D-Q5051

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  • Aktenbestand: Schwedenkiste Band 11, Dokument SK11-369
  • Standort: GStA PK, Freimaurer, 5.2. G 39 JL. Ernst zum Kompaß, Gotha, Nr. 109. Schwedenkiste.
  • Titel: Quibus Licet
  • Autor: Carl Gotthold Lenz (Justus Lipsius)
  • Ordensdatum: Göttingen, Meh Bahman Jzddrgrd 1156
  • Datum: Göttingen, Februar 1787
  • Querbezüge:


Transkript

Göttingen Meh Bahman Izddrgrd

Sie haben mir, Erlauchter Oberer, in einem Ihren letzten briefe win-
ke über die untersuchung des gebrauchs der blumen und blumen-
Kränze gegeben, die ich gewis nicht unbenutzt lassen werde. Von
sinnlichen vorstellungen gieng doch wol ohne zweifel der gebrauch
bey den sinnlichen menschen aus, eben so wol wie bey unsern kindern,
die ganze tage, ohne lange weile zu haben, sich auf bunten wiesen
mit blumenpflücken, sträuße u[nd] kränze-winden beschäftigen, weil
die bunten, mannichfaltigen farben ihren augen so viel vergnü-
gen machen. Denn der süßeste, balsamischste geruch scheint auf ganz
rohe, sinnliche menschen so wenig eindruck zu machen, als auf
kleine kinder, die dafür noch wenig oder gar keinen sinn haben.
Nur nach und nach, wie man anfieng vergleichungen anzustellen,
und dies ist schon ein werk des geübten verstandes, wie man
anfieng über verschiedne gegenstände zu philosophiren, und
doch keine Sprache für diese philosophie hatte, so wurden die
sinnlichen gegenstände als bilder und Symbole jener ersten
philosophie gebraucht. So wurden blumen bilder des mensch-
lichen lebens, rosen auf grabhügel gepflanzt dienten, allego-
risch den frühzeitigen tod zu bezeichnen. Diesen ursprung
scheinen auch die fabeln vom Narcissus,[1] Hyacinthus[2] u[nd] andern
knaben, die in blumen verwandelt worden, zu haben. Daß
Sie die beobachtungen über die neuerlich entdeckten so genan-
ten wilden völker höchst unphilosophisch nennen, ist, leider!|<2>
von den mehresten wahr, aber einer einschränkung möchte es doch
wohl bedürfen. Die reisebeschreibungen der beyden Forster[3] kann ich
getrost als eine ausnahme anführen. Sie scheinen mir mit so vielem
Scharfsinn, daß das völkerstudium sehr viel gewinnen würde,
wenn mehrere mit den talenten dieser männer ausgerüstet reisen
machten, und uns ihre gelehrten resultate davon mittheilten.
Noch kann ich mich nicht enthalten, Ihnen eine stelle aus einem
briefe meines gelehrten Jenaischen freundes, M. Schmids,[4] mitzu
theilen, die seine bereitwilligkeit in einen O[rden], wie den unsrigen
zu treten an den tag legt u[nd] zugleich ein ehrenvolles geständniß
für diesen O[rden] enthält. Er schreibt: „kein recensent der Schriften ü-
ber den Illuminatenorden hat so enthusiastisch für denselben
gesprochen, als der Nürnbergische.[5] Er sagt ausdrücklich: „es sey
wohl das edelste, ehrwürdigste institut, das je, so lange die
welt steht, errichtet worden“ und wiederholt dergl[eichen] mehrmals.
Es ist schade, daß es nur in Bayern Illuminaten giebt; in einen
solchen orden, wie dieser, würde ich mit tausend freuden treten,
besonders auch wegen der selbst- u[nd] menschenkenntniß, wozu er
nothwendig verhilft. Merkwürdig war mir, was Drexl[6] ein Il-
luminat (in einem aufsatz, der im grauen Ungeheuer steht[7]) sagt:
„dem Orden hab ich die einsicht zu verdanken, daß überall
nichts in der welt schlechthin gut sey, als ein
|<3>
guter wille. „Sollte diese übereinstimmung mit Kants worten[8] zufall
seyn? und wie erfreulich im gegentheil, wenn auch dorthin diese phi-
losophie eindringt, und sogar ordensmaxime ist.“ - So weit Schmid.

Uebrigens danke ich Ihnen, Theuerster Basilius, für Ihre fortdau-
ernde wohlgewogenheit und aufmunternden beyfall, den Sie meinem
kleinen aufsatz[9] zu geben die güte gehabt haben.[10] Ich traue mir wohl
zu, bey mehrerer muse ihm mehr vollkommenheit geben zu können
als es in meiner lage in Jena möglich war, wo ich kaum ein oder
ein paar Stunden auf diese und ähnliche arbeiten verwenden konnte.
Der hauptfehler darin scheint mir der zu seyn, daß sie vorstellungen der
menschen zu verschiedenen zeiten nicht gehörig darin unterschieden
u[nd] bestimmt sind, ein fehler, den ich freilich mit den mehresten alter-
thumsforschern, welche sitten, gebräuche, u[nd] religiöse ideen aller zeiten
durch einander werfen, gemein habe, u[nd] den auch Paschalius[11] im
angeführten chaotischen werke hat zu schulden kommen lassen.
Aber freilich um diese scheidung und auseinandersetzung zu be-
Werkstelligen, müßte man zurück bis zu den ersten ursagen
der geschichten diese ideen verfolgen, und die Spuren davon durch
alle jahrhunderte ausspähen und begleiten, welches aber natür-
lich nicht das werk einiger müßigen augenblicke wäre.
Ich verharre mit innegster hochachtung, Erlauchter Oberer,

Ihr
gehorsamster
Justus Lipsius

Anmerkungen

  1. Fußnote
  2. Fußnote
  3. Fußnote
  4. Gemeint ist der M[agister] Carl Christian Erhard Schmid (1761-1812).
  5. Fußnote
  6. Fußnote
  7. Fußnote
  8. Fußnote
  9. Fußnote Aufsatz identifizieren
  10. Fußnote herauskriegen wo Bode sich äußerte
  11. Fußnote