.B.
  12. Der Autor lässt sich nicht ermitteln: Physikalische Abhandlung über die Schädlichkeit der Federbetten (Berlin: Friedrich Wilhelm Birnstiel, 1771).
  13. [Fußnote Text:] Salzmann von den heimlichen Sünden der Jugend.
  14. Christian Gotthilf Salzmann, (1744-1811) stand im Brennpunkt des Interesses der Gothaer Illuminaten - in der Versammlung der Gothaer Minervalkirche vom 4. November 1783 kündigte man Salzmann mit Interesse an seinem Schnepfenthaler Erziehungsinstitut an. Die notierte Schrift erschien: Über die heimlichen Sünden der Jugend (Leipzig, bey Siegfried Lebrecht Crusius, 1785). Digitalisat. Eine thematisch nachgeordnete publizierte Salzmann noch selben Jahres: Ists recht über die heimlichen Sünden der Jugend öffentlich zu schreiben? (Schnepfenthal, 1785).
  15. Johann Georg Krünitz, Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft, 242 Bände (Leipzig: Johann Gottlieb Gleditsch: 1773-1858), Band 4 (1774), S. 326-327: "Ich gedenke noch einer andern Art Betten, die man mit weit geringern Kosten, als die Federbetten, sich verschaffen kann, und die dem Cörper eine erquickende Ruhe, ohne ihm dabei schädlich zu werden, verschaffen. Es werden dieselben von den Kolben, die auf einer gewissen Art Rohr wachsen, zubereitet. Hierbei verfährt man folgendergestallt. Nach Weihnachten, als zu welcher Zeit diese Rohrkolben, (Rohrkeulen, oder Rohrklopfen) am besten sind, weil sie völlig reif, und so ziemlich trocken sind, verfügt man sich an die Oerter, wo das Rohr häufig wächst, und man kann ihm alsdenn am bequemsten ohne Gefahr beikommen, weil das Wasser gemeiniglich gefroren ist. Nachdem man sie abgeschnitten, so ziehet man sie durch die Hand, indem sie sich überaus leicht abstreifen laßen. Weil aber doch zu besorgen ist, daß noch einige Feuchtigkeiten darinn vorhanden seyn mögten, so mus man sie in ein Sieb thun, auf den Ofen setzen, und recht ausdörren. Man thut dabei sehr wohl, wenn man sie mit den Händen bisweilen reibet, weil sie dadurch eine gewisse Geschmeidigkeit bekommen. Sind sie nun hinlänglich getrocknet, so stopft man damit das Bette aus. Dergleichen Betten kosten nicht viel, weil man nur den Zwillich und Ueberzüge bezahlen darf, und sind also hauptsächlich für die Armuth. Ferner erspahret man dabei sehr viel Zeit, weil das Abstreifen dieser Rohrkolben viel geschwinder von statten gehet, als das gewöhnliche Federschließen. Endlich sind sie auch überaus leicht, und man liegt sehr weich darauf. Eine einzige Unbequemlichkeit ist dabei vorhanden, daß sie nach etlichen Jahren sich zusammenklumpen und schwerer werden, welches daher rührt, weil sie die feuchten Theilchen von der mit den Ausdünstungen der Menschen geschwängerten Luft an sich ziehen, worzu auch die Schweiße das ihrige beitragen. Diesem Uebel kann man dadurch abzuhelfen und vorzubeugen suchen, wenn man sie, so wie die Federbetten, bei warmen Sommertagen fleißig sönnet und mit Stecken klopfet. Freilich schlägt endlich dieses Mittel nicht mehr an, und es ist alsdenn kein anderer Rath übrig, als daß man die Betten von neuem stopfet."
  16. [Fußnote Text:] Krüniz Enzyklopedie 4. Th. 1774. Bette.
  17. Über "pneumatischen, oder mit Wind und Luft erfüllten Betten" - Betten aus mit Luft gefüllten Schweinsblasen, wird umfänglich an selber Stelle berichtet - samt Quellenangabe: "Eine Beschreibung davon findet man im Nouvelliste oeconom. & litter. p. l. mois de Mars & d' Avr. 1758, S. 97-104, und eine Uebersetzung von mir, im 9 St. des II B. des Neuen Hamb. Magaz. S. 270, fgg." Siehe Georg Krünitz, Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft, 242 Bände (1773-1858). Band 4, S. 322. Digitalisat
  18. Der Begriff wurde vor allem von Carl Wilhelm Scheele, 1742- 1786 (gegenüber Joseph Priestleys Chemie) verteidigt. In seiner Chemischen Abhandlung von Luft und Feuer, erstveröffentlicht 1777 in zweiter Auflage (Leipzig: Leibrecht Crusius, 1782), S. 171-172 führt er die prinzipielle Differenzierung wie folgt aus: "Die wahren luftartigen Substanzen oder Gasarten lassen sich in Rücksicht ihrer Wirkungen auf die lebendigen Thiere und auf die brennenden Körper in zwey Hauptgattungen eintheilen. […] Die erstern kann man […] einathmungsfähige Luftarten […] die andere aber mephitsche thieretödtende Luftgattungen oder Schwaden (Mephitides) nennen. Von der einathmungsfähigen oder wirklichen Luft giebt es zwey Arten; die reinste welche man auch die dephlogisticirte Luft heißt und die gemeine oder athmosphärische Luft. Die schwadenartigen Luftgattungen […] können füglich in verbrennliche und unverbrennliche eingetheilt werden. […] Zu den verbrennlichen und in Wasser unauflöslichen Schwaden gehören die auf verschieden Weise erzeugten Arten der entzündbaren Luft zu den verbrennlichen und im Wasser auflöslichen hingegen die alkaischftüchtige oder urinöse Luft und die hepatische oder stinkende Schwefelluft. Als unverbrennliche und dem Wasser mischbare Schwaden kennt man die sogenannte fixe Luft oder das Gas der alkalische und der gährenden Substanzen die salzsaure Luft die flüchtige Schwefel oder Vitriolsaure Luft, die salpetersaure Luft, die spathsaure Luft und die vegetabilischsaure oder eßigsaure Luft welch insgesammt von saurer Natur find als unverbrennliche und dem Wasser nicht mischbare Schwaden aber die Salpeterluft und die phlogisticirte Luft."
  19. Herrn Johann Lockens Gedanken von Erziehung der Kinder: Von neuem aus dem Englischen übersetzet, gegen des Herrn Costens französischen Übersetzung und mit dessen Anmerkungen begleitet (Leipzig/ Wien: Johann Paul Krauß, 1761), S. 8 ff.
  20. Herrn Johann Lockens Gedanken von Erziehung der Kinder: Von neuem aus dem Englischen übersetzet, gegen des Herrn Costens französischen Übersetzung und mit dessen Anmerkungen begleitet (Leipzig/ Wien: Johann Paul Krauß, 1761), S. 4 ff. Daß Newton die Empfehlung gab findet sich dort S. 6 in der Fußnote 4.
  21. [Fußnote Text:] Ausführlicher handelt das vortrefliche all-
    gemeine Revisionswerk des gesammten
    Schul und Erziehungswesen.
  22. Joachim Heinrich Campe (Hrsg.), Allgemeine Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens. Von einer Gesellschaft praktischer Erzieher (Hamburg/ Wolfenbüttel/ Wien/ Braunschweig, 1785 bis 1792).
  23. Die gesamte folgende Passage zur Gebärdenkunst oder Chironomie lässt sich zwar in Einzelnachweise zerlegen, geht jedoch geschlossen mit ihren Nennungen von Sokrates, Plato und Chrysipp auf das erste Buch von Quintilians Institutio oratoris zurück: "XV. Ne illos quidem reprehendendos puto qui paulum etiam palaestricis vacaverunt. Non de iis loquor quibus pars vitae in oleo, pars in vino consumitur, qui corporum cura mentem obruerunt (hos enim abesse ab eo quem instituimus quam longissime velim): XVI. sed nomen est idem iis a quibus gestus motusque formantur, ut recta sint bracchia, ne indoctae rusticae manus, ne status indecorus, ne qua in proferendis pedibus inscitia, ne caput oculique ab alia corporis inclinatione dissideant. XVII. Nam neque haec esse in parte pronuntiationis negaverit quisquam neque ipsam pronuntiationem ab oratore secernet: et certe quod facere oporteat non indignandum est discere, cum praesertim haec chironomia, quae est (ut nomine ipso declaratur) lex gestus, et ab illis temporibus heroicis orta sit et a summis Graeciae viris atque ipso etiam Socrate probata, a Platone quoque in parte civilium posita virtutum, et a Chrysippo in praeceptis de liberorum educatione compositis non omissa." In verschiedensten Ausformungen findet sich dies wiederholt - so etwa in Johann Mattheson, Der vollkommene Capellmeister (Hamburg, Johann Christian Herold, 1739), dort im 6. Hauptstück "Von der Geberden-Kunst", § 6, S. 34: "Demosthenes und Cicero die beiden grössesten Redner haben sich eigene Lehr-Meister in dieser Geberden Kunst gehalten […] Socrates selbst hielt die Chironomie hoch und Plato zehlte sie unter die bürgerlichen Tugenden." Die Anbindung an die Erziehung geht auf Plato zurück, der in Buch 7 der Gesetze [Nomoi] ausführliche Anweisungen einer Erziehung mit Bewegung an die Frage der Staatsverfassung bindet.
  24. Michel de Montaigne im Essay über die Einbildungskraft, Buch 1, Kapitel XX "De la force de l'imagination" Le Essais de Michel de Montaigne nouvelle edition, tome premier (Amsterdam: aux depens de la compagnie, 1781), S. 117.
  25. Hôtel-Dieu (deutsch: "Herberge Gottes") wurden in Frankreich ab dem 7. Jahrhundert nachweisbar Pilgerherbergen genannt, die meist in der Nähe der Kirchen errichtet wurden. Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich die Nutzung von der reinen Beherbergung hin zur Versorgung von Alten oder Kranken ähnlich Hospitälern oder Hospizen.
  26. "Das fürnehmste Werzeug des Geschmackes sind die Nervenwarzen die an der Spitze und an den Ränften der Zunge angetroffen werden.", Stichwort "Geschmack" S. 409 in Johann Gottfried Essich, Medicinisches Lexicon zur gründlichen Kenntniß der sowohl zur Erhaltung und Wiedergenesung aus den drey Naturreichen erfoderlichen Heilungsmittel, als auch der Benennungen und Kunstwörter, welche der Physiologie eigen sind: Für Aerzte, Wundärzte und andere Liebhaber der Naturgeschichte. A-H, Bd. 1 (Augsburg: Rieger, 1787).
  27. [Fußnote im Text] Ich will aber keine Eingriffe in die geheiligten
    Rechte des Glaubens thun.
    Dem Glauben ist sein Reich beschieden
    So gut, wie der Vernunft. Blumauer
  28. Aloys Blumauer, österreichischer. Buchhändler, Schriftsteller, geb. 21./22. Dezember 1755 in Steyr, gest. 16. März 1798 Wien trat 1772 in den Jesuitenorden ein, studierte nach dessen Auflösung 1773 an der Philosophischen Fakultät in Wien, seit 1780 in der Hofbibliothek tätig, gab 1781-1794 gemeinsam mit Joseph Franz Ratschky den Wiener Musenalmanach heraus und redigierte 1782-1784 die Realzeitung. Ab 1782 k.k. Bücherzensor, übernahm 1786 die Buchhandlung Rudolph Gräffers. 1787 auf Reisen nach Weimar und Berlin von Christoph Martin Wieland und Friedrich Justin Bertuch empfangen. Autor einer Travestie der Aeneis Vergils (3 Bde., 1784-88), selbst Illuminat unter dem Ordensnamen Hermionius - was Becker nicht bekannt gewesen sein muss. Das Zitat stammt aus Blumenauers Glaubensbekenntnis eines nach Wahrheit Ringenden Catholicken (Herrenhuth, 1785) und (Wien, 1786) Digitalisat, einem Gedicht, das um einen Glauben zwischen allen Konfessionen und Religionen ringt und das "Buch der Natur" als letzte Autorität reklamiert.