D-Q4514

From FactGrid
Revision as of 21:06, 18 July 2019 by Olaf Simons (talk | contribs) (→‎Transcript)
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)
Jump to navigation Jump to search

Commentary

Transcript

Um das Ganze meiner Lage beurtheilen zu können, ist es
erforderlich eine Art von Lebensbeschreibung zu entwerfen,
in welcher ich freylich nur HauptSachen anführe, doch aber
beweisen, wie ich vom Schiksahl als ein Ball hin und her
geworfen bin.

Mein ältester, bereits verstorbner Bruder, hatte sich samt
mir, den Zahlen gewidmet und [***] genoßen das Glük in
die Hände eines Mannes zu fallen, der uns die besten Unter-
weisungen und Anleitungen gab, uns aber in denen Jahren
vom Tode entrißen wurde, als mein Bruder in eine höhere
Laufbahn [***] hiesige Collegium :| versagt wurde. Ich sezte
meine Übungen in der öfentlichen Schulen fort. Ein [***]mischer
von meinem verewigten Vater, mit unzähligen Wohlthaten
überhäufter und aus dem Staube hervorgezogner Mann, sahe
meinem Fortschritte mit neidischen Augen an, glaubte ich würde
ihm in der Folge seinen vorgesezten, schon lange angelegten Plan
in die Stelle seines Wohlthäters zu rücken, vereiteln. Und
da er einer der feinsten und ausgelerntesten Bösewichter war,
welcher jemals auf der Oberfläche des Erdbodens dagewesen seyn
mag: so hatte er sich so zu anschmeicheln gewußt, daß er meine
Eltern zu allen was er wolte, zu bewegen im Stande war.

In meiner Sache schlug er vor; daß es in Hinsicht meines
künftigen Glücks und meines Vaters eignen besten, eine Stüze
im Alter zu haben, seinen Sohn entweder bey seinen Lebzeiten
versorgt, oder sich ihm gar zum Nachfolger gesezt zu sehen, am
besten gethan seyn würde, wenn ich von dem von meinen Bruder
gleichfals gewählten Fach abginge und da das jenem anvertraute
Geschäft, durchaus einen Handlungs Verständigen haben müßte,
so würde es sehr gut seyn, wenn ich selbige Ordnungsmäßig
erlernte. Man fing an mir die Vortheile dieser Sache herauszu-
streichen und siegte endlich über meine Entschloßenheit, meinem Vor-
säzen getreu zu bleiben, durch die Ausstellungen der blendensten
Seiten. Ich hatte derzeit 14 Jahre erreicht, hatte also nicht Stand-
haftigkeit genug, das angefangen auszuführen. Ein Theil meiner
den Wißen Schul Wißenschaften gewidmeten Stunden, mußten zu|<2>
dem neuen Fache angewendet werden und nur mit vieler Mühe
konte ich's nur dahin bringen, den öfentlichen Lehrstunden bey
wohnen zu dürfen. Dieser mein Fleiß misfiel jenen Bösewicht
und mich dieser Laufbahn zu entreißen wuste ers wieder
so umzuleiten, daß ich um mir vorläufige Handlungskenntniße
zu beschaffen, auf ein Jahr nach Bremen, zu einen angesehenen
Kaufmann, meinen Anverwandten in die Kost gethan wurde;
weil mich jener dorthin führte, hatte er diesen den geheimen Auf-
trag gegeben, mich von den Büchern und Wißenschaften zu ent-
fernen, weil der Wille meines Vaters sey, mich der Handlung
zu widmen. In seinen 14tägigen Aufenthalt wurde bemühte er
sich meine Stunden zwischen dem Comtoir meines Verwandten auf den
Rechen und Schreib Meister zu vertheilen. Nach seiner Abreise
wurde dieser Plan geändert, mein Vetter ein sehr vernünftiger
Mann, an den ich ohne gefühlte Dankbarkeit nie denke, sagte mir in Vertrauen
den erhaltnen Auftrag, misbilligte ihn und behauptete ein junger
Mensch könte nicht zuviel lernen. Als 15jähriger Knabe konte
ich die Feinheit des oben erwähnten ange[***] Plans nicht ausdenken. Die
Stunden wurden geändert, die des Comtoirs, wurden die der theils
Privat Unterrichtung, theils der öfentlichen Schulen. Dieses
wurde ausgeführet, weil Schul Gelder berechnet wurden und der
Mann behauptete: ich habe keine Lust zur Handlung. Ehe das dritte
viertel Jahr geendigt war, wurde ich zurükgerufen und nun
wolte jener sich seiner Stelle versichern, und mich auf immer
entfernen. Er benuzte meinen natürlichen Trieb zur Oeconomie
triebs so weit, daß ich zur Landwirthschaft genommen wer[den]
solte. Anfangs nach meiner Zurükkunft von Bremen wuste man
mich nicht zu beschäftigen, und in die öfentl. Lehr Stunden solte [ich]
nicht gehen. Man sezte mich zum Abschreiben aufs [***] Comtoir an, sa[h]
aber entweder, daß es nicht fort wolte, oder jener fürchtete sich, [***]
gestochen und der Plan verdorben zu sehen. Jener Weg wurde
also vorgeschlagen und ich bekam für die Einwilligung, die Erlau[bnis]|<3>
bis dahin, da man einen geschikten Land Mann für mich aus
gefunden hätte, das Collegium besuchen zu dürfen. Hier war es
nötig, daß ich aus der ersten öfentlichen Classe dahin versezt wurde;
ich hatte sie in Bremen bereits besucht und nach Verlauf eines
halben Jahres wurde ich für tüchtig erklärt, jenes Collegium
besuchen zu können. Mein Bruder ging zu eben der Zeit nach
Halle. Nun war ich wieder zu meinem Fache gekommen und
ließ mich, da ich einmahl Fuß gefaßt, nicht weiter irre
führen und dies behauptete ich auch, bis ich nach Helmstedt ge-
reiset war. Meine Lehrer haben sich nie über mich beklagt.

Von dieser Zeit fängt sich eine merkwürdige Periode an.

Es waren kaum drey vierteljahr meines Aufenthalts verstrichen,
als ich den ohnerwarteten Auftrag erhielt, während den Meß-
terien nach Hause zu kommen. Dies geschahe und man eröfnete mir,
daß es der damalige Minister für gut befände, daß ich das Eisen Hütten
Werk zu lernen und hätte mich sogleich bereit halten solte, die mir
bereits ausgemachte Stelle einzunehmen, und mein wöchentlichen
Gehalt von 2 1/2 Thl. vom Tage meiner Abreise an, zu haben. Durch
diesen Plan glaubt jener Bösewicht, mich völlig von H. zu ent-
fernen, denn er war schon gewöhnet, daß ich jede Sache, wenn ich sie
ergreif, mit Fleiß angreif und nie ermüdete. Nun muste ich
mein Studiren aufgeben und mit gröster Mühe verrichtete ich
meinen die Erfüllung meiner Bitten, bis Ostern in H. zu ver-
bleiben. Bald nachher reisete nach dem Haarze ab. Zu Aus
schweifungen nie gewöhnet, hielt ich dort und zwar an verschiednen
Orten 5 Jahre aus, die mir bey meinen mäßigen Gehalt, da
ich 2 Thl. wöchentliches Kopf Geld und Abzugs Gelder geben muste,
wie der Himmel weiß, herzlich sauer wurden. Hier legte ich
mich mit allen Kräften auf die [***] der [***] Wißenschaften,
und um jeden Arbeiter übersehen und beurtheilen zu können,
ging ich die Stuffen von unten hinauf durch. Nach Verlauf von
3/4 Jahren, war ich vom Bergmanns Lehrling, Gesellen, Bergmann und|<4>
Steiger, zum Geschw[***] Dienst gekommen (Um alles auf die
bey jeder Arbeit verhaltende Schlichte zu erlernen, muste ich [***]
beträchtliches meines Nebenverdienstes, denn Gehalt konte ich
nicht rechnen, so wie auch in der Folge bey den andern [***]
zu sagen und dieses verdiente ich, mit so viel Lebens Gefahr
durch die Zureitung junger Pferde.) — Die Markscheide Kunst
konte ich wegen Mangel eines Meisters nicht lernen. Im gan[zen]
Fünf Jahre lernte ich bey der Forstwißenschaft, die Kohlenbren-
nerey vom Schlittenlader bis zum Meisterknecht, welches
ich im dritten Jahre bis zum Meister fortsezte. Die beyden
Winter hindurch lernte ich vom Sortiren der Sehe an, wie denn
hierauf die Stuffen bis zum Schmelzer, vom [***]ücher, zum Aufgeb[***]
und hohen Ofens Lehrjungen fortlaufen, so ging ich auch diese
den ersten Winter durch und trat den folgenden als 2ter Knecht an
und endigte bey Ausblasen der Ofen als Meister. Nach der
lezten Köhler Arbeit lernte ich das Eisen Schmelzen, als Lehr
Bursche in den Hammer Hütten, bis ich es denn wieder nach Ver-
lauf 1 Jahres zum Knecht und Meister brachte. Um diese
Zeit, da ich 3 hohe Ofen von Grund aus kennen ließ (die bis
vor 2 Jahren aushielten und ich [***] Zeit voraus anführte und
woselbst nun izt alles mit Schaden getrieben wird, weil keiner
der Bediente die Grund Wißenschaften besizt) bekam ich meine
erste Vocation ins Sächsische, die ich ausschlug, weil ich derzeit den
Plan, als Hütten Bedienter in jener Wüste zu bleiben, angelegt hatte.

Hier arbeitete ich mit nüzlicher Thätigkeit ununterbrochen, lies
mirs nie einfallen, nach B. zurükzugehen, sondern sehnte [***]
für meine äuserst sauren Dienste, wo[***] ich einen Theil meiner
Gesundheit durch die viele Feuer Arbeit zugesezt hatte, nach einer
Besoldungszulage, besorgte als Rechnungsführer meine Dienste
und als der erste Bediente starb, bekam ich die Direction [***]
Wercke — aber keine Zulage — Nach Verlauf eines Jahres
wurde der Bösewicht, der an so mancher Veränderung meines
Schiksahls Schuld war, weil er seinen alten Wohlthäter ver[***]|<5>
und sich in die Stelle schmiegen und mich auf einmahl unter die
Füße bringen wolte, seiner Bosheiten überführt, abgesezt und ins
Gefängniße gesezt. Von der Untersuchung, dem Urtheile u.d.w.
wuste ich in meiner Einsamkeit nichts, lebte ruhig und wartete
auf glüklichere Zeiten, zum Besten meiner Finanzen. Wieder
alles Vermuthen bestimmte mich ein herrschaftl Befehl, nach
sofort abzuschließenden Rechnungen, zum Gehülfen meines Vaters
und ich bekam für diese Versezung — — nichts, nicht ein
mahl behielt ich meine bisherige Besoldung.

Wider ein neues Fach, das einstudirt werden mußte, dies
geschah in Hofnung einer Succesion — nach 3 Jahren
bekam ich, der ich nun eigentlich nichts war, eine 2te Vocation
nach Sachsen, die ich dem H. überreichte und [***] das Patent
eines V.[***] und 400Thl. Gehalt bekam, unter welchen 200Thl
begriffen waren, welche mir mein Vater von seiner Besoldung
abgeben mußte. — Durch das neue Regierungs System hatte
sich jener mehr erwähnte Bösewicht, meistens durch Ränke und
Kriechen wider in Dienste geschwungen; er bekam die Revision
meines Vaters 30jähr: nicht [***] um Ablegen zu bringende [***]
dieser war alt und meist bettlägrig, auch diese saure Arbeit
war mir aufgehoben. Hier hatte ich bloß mit Chicane zu streiten
und fing nun an die [***] Monita zu beantworten,
wovon die Rechnungen 10 Jahre vor meiner Geburth gemacht
waren. Ich kam glüklich durch und dieses Geschäft sowohl,
als meine würklichen BerufsGeschäfte, raubten mir die Zeit
mich um meine mit so vieler Mühe erlernten Hütten Wißen-
schaften, weiter zu bemühen. So lebe ich seit 14 Jahren und
so wie ich seit Anfange dieser Zeit schwieg, daß ich dermahlen Kent-
niße hatte, so schweige ich auch izt, denn — ich glaube, ich habe alles
vergessen und meine Seele beschäftigt sich mit nichts weitern
als — Handlung und Rechnungsführen.

Notes