D-Q4132

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Commentary

Transcript

Erlauchter Oberer

Sie schreiben sogar an Ihrem Geburtstag’ an
mich? Größern Beweis Ihrer Freundschafltichen
Teilnehmung konnten Sie mir nicht geben. Heil
dem Tage, in Absicht dessen ich Ihnen zurufe:
Des Himmels Huld sey ferner Dein
Die Vorsicht schütze Dich;
Und künft’ger Liebe würdig seyn
Ist Wunsch und Glück für mich. –
Ja dieser mir heilige Tag kehre oft zurück, brin-
ge Ihnen Nestors Jahre, Gefühl der Stärke und
Schönheit, und der Weisheit Lohn! Sehr, sehr bin ich
Ihnen verbunden, dass Sie meine Lage bis zum
Detail derselben beherzigt haben. Liebe, Wahrheit,
Erfahrung, Klugheit und Scharfsinn, sind charak-
teristische Züges Ihres lieben Schreibens, das ich,
um mich, wo möglich, in Ihren Geist zu setzen, viel- | [<2>]

mal mit entzückendem Vergnügen gelesen habe.
Aber etwas Demüthigung für mich, dünkt mich, find
ich darinn, daß Sie den Mangel meiner Weltklug-
heit rügen, und mir einen kleinen Troz vorzuhalten
scheinen. Weltklugheit bewies ich bey den
bemeldeten Vorgängen wirklich nicht; aber um
nicht wider meine Überzeugung, wider ein ge-
wisses gerades Gefühl von Recht, so die liebe
Mutter Natur meiner Seele eingeprägt hat,
zu handeln. So und nicht anders gehandelt zu
haben, reut mich, ungeachtet dadurch verscherzter
äusserlicher Vorteile, nicht; und gesetzt, ich hätee
geirrt: so war ich doch meiner Empfindung treu.
Troz würd’ es seyn, wenn ich, bey behaglichem
Zustande, mein Vaterland aus der Ursache zu
verlassen gedächte, weil ich nachgesetzt worden
wäre. Allein der Fall ist der: Daß ich schon lange
und wiederholtermassen meine ganze Lage vor-
gestellt, und um Verbesserung der Einkünfte
meines Amts nachgesucht hate; daß man weiß
und überzeugt ist, daß es dergleichen Verbesse-
rung verdiene, und diese doch – nicht erfolgt,
oder nicht erfolgen kann. Selbstliebe und Selbst-
erhaltung sind hier entscheidend; aber natür-
lich ist nicht eher an eine Veränderung wirklich
zu denken, und davon zu reden, als bis ich dazu
sichere und annehmliche Gelegenheit in Händen | [<3>]

Notes