D-Q4787: Difference between revisions
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übel angebrachter und unerklärten, oft außer aller Verbindung | übel angebrachter und unerklärten, oft außer aller Verbindung | ||
hingeworfener Sprüchen, die der Zuhörer blos den Schall nach hört | hingeworfener Sprüchen, die der Zuhörer blos den Schall nach hört | ||
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Das ist aner der leidige räuberische Kunstgriff, wodurch so mancher | Das ist aner der leidige räuberische Kunstgriff, wodurch so mancher | ||
einsichtslosen armen Tropf und seine Frau ind Kindern, ein Theil | einsichtslosen armen Tropf und seine Frau ind Kindern, ein Theil | ||
seiner | seiner Habseligkeit entzogen wird, die er und die seinen oft zur Höchsten | ||
Noth gebrauchen, oder doch, durch eine würdigere Anwendung um | Noth gebrauchen, oder doch, durch eine würdigere Anwendung um | ||
so mancher unschuldigen Armen, besser gebraucht werden könnte, | so mancher unschuldigen Armen, besser gebraucht werden könnte, |
Latest revision as of 12:19, 5 July 2019
- Metadata: Item:Q4787
- Transcript and Commentary: Olaf Simons (talk) 21:31, 9 May 2019 (CEST)
Commentary
Transcript
Ich habe Prediger gekannt (und es giebt leider auch so manchen)
die in der Gesellschaft anderer beßrer Collegen, von der
Popularität in öffentlichen Vorträgen vieles gehört ha-
ben mochten, ohne es zu verstehen, den ohne doese schöne
Gabe selbst zu besizen, sprechen sie so oft in Gesellschaft da-
von als sie nur diese Materie zum Sprechen mit Haaren
herbeyziehen konnten, um bey den Verständigungenn sich dadurch
das Ansehen eines solchen populären Mannes geben zu wollen.
Da ich gewiß zu wisseb glaubte, daß von vielen dieser
Ausdruck (Popularität) nicht verstanden werde; so fragte ich
einal einen Lebenden derselben, was er wohl unter der
Populrätät eines Predigers in seinen Vorträgen verstehe?
Antw: "Wenn manns dem Bauer so recht ins
"Maul schmiert.
Wollten sie mir nicht so ohngefähr sagen, wie sie es machen
wenn sies dem Bauern so recht ins Maul schmieren? —
Es ist nach meinem Urtheil eine große Gabe wer das kann.
Da nun der Mann doch nicht weniger als ein Mann von großen
Gaben seyn wollte; so machte er mir kein Bedencken daraus.
"Sehen Sie, sprach er: da nehm ich wenn ich auf eine
"Predigt studiere Büchners Concordanz[1] vor mich, über
"lege erst das Wvanmgelium und mahle mir daraus
"einen Saz und stelle ZE[2]: aus dem Evangelio vom
"reichen Mann und Lazarus[3] vor, wie die Schwären
"seines Nachsten heilen müße, zeige ein ersten Theil|<2>
"wie alle Menschen Schwären haben, und im zweyten Tl:[4] wie
"man sie heilen müßte. In der Concordanz finde ich dan unter
"dem Wort Schwären und Nächster immer so viel Sprüche
"die sich zusammen verbinden laßen; so wie unter dem Wort
"Heil und Heilen. Also sage ich nur von der Kanzel immer einige Wor-
"te, und eile alsbald mit einigen Sprüchen hinterher und das
"versteht der gemeyne Mann; und das nenne ich Popularität. Wenn
"man da Zollikofern[5] [***] und den Zerbster (er meyne wohl
"den Sint[***]) schit, so wird man da man doch auch nicht auf
"den Kopf gefallen ist, ganz schwindelnd und dumm, wie will
"da der gemeine Mann selig werden?
Ey lieber Herr P. warum nicht, wenn sie einmal von Predigten glauben, daß
...man durch das bloße Aufwärmen derselben das wenden könne?
"Ja jene Leüte fliegen immer in allen Himmeln herum,
"wer woll ihnen nachfliegen?
Ja lieber Herr P. da giebt es auch so manche Prediger, die krichen immer
mit ihrem Vortrag in allen Pfüzen imd Sümpfen herum, wer
mag ihnen nachkriechen &mdash. damit wäre alsi nicht gesagt.
"Aber Sprüche Sprüche! —
Eben darum Herr P; aber glauben sie nicht daß eine Menge und ein Plazregen
übel angebrachter und unerklärten, oft außer aller Verbindung
hingeworfener Sprüchen, die der Zuhörer blos den Schall nach hört
der guten Sache die der Religion beym gemeinen Mann, den sie da
durch aufklären sollen mehr Schaden als Nuzen verursache?
"Was Aufklärung: der Bauer ist ein Bauer
"und kein Professor.
Eben darum hätten der Aufklärung und der eigentlichen Populari-
tät im Vortrage am meisten nöthig.
"Da hab ich aber ohnlängst eine Predigt gehalten die ge-
"wiß allen sehr wohl gefiel. Ich haben so die Art, daß ich
"alles was ich geschickt bekomme von der Lanzel öffentl.
"nenne und herzlich dafür dancke dadurch werden die Leüte
"immer bewegter mi etwas zu schencken.
Das ist aner der leidige räuberische Kunstgriff, wodurch so mancher
einsichtslosen armen Tropf und seine Frau ind Kindern, ein Theil
seiner Habseligkeit entzogen wird, die er und die seinen oft zur Höchsten
Noth gebrauchen, oder doch, durch eine würdigere Anwendung um
so mancher unschuldigen Armen, besser gebraucht werden könnte,
deren es der Herr P. dadurch entzieht, daß er durch heüchlerische
Lobpreisung seiner Wohlthäter so manchen ambitiösen Einfältigen
mit seinem Herrn Magister auch etwas zu bringet um Sonn-
tags darauf öffentlich verherrlicht und selig gesprochen zu
werden. Behüte dich der Himmel alle Welt
für solche Popularität
_______
Picentiae
d. 27 Din 1155
J.G.A. Wahl.
ten
Notes
- ↑ Fußnote setzen
- ↑ Zum Exempel
- ↑ Siehe Lazarus Item:Q74875.
- ↑ Theil
- ↑ Georg Joachim Zollikofer Item:Q74874.