D-Q992984

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Transcript


Landsberg, 28.1.1928

Hochverehrtes, gnädiges Fräulein !

Nachträglich muß ich Sie um Verzeihung
bitten, daß ich gestern meiner Stim-
mung so sehr nach gab, daß ich nicht mehr
genügend Herr meiner selbst u. der
Situation war, um Ihnen das zu sa-
gen, was ich nun in mangelhafter
Weise schriftlich nachholen muß.

Der Abend hätte noch irgend einen
logischen Abschluß erfordert, aber ich war
zu zerstreut u. unfähig, ihn in der
richtigen Weise geben zu können.
Erfahrungsgemäß trifft man in sei-
ner örtlich näheren Umgebung zu
wenig Menschen, mit denen man
irgend etwas gemeinsam zu ha-
ben glaubt, um sich mit gutem

[Seitenwechsel]

Gewissen den Luxus leisten zu kön-
nen, nur für einen Abendmit
ihnen in Berührung gestanden zu
sein. Wenn Sie den gleichen Stand-
punkt vertreten, so könnten wir
beide wohl versuchen in Verbindung
zu bleiben um der Möglichkeit
willen, später vielleicht einmal Ka-
meraden zu werden, die in voller
Freiheit der Persönlichkeit sich das zu ge-
ben versuchen, was für jeder von bei-
den nur Gewinn u. schöne Bereicher-
ung sein kann.

Ich erlaube mir Ihre Antwort zu
erhoffen u. bin
mit herzlichem Gruß
Ihr stets ergebener
Helmut Staedke