D-Q3840: Difference between revisions
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Piacentia deb 26. Tir 1155 | |||
<i>Hochwürdigster Herr Provincial, | |||
Vortreflichter Her[!] Gönner!</i> | |||
In der ungezweifelten Hofnung, dass ''Eur. Hochwürd.'' meine gehorsamste | |||
Zuschrift nebst Reversen und Tabellen vom 20<sup><u>sten</u></sup><ref>Der Bezug gilt dem Schreiben, das Rudorf tatsächlich auf den 18. datierte [[Item:Q3839]].</ref> dieses richtig zu Händen | |||
gekommen seyn wird, habe ich heute für den Insinuant W.<ref>Anton Wahl [[Item:Q1283]].</ref> noch besonders die Bitte | |||
beyzufügen, daß, wo möglich, deßen künftige Aufnahme privatim veranstaltet | |||
werden möchte, weil er theils in Rücksicht auf hiesige Gemeinde, theils in Beziehung | |||
auf die dermahlige Crisin bey seiner Beförderungs-Sache, nicht im mindesten als | |||
Maurer bekannt zu werden wünschte. | |||
Diese Besetzungs-Angelegenheit zieht immer mehr die Attention auch | |||
derienigen zu sich hin, die sie weiter nicht intereßiret; ich aber kann mich | |||
selbst noch immer nicht gewöhnen, gegen Cabale überhaupt gleichgiltig zu bleiben, | |||
als die so viel Gutes untergräbt, ob sich schon für die Güte selbst unserem Freunde, | |||
nicht immer Bürge seyn läßt. | |||
So provinziel wir in Pizenz zu leben und zu dencken gewohnt sind, so | |||
entziffern wir doch zuweilen Räthsel. | |||
Dieß Kirmßische Haus<ref>1701 kaufte es der herzogliche Amtsschreiber Johann Joachim Kirms [[Item:Q40192]] das Haus in der Jacobstraße, von dem aus unter Carl August die Brüder Karl Kirms [[Item:Q40190]], Sekretär der Geheimen Kanzlei und Franz [[Item:Q40191]], Kammerrat, Innenpolitik betrieben.</ref> verwendet sich offenbahr zu sehr für Herrn Diac. | |||
Schröter,<ref>Johann Samuel Schröter [[Item:Q38746]].</ref> zum Nachtheil des ebenso würdigen Wahls. | |||
a.) Das dem Erstern gegebene Wort für die <u>erste</u> vacante Superintendenten- | |||
Stelle haben wir nicht gehört, und Tradition — wer pflichtet der bey? | |||
b.) Eine zweyte Ursach wird aus der Unterlaßung des einzuholenden Voti | |||
informativi abgeleitet, | |||
c.) und noch eine Dritte, aus dem Charackter unseres Diac. Wahls selbst. | |||
Diese Gründe haben bißher ''promiscue'' variirt, und weil sie dies thaten, so erregten | |||
sie Zweifel, und man wurde zu dem 4<sup><u>ten</u></sup> höchstwahrscheinlichen geführt, daß bloß | |||
Herr Schröter vor diesmahl befördert werden sollem um zugleich Herrn C. Aß. Z. soulagiren [?] | |||
Anstoß befördert den Umtrieb, nur habe die Bewegung Spielmann! Fricktion | |||
scadet allzeit dem geriebenen Theile! | |||
Pizenz, ein Städtgen, deren das Herzogthum Weimar mehrere haben solte, | |||
weil hier die Begriffe von Iudication und Frugalität herrschend sind, acqurirte | |||
seine Gerechtsamen iusto titulo; sie wurden gegen 273 Gülden | |||
Jahres-Renten, die es in zweyen Terminen, Walpurgis und Michael, [***] | |||
abführt, und auf verschiedenen Land-Tägen wiederholt bestätigt. | |||
Nie überhob es sich seines Wohlstandes zu iemandes Nachtheile. | |||
Handel, Oeconomie, und Gewerbe, gelangten Theils Einwohnern zu [***] | |||
Vermögen, welches nicht selten durch Heyrath und Erbgang in die Res[idenz] | |||
überfloß, so wie es Fälle gab, wo von dort ais Capitalien hier [ge-] | |||
nommen, und mit Zuziehung hiesiger Communität noch sonst man[cherley] | |||
erreicht wurde. | |||
1773. entlehnte die Fürstl. Cammer 2000. rt. von hiesiger St[adt] | |||
Erkaufung der Schulpforte. 1729 bezahlte die Stadt 1000 Reyß. G[ulden] | |||
für 12. zur Miliz ausgehobene Bürgers-Söhne in die Schatulle. E[***] | |||
borgte der Rath 1200 rt. zur Errichtung der Stadt-Compagnie. [***] | |||
mußten 200 rt. pro confirmatione privilegiorum entrichtet werden. | |||
Herzog Wilhelm Ernst war dem Orte günstig, ertheilte 1685. | |||
Fastnachts-Marckt, und nannte Pizenz in einem Rescripte vom 20[***] | |||
1707. <u>seine gute Stadt</u>. | |||
Der Aufklährung kann sich das Oertchen freylich nicht rühmen, | |||
es ist zu wünschen, daß weiter kein Vernünftiger dieser Stimme G[***] | |||
bevor sie nicht Werck, nicht würckliche Sache wird; allein Wiederwillen [***] | |||
Danck, kann man empfinden, und biß zu einem gewißen Punckte, [***] | |||
auch da, wo dem Pabste und Türcken noch singend geflucht wird. | |||
Dieß, mein ''Hochwürdiger!'' erkühne ich mich, als Mau[rer an] | |||
''Sie' zu schreiben; in ''Ihrem'' treuen, verschloßenen Herzen dieses scia[***] | |||
niederzulegen, und über alles, wozu mich Gefühl für Recht und Billigkeit | |||
so wie verschiedene Stellen unseres Schott. Noviziats berechtigen können auf | |||
Ihre brüderliche Verschwiegenheit zu hoffen. | |||
Zu Dero ferneren Liebe, Vorsorge, und Wohlgewogenheit, empfe[hle ich] | |||
mich angelegenlichst, und habe die Ehre mit ausnehmendster Hochachtung | |||
zu seyn | |||
''Eur. Hochwürden'' | |||
ergebenster Ali | |||
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Latest revision as of 11:13, 18 June 2019
- Metadata: Item:Q3840
- Transcript and Commentary: Olaf Simons (talk) 12:39, 1 May 2019 (CEST)
Commentary
Transcript
Piacentia deb 26. Tir 1155
Hochwürdigster Herr Provincial,
Vortreflichter Her[!] Gönner!
In der ungezweifelten Hofnung, dass Eur. Hochwürd. meine gehorsamste
Zuschrift nebst Reversen und Tabellen vom 20sten[1] dieses richtig zu Händen
gekommen seyn wird, habe ich heute für den Insinuant W.[2] noch besonders die Bitte
beyzufügen, daß, wo möglich, deßen künftige Aufnahme privatim veranstaltet
werden möchte, weil er theils in Rücksicht auf hiesige Gemeinde, theils in Beziehung
auf die dermahlige Crisin bey seiner Beförderungs-Sache, nicht im mindesten als
Maurer bekannt zu werden wünschte.
Diese Besetzungs-Angelegenheit zieht immer mehr die Attention auch
derienigen zu sich hin, die sie weiter nicht intereßiret; ich aber kann mich
selbst noch immer nicht gewöhnen, gegen Cabale überhaupt gleichgiltig zu bleiben,
als die so viel Gutes untergräbt, ob sich schon für die Güte selbst unserem Freunde,
nicht immer Bürge seyn läßt.
So provinziel wir in Pizenz zu leben und zu dencken gewohnt sind, so
entziffern wir doch zuweilen Räthsel.
Dieß Kirmßische Haus[3] verwendet sich offenbahr zu sehr für Herrn Diac.
Schröter,[4] zum Nachtheil des ebenso würdigen Wahls.
a.) Das dem Erstern gegebene Wort für die erste vacante Superintendenten-
Stelle haben wir nicht gehört, und Tradition — wer pflichtet der bey?
b.) Eine zweyte Ursach wird aus der Unterlaßung des einzuholenden Voti
informativi abgeleitet,
c.) und noch eine Dritte, aus dem Charackter unseres Diac. Wahls selbst.
Diese Gründe haben bißher promiscue variirt, und weil sie dies thaten, so erregten
sie Zweifel, und man wurde zu dem 4ten höchstwahrscheinlichen geführt, daß bloß
Herr Schröter vor diesmahl befördert werden sollem um zugleich Herrn C. Aß. Z. soulagiren [?]
Anstoß befördert den Umtrieb, nur habe die Bewegung Spielmann! Fricktion
scadet allzeit dem geriebenen Theile!
Pizenz, ein Städtgen, deren das Herzogthum Weimar mehrere haben solte,
weil hier die Begriffe von Iudication und Frugalität herrschend sind, acqurirte
seine Gerechtsamen iusto titulo; sie wurden gegen 273 Gülden
Jahres-Renten, die es in zweyen Terminen, Walpurgis und Michael, [***]
abführt, und auf verschiedenen Land-Tägen wiederholt bestätigt.
Nie überhob es sich seines Wohlstandes zu iemandes Nachtheile.
Handel, Oeconomie, und Gewerbe, gelangten Theils Einwohnern zu [***]
Vermögen, welches nicht selten durch Heyrath und Erbgang in die Res[idenz]
überfloß, so wie es Fälle gab, wo von dort ais Capitalien hier [ge-]
nommen, und mit Zuziehung hiesiger Communität noch sonst man[cherley]
erreicht wurde.
1773. entlehnte die Fürstl. Cammer 2000. rt. von hiesiger St[adt]
Erkaufung der Schulpforte. 1729 bezahlte die Stadt 1000 Reyß. G[ulden]
für 12. zur Miliz ausgehobene Bürgers-Söhne in die Schatulle. E[***]
borgte der Rath 1200 rt. zur Errichtung der Stadt-Compagnie. [***]
mußten 200 rt. pro confirmatione privilegiorum entrichtet werden.
Herzog Wilhelm Ernst war dem Orte günstig, ertheilte 1685.
Fastnachts-Marckt, und nannte Pizenz in einem Rescripte vom 20[***]
1707. seine gute Stadt.
Der Aufklährung kann sich das Oertchen freylich nicht rühmen,
es ist zu wünschen, daß weiter kein Vernünftiger dieser Stimme G[***]
bevor sie nicht Werck, nicht würckliche Sache wird; allein Wiederwillen [***]
Danck, kann man empfinden, und biß zu einem gewißen Punckte, [***]
auch da, wo dem Pabste und Türcken noch singend geflucht wird.
Dieß, mein Hochwürdiger! erkühne ich mich, als Mau[rer an]
Sie' zu schreiben; in Ihrem treuen, verschloßenen Herzen dieses scia[***]
niederzulegen, und über alles, wozu mich Gefühl für Recht und Billigkeit
so wie verschiedene Stellen unseres Schott. Noviziats berechtigen können auf
Ihre brüderliche Verschwiegenheit zu hoffen.
Zu Dero ferneren Liebe, Vorsorge, und Wohlgewogenheit, empfe[hle ich]
mich angelegenlichst, und habe die Ehre mit ausnehmendster Hochachtung
zu seyn
Eur. Hochwürden
ergebenster Ali
Notes
- ↑ Der Bezug gilt dem Schreiben, das Rudorf tatsächlich auf den 18. datierte Item:Q3839.
- ↑ Anton Wahl Item:Q1283.
- ↑ 1701 kaufte es der herzogliche Amtsschreiber Johann Joachim Kirms Item:Q40192 das Haus in der Jacobstraße, von dem aus unter Carl August die Brüder Karl Kirms Item:Q40190, Sekretär der Geheimen Kanzlei und Franz Item:Q40191, Kammerrat, Innenpolitik betrieben.
- ↑ Johann Samuel Schröter Item:Q38746.