D-Q5591
- Item:Q5591 (SK12-a103)
- Datum: August 1785?
- Antwort auf: 1785-06-29 Becker (Henricus Stephanus): QL: Judentum; SK11-527
- Transkript: Christian Wirkner
Commentary
Zu Beckers Gedanken über die Umwandlung des Judentums in eine Vernunft-Religion mit Hilfe eines Geheimbunds
Ablehnung: Die Aufnahme von Juden würde die Arbeit des Ordens gefährden
Transcript
An Heinricus Stephanus zu Syracus
auf deßen Primo von 29ten Chordat 1155.
Ihren innren Eyfer gutes zu wirken, von dem Sie, lieber Bruder, dem
Orden schon öftere sehr erfreuliche Beweise gaben, verkennen wir auch in
diesen Ihren Primo nicht. Der Wunsch, eine ganze Nation von Joch einer
.#sischen Gesezgebung befreyen, und sie dadurch Moralisch beser und glücklicher
machen zu können, ist dieses Eyfers vorzüglich werth. Aber der Grund
auf den Ihre Hofnung beruht, ist nicht sicher genug: und der Erfüllung derselben
stehen Schwierigkeiten entgegen, die von Ihnen in dem Augenblik, da Sie die
Idee faßten und den Gedanken an dem Glücklichen Erfolg derselben Sie begeistert
hatte, wie es scheint ganz übersehen wurden. Wir geben Ihnen über beydes
nur einen Wink und erwarten dann wenn Sie den Vorschlag für aus-
führbar halten, die umständlichere entwiklung desselben nächstens.
1. Der Grundsaz des seeligen Mendelsohns, den Sie anführen
,,daß die jüdische Nation keine Göttlich geofenbahrte politische
,,Religion, sondern bloß geofenbahrte politische und civil
,,Geseze habe, welche auf die Erhaltung der einen natürlichen
,,Religion abzielten.
ist eine künstlich aufgestellte aber wenig haltbare Idee, der er bedurfte,
um nicht bey seinen Äußerungen über Christenthum und besonders
über Christliche Symbole und deren unzuläßigkeit, aus seiner eigenen
Religion wiederlegungen befürchten zu dürfen. Religion und
bürgerliche Gesezgebung sind in Mosis System so unzertrenlich mit
einander verbunden, daß entweder beyde oder keiner von beyden
als Gottliche ofenbahrung anerkannt werden müße. Aus einer
Quelle floßen sie beyde; sey jene Quelle geweßen welche da wolle.
Und eine natürliche Religion heißt diese Mosis-Religion, doch wohl nur sehr
uneigentlich und nur mir einschränkung auf ein Pars dem ## und
Bilderdienst der damahlichen Zeit entgegen gestellten einzelnen Grundsäzen, Einen
Gott bethe an und von diesen Einen Gotte mache dir kein Bild
II. Die jüdische Nation durch eine geheime Gesellschaft dahin vorzubereiten, daß sie
sich von jenen politischen Gesezen dispensiren und si einen Cult einer Ver-
nunft-Religion unter sich einführen, dürfte sehr schwer fallen.
1) Jene Politischen-Geseze sind gerade bey dieser Nation mehr als bey
irgend einer andern, so inigst mit Religion verwebt, so tief auf
Religion gegründet, daß unmöglich eine Absagung von ihnen bewirkt
werden könnte, ohne zugleich die Autorität des ganzen Gesezbuchs
zu schwächen, und so auf die in ihm aufgestellten Wahrheiten der reinen
Vernunft Religion für den grosen Haufen sehr ## zu machen.|
2) Reine vernunft Religion kann ihrer Natur nach, zu allen Zeiten
nur das Loos einzelner vorzüglich organisierter und gebildeter
Menschen seyn; schwerlich aber jemahls der Glaube eines ganzen
Volkes werden. So sehr es also würdiger Zweck einer geheimen
Gesellschaft ist, die beßere Bearbeitung der Vernunftreligion
auf alle Art zu befördern, und guten Köpfen den Übergang zu
derselben, auf ein für ihre Moralität nicht nachtheilige Art, zu er-
leichtern, so wenig überlegt würde sie handeln, wenn sie sichs je inne-
halten laßen könnte, eine Vernunftreligion zur Religion des
grosen Haufens zu machen, da dieser zum #thigen Ausdauern
im Guten und zum gedultigen Ertragen der Lasten des Lebens,
des Glaubens an Ofenbahrung unausbleiblich bedarf.
3) Und wie dächten Sie daß wir als geheime Gesellschaft
diese Wirkung auf die Jüdische-Nation hervorbringen solten.
Die beßern und aufgeklärtern Juden in unserm geheimen
Bund selbst aufzunehmen, wäre hierzu freylich das wirksamste
Mittel, aber ein Mittel das von hundert andern Seiten den
glücklichen Fortgang unsrer ganzen Arbeit durchaus nachtheilig
werden würde.
In der Versammlung der Obern.