D-Q992930

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Transcript

Köln-Lindenthal, 7. Juli 1938.


Meine liebe, gute Püppl,

Ich dank´ Dir ganz lieb für Deine nette Teckelkarte,
Deine liebe Karte aus Weimar und für Dein
sooo liebes Briefchen. Bis jetzt ist ja Deine
Schreibtätigkeit zufriedenstellend, aber eigentlich
immer noch zu wenig, denn von so einem ge-
wissen Rabenösken kann man eben nie genug
Post bekommen. Also, mutig! Mutig! Es muss
entschieden mehr geschrieben werden!!!
Dir und Sophie scheint ja das Krokanteis gut ge-
schmeckt zu haben. Die "Unzertrennlichen" sind
einfach entzückend. Über Dein liebes Kärtchen
aus Weimar habe ich mich toll gefreut. Hast Du
denn die Erholung vom anstrengenden Semester
wirklich sooo nötig? Du Tolles!!! Die herzlichen
Grüsse Deiner "Freundin" Titta Fredebölling und
Deines völlig "desinteressierten" Bruders erwiedere
ich herzlichst. Jedenfalls scheinen sich die freund-
schaftlichen Bande zwischen dem Thüringi-
schen bzw. Sächsischen Stamm und dem West-
fälischen kostbaren Erbgut wesentlich fester zu
knüpfen. Westfalen sind eben keine "miseta com-
posita"! Hu! Hu! Ich sehe Dein erzürntes Antlitz.
Nun zu Deinem lieben, lieben Briefchen. Wie ich
aus Deinen Karten und Deinem Briefe sehe, ist

[Seitenwechsel]

Deine Einsamkeit zu meiner grössten Freude nicht
so einsam und trüb, wie ichs erst befürchtete, denn
durch den Besuch Deiner neuesten "Freundin" (lies
Schwägerin) und durch das herzliche Wetter im
schönen Thüringen kommst Du doch, Gott sei Dank,
leichter über die ersten Ferientage hinweg. Für mich
ist das leider alles ganz anders! Allein! Allein!
Daher sind mir Deine lieben Zeilen immer eine
helle Freude und wenn ich an Dich denke, vergesse
ich meine Einsamkeit etwas. Dienstag Abend
nachdem ich Deinen Brief eingesteckt hatte, bin
ich um 1/2 9 h schon ins Bett. Ich habe noch viel
an Dich gedacht und mich an manch Herrliches
in verflossenen Semester erinnert. Doch
von Müdigkeit schlief ich bald ein, da man ja
nun aus den letzten Tagen doch noch einigen
Schlaf nachzuholen hatte. Voll Freude fand ich
Mittwoch Morgen Dein Teckelkärtchen. Mittags
bin ich dann um 1/2 3h zu Brenners, wo ich Al-
fred und v. Dreden traf. Mit Alfred bin ich
dann zur Tierschau des Cirkus Krone gefahren u.
von da zum Krützchen und dann zu Kolter.
Um 1/2 8 h war ich aber schon wieder zu Hause
und hinein in dasselbe. Jetzt ist man all-
mählich mit dem Schlaf wieder bei. Als ich
heute Mittag heimkam fand Deinen Brief u.
Karte vor. Ich konnte natürlich nicht umhin,
selbige noch in der Uni zu beantworten, zumal
ich ja heute bei Dr. Bauwens eingeladen bin.

[Seitenwechsel]

Püppsch, ich hab Dich ja soooooo lieb, Du Fatanate!
Vater scheint ja Dich und Deine Wangen sehr zu
lieben. Wie hast Du Dich denn verabschiedet? Hast
vielleicht "Schwiegerpapa" oder Vater gesagt? Ich
find´s jedenfalls entzückend, dass er Dich so gern
mag. Die Einladung musst Du auf jeden Fall
verwirklichen, ich freu´ mich schon drauf. Die
Sache mit Deiner neuen "Freundin" finde ich ent-
zückend. Die notwendige Vorraussetzung war doch
wohl, dass Du Dich gleich nach Vorstellung mit
ihr duzen musstest, um den Schein zu wahren,
oder? Ich finde es herrlich, dass auch Ihr Euch
alle so gut versteht und das die neue und
frische Schwägerin ein so netter Kerl ist.
Was hast Du denn von Paderborn alles erzählt?
Hoffentlich haste Dich verraten, dass es bereits der
3. Besuch war und dass Dein Schwiegervater Dich
schon herrzlich geküsst hat!?!?
Mein Gutes, da ich jetzt heim muss, um
mich umzuziehen, schliesse ich für heute.
Auf den Rest Deines Briefes komme ich
morgen gern zurück.
Ich grüsse und küsse Dich ganz, ganz lieb
und bin immer Dein (Paul) Piet (geändert, Köln, 13.7.38 (Kaffee Bremer, L´thal))

Recht liebe Grüsse auch an Vater und Mutter
und Deine Geschwister und an das prächtige
Westfalenmädchen, was Deine "Freundin" ist.

Ein ganz liebes Küsschen von
Deinem Teddybär