D-Q3827

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Transcript

Hochwohlgeohrner Herr,
Vortreflichster Herr Oberster und Cammerherr!


Es ist in allem Betracht Angelegenheit meines Herzens, Theuerster Herr
Oberster! wenn ich Sie dermahlen in Ihren ländlichen Freuden aufsuche.

Söhne dancken an ihre Väter, und kümmert erstere Etwas, so eilen
sie und sagens dem Vater.

So, mein Gnädiger! lege ich Ihnen dasjenige, was als bloßer
Wunsch ehedem, um durch einen günstigen Zufall würcklicher Vorsatz bey
mir geworden ist, mit Zuversicht vor.

Ich habe mich nehmlich entschloßen, noch vor Winters in mein
Vaterland nach Buttstädt, wo mir meine ehemalige achtzehniährige Woh-
nung ohnlängst durch Erbschaft zugefallen ist, mit Beybehaltung der
O. Arbeiten[1] für Sr. Herzogl. Durchl. und unter völligem Accrochement
an das System, auch mit dem Erbiethen, dem dem Hochw. Provinz. in Weimar[2]
in ähnlichen Geschäften an die Hand zu gehen, wider zurück zu kehren.|<2>

Die Gründe, die mich hierzu bewegen, liegen theils in hiesigen localen
Umständen, andere in vieljähriger Gewohnheit, andere so gar auch in der
Vernunft der Religion. Ich will es versuchen, die vorzüglichsten davon
in nachstehender Periode kürtzlich zusammen zu faßen.

Wenn eine einzelne Person 30. rthl. iährlich vor ein Obdach entrichtet
so will ich weiter nicht bestimmen, ob dieß für den Geber oder den Nehmer
mehr sündlich ist. In meinem eigenen Hauße werde ich das ganze Jahr
7. biß 8. fl. [Währungszeichen][3] gewöhnlichen Oneribus zu entrichten habe, und davor ist
es mir erlaubt, weit freyer zu athmen; den Kapital allem zu führen;
Geschäfte ohne tausenderley Rücksicht auf Mitgenoßen, Gesinde oder Wirth,
zur Hand zu nehmen; mein Bißgen Industriegeist, wieder zu erwecken
der hier, biß zur Verantwortung vor Gott, begraben lag; mit dem Em-
pfangenen zu wuchern, und noch Salomos Ausspruch: es ist nichts Beßer
denn daß ein Mensch fröhlig sey über seiner Arbeit, besonders durch nachdenckende
Bemühung für das System, mich dieser ehrwürdigen Verbindung mehr
und mehr zu empfehlen.

Es wäre leicht, Ihnen mein Theuerster! noch viele, obschon geringe
Bewegursachen, die jedoch zusammengenommen für mich gewiß schon
beträchtlich sind, aus meiner häußlichen, unwirthlichen, studentenmäßigen|<3>
bloß paßiven ökonomischen Lage aus unvermeidlichsten Diät aus
fürchterlicher Einsamkeit am fremden Ort, gänzlich entbehrtem Umgang
mit paßenden Menschen, aus Mangel an Trost und Rath bey kleinen
Vorfällen, wo die angemaßte Treue gewöhnlich das andere Auge auf
unseren Geldbeutel gerichtet hat, (alles Leiden! gegen die man eines
ganz eigenen Schutzgeistes bedarf,) hier anzugeben; allein
der Weise darf den Umriß gesehen haben, um daraus aufs Innre der
Sachen weiter zu schließen.

Sollten inzwischen diese angezogenen Gründe meiner Entschließung
nicht sämtlich den vermuthete Beyfall finden, so findet ihn doch der
am wenigsten, wenn man sagt, oder gesagt hat, als sey ich von Liebe,
von Heyrathsideen angesteckt, welcher Gedancke, als weder meine
beßere Vernunft, Jahre, und Vermögensumstände streitend, eigentliche
Beleidigung und Machination wieder meine reineren Absichten ist.

Diese reineren Absichten, werde ich kein Bedencken tragen, ehestens
Sr. Herzogl. Durchl. unterthänigst vorzulegen, und Deßen gnädigsten
Gesinnungen das Fernere anheim zu stellen. Ich bin zeitlebens

Eur. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener
Friedrich Christian Rudorf

Gotha
den 31. Aug. 1784.

Notes

  1. Aufzulösen: Ordens-Arbeiten
  2. Aufzulösen: dem Hochwürdigen Provinzial in Weimar, i.e. Bode Item:Q133.
  3. Gulden in der Regel zu 2/3 des Thaler Wertes.