D-Q3640

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Commentary

Transcript

Hochzuverehrender ⊙Bruder!

ich bin sehr verbunden für die gütige u. weitere Besor-
gung meiner Bitte u. anfrage, die ich Ew. Wohlgeb. zum
besten einer Familie mitgetheilet habe, u. worauf ich
wünschte, daß einmal zuverläßige antwort erfolgen
mögte. — Bayard[1] ist noch in Edessa,[2] u. deswegen habe
ich dero Schreiben auf der stelle an ihn nach Edessa geschikt[.]

— Worüber das lebhafte misverständniß zwischen Philo[3]
und Bayard eigentlich entstanden, kann ich nicht sagen; aber
so viel ist gewiß, daß der Streit beigelegt, Philo dem
Bayard seine ⊙papiere zurückgesandt, u. Bayard einen Schein
von sich gegeben, daß er diese papiere erhalten, izo befrie-
diget sey, u. so lange schweigen werde, bis er sich etwa
genöthiget sehe (durch allerhand ausgebreitete gerüchte

oder dergleichen) den wahren Gang der ganzen Sache mit
urkunden belegt zu entdecken.
ich selbsten war in so
weit der mittelsmann, daß ich dem Bayard das paquet
papiere u. Briefe übergab, u. Bayard mir den revers zur einhän-
digung an philo zustellte; nicht weiter, u. weiter würde
ich mich auch in diesen Streit nicht einlassen.|<2>

Wie wir ⊙Brüder in der pfalz über philo denken, und
denken müssen, habe ich in einem ausführlichen Schreiben den Erl.
Oberen vorgelegt. Der mann, der in einer ordentlich u. regelmäßig
angebauten praefectur, aus caprice oder etwas ärgerem profane[4]
gegen und ohne revers aufnimmt, vom 1ten bis zum 6ten hefft ihnen
zum lesen zustellet, alle unsere ⊙brüder in dieser stadt ohne
den geringsten nutzen bei profanen mit namen nennet, unsern
⊙ der gefärlichkeit u. des Jesuitismus beschuldiget, sich alles
gegen uns erlaubet, ist uns kein philo, kein ⊙bruder, sondern
ein pseudophilo, ein afterbruder; mit dem wollen wir in
keiner ferneren Gemeinschaft stehen, noch ihm das geringste
Zutrauen beweisen; dies ist unser aller fester, männlicher
reif erwogener Entschluß, u. davon können u. wollen wir
nicht abgehen; wie er durch seine Schritte in ganz unnöthige
verdrüßlichkeiten hineinwickele, davon haben wir aktenmä-
ßige belege; u. wie er sich herauswickele, wenigstens
herauszuwickeln hofte, auch davon haben wir belege, u.
also sind wir von beiden Seiten gesichert, u. sattsam
belehret. Gründe, bitten, vorstellungen, freündschaftliche
Erinnerungen, alles ist versuchet worden, u. alles vergebens.
Nachgiebigkeit, Güte, Liebe machet ihn kühner, ver-
wegener, unternehmender; aber männlicher, fester,
unerschütterlicher widerstand, das ist es, dem er nicht
gewachsen ist; furcht ist die einzige Leidenschafft, die
zugang zu seiner Seelen findet, u. wodurch man auf|<3>
ihn wirken kann; mit dem sichersten erfolg für seine wahre
reife u. anderer Sicherheit wirken kann. Auch philo hat mich
dem ⊙ zugeführet, aber dies kan mich nicht bewegen endlich seine
irrige grundsätze u. verkehrte masregeln zu verwerfen u. zu
misbilligen. ich bin izt durch eine solchen reihe von thatsachen
zu seinem nachtheil belehrt u. überzeügt, daß ich in meinem
ganzen leben keinen ferneren Beweiß bedarf noch begehre,
ihm meine Geringachtung weder bergen kann noch bergen werde.
Er hat sich oftmals durch mündliche u. schriftliche erzelung
seiner Lagen, seiner übereilungen, anderer hitze u. Angriff eines [?]
brennen [?] wollen, aber es ist ihm bei mir nie gelungen. ich
hatte zu früh proben, wie viel er bei all seinen naiven u.
wizigen darstellungen von ⊙auftritte falsches Licht hinein-
bringet, wahre züge verschweiget, ungeschehene erdichtet
geschehene verschiebet u. an anderen Stellen rücket d[***][5]
lächerliche aufsuchet, das schwache u. im vorbeigehen ge[***]
relevirt u. erhebet, die fragpunkten verändert, dem wicht[igsten]
ausweichet, auf unbedeütende appuirt, und so vielleicht sich
selbsten, wenigstens andere blendet u. hintergehet, daß
er bei mir sehr frühe am glauben verloren hat, u. izt keinen
glauben mehr finden würde, wenn er ich weiß nicht was mir
hinterbringen würde. Der Mann ist schädlich u. gefärlich, aber
mir gar nicht fürchterlich, dies muß ich Ew. wolgeb. ganz
gerade u. ungekünstelt gestehen. Verzeihen Sie, daß ich
so weitschweifig zu schreiben scheinen, aber über philo schreiben,
kann man nicht wol mit wenigem. Leben Sie wol, heiter,
und herzlich geliebt von

Ew. wolgeboren
treü ergebensten Epictet

Utica. d. 30. apr. 1154.

Notes

  1. Christian Wilhelm von dem Bussche Item:Q188.
  2. Frankfurt am Main Item:Q10353
  3. Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr von Knigge Item:Q595
  4. i.e. non-masons
  5. Part of the paper is torn out here and in the following line.