D-Q3829

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Commentary

Transcript

Hochwohlgebohrner Herr,
Hochgeehrtester Herr Hof- und Legationst-Rath!

Beyliegenes Ordens-Kalendarium kann sich Eu. Hochwohlgeb-
weiter nicht empfehlen, als in so fern es ein Beweiß meines
Ihnen ergebenen Herzens ist.

Ich habe noch ein gleiches Exemplar im Zuschnitt, und
dächten Sie, daß Herr Präsident von Göthe,[1] oder selbst der
Durchl. Herzog, mein Gnädigster Landesvater,[2] es nicht verschmähten,
so würde ich es auf Dero gütiges Anrathen, mit oder ohne
Schreiben, ebenfallß verabfolgen laßen, um vielleicht eine
Unterstützung von 4, Klaftern hartem Holz, und statt der
Braufreyheit lieber 10. Scheffel Korn, welche beyde Artickel
vor Frost und Hunger schützen, und im Amte Hardisleben[3]|<2>
1. Stunde von Buttstädt, immer on Menge vorräthig sind,
desto eher in Gang zu bringen.

Denn glauben Sie mir, Sie, theuerster Herr Hofrath! meine Auswen-
dung nach Gotha, wohin ich so unbedingt folgte, — wo ich mich
ganz nach den Gesinnungen meines Durchl. Herrn Herzogs
richte, — tausend Unannehmlichkeiten, besonders auch die einer
öffentlichen Erniedrigung unter alle Claßen hiesiger Dienerschaft,
ertragen mußte, ohne mehr als bloße Zufriedenheit mit meinem
Verhalten zu bemercken, wird mir nur allein durch Dero hohe,
gütige Vorsprache in Weimar, einigermaßen wieder vergütet
werden können.

Es ist wahr der Gedancke: Verdienst ums Vaterland, gehört
eben so wenig für mich, als noch für hundert andere; allein, was
hat denn noch andere hundert berechtigt, Versorgungen, Titel und
Ehrenstellen, allein in Beschlag zu nehmen, und sich nicht selten
durch feine Räncke emporzuschwingen? Gewiß ein Mißbrauch,
der in dem deutschen Zuschauer[4] die erste nachdrückliche Geiselung
verdient! Ihm zur Seite soll der Plan zu einer, nach distributiver|<3>
Gerechtigkeit eingerichteten Versorgungs-Anstalt der Studirten[5]
seinen Platz finden.

Vor izt beruhigt mich theils Hochderoselben mündlich ohnlängst
geäußerte gütige Theilnehmung an meinen Umständen, theils
eine Stelle eines Ihrer geehrtesten Briefe vom 28sten May
vorigen Jahres, wo Sie mich versichern, dazu beyzutragen, mein
Leben so glücklich zu machen, als möglich. Auf dieses tröstliche
Versprechen, gründe ich meine gegenwärtigen Hoffnungen, und
keine wird von Ihnen erfüllt, daß ich nicht Zeitlebens mit
ausnehmendster danckbarster Hochachtung dafür seyn sollte

Eur. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener
Friedrich Christian Rudorf.

Gotha
den 15.den Febr.
1785

Notes

  1. Johann Wolfgang von Goethe Item:Q409
  2. Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach Item:Q979, Rudorf bleibt in Buttstädt beheimatet und somit Landeskind Weimars.
  3. Aus dem etwa 4 km nördlich von Buttstädt gelegenen Hofgut von Hardisleben Item:Q10304.
  4. Von P. A. Winkopp herausgegeben: Der Deutsche Zuschauer. Heft 1 der sich der Aufdeckung skandalöser Verhältnisse verschreibenden Publikation kam im Februar 1785 frisch heraus (Google Books Digitalisat der 2. Auflage November 1785) und wird in der März-Nummer der Allgemeinen Literaturzeitschrift besprochen ThuLB Digitalisat
  5. Das Thema beschäftigte Rudorf ausführlich in seiner Schrift Was müßte ein Volks-Lehrer nicht erst selbst wißen? am 16. August 1784. Item:Q6684