D-Q4125

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Commentary

Transcript

R. AEMILIO S.P.D. Ulpianus.

Schade für mich, daß Ew. Wohlgeb. neulicher kurzer
Auffenthalt alhier meinen Wunsch, mich dero daseyns
zu erfreuen, vereitelt hat. Seit dem ich das Glück
habe mit Ew. Wohlgeb. verbunden zu seyn, hege ich
warme Hochachtung und Freundschaft für Dieselben, und
natürlich also buhle ich um die wollustvollen Empfindun-
gen, die dero Unterhaltung in mir rege macht. Jenes
Versprechen, daß Ihr Herz und Mund mir dahin mach-
ten, daß Sie Sich bey dero Anherokunft mir auf einige
Stunden schenken wollten, beseelte meine Einbildungs-
kraft mit süssen Freuden, ich zälte die Tage, prieß
den, der mir Genuß gewähren würde, leide! aber
giengen Ew. Wolgeb. hier durch, ohne es mir wissen
zu lassen. Freilich hingen Sie von den fatalen Um-
ständen ab, die meine Hofnung täuschten; aber
so wenig ich Ihnen auch diß mein Mißgeschick zurech-
nen kann, so wenig kann ich die Selbstliebe, wenn
sie sich sonst gleich bey mir in einen kleinen Zirkel
einschließt, nach denen Begriffen, womit ich meinen
Kopf von Klagen ad interesse oder in Factum ge-
schwängert habe, von dem Vorsatze abhalten, den ich | [<2>]
unwiederruflich zu meiner Schadloshaltung ge-
widmet habe. Sie mögen immerhin über diesen
Eigennutz erstaunen, wenn Sie mir nur erlauben
bey gegenwärtiger Muße meinen Regreß an#
nen nehmen zu dürfen. Aber zum voraus ers[uche]
ich Sie Sich mit der Geduld auszurüsten, die H[o-]
raz dort jenem Schwätzer aushalten muste: De[nn]
heute ruhe ich nicht eher, bis ich meine An-
sprüche in einem langen Briefe voller Kar[i-]
katuren geltend gemacht habe. Sehen Sie, so
handwercksmäßig macht mich das leidige ###
thum der Gerechtigkeit! Nun aber, theurer
Herr Hofrath, erlauben Sie mir nach Ihrer G[üte][?]
mich mit wahrer Teilnehmung nach Ihrem Befin-
den zu erkundigen. Im Schoose der reinsten Fr[eund]-
schaft glücklich, höre ich Sie auf diese Frage ant-
worten, und diese Antwort ist, wie Sie Sich leicht
vorstellen können, Wunsch und Glück für mich.
Vermuthlich wollen Sie nach dero ädeln Herzen
auch wissen, was ich mache. Diß will ich Ihnen in
Rücksicht auf unsere erh[abene] Verbindung ganz frei
sagen. ich bin meiner eingeschränkten Kenntniße
und des Flors, der mir das Heiligthum unsers
Tempels, noch zur Zeit verhüllt, ungeachtet, glück-
lich, recht glücklich, indem ich bey dem erhab. [Ordnes] b[es-]
te Anzeichen einer solchen Freundschaft gefunden hab,
die die menschliche Natur verädelt und nach der
Vermehrung der Masse der menschlichen Glückseligkeit
wirksamst ringt. Nicht eigentliche Geheimisse, nicht | [<3>]
Zeugnisse und Erklärungen des Alterthums, als
welche dem Forscher und Zweifler hinwieden nichts
mehr als blose Bruchstücke von den Revolutionen
der Pflanzung und Kultur des menschlichen Ver-
standes und Herzens überliefern - - nein auf-
suchung, Entwicklung und Direktion der Würde
und Rechte der Menschheit, Honig der Weisheit
im Reiche der Natur und der Menschheit gesucht, ge-
funden und in die Zellen des erl. [Ordens] zusammen
getragen, Quellen der reinsten Freundschaft, der auf-
geklärte und tugendhafte Sterblichen bey den einge-
schränkten Verhältnissen der menschlichen Natur fähig
seyn können, gleiche Empfänglichkeit, gleicher Genuß-
- - kurz das reinste Feuer der Empfindungen, das
in Sterblichen brennt, die ihre Seelen zur Tugend
und ihr Herz zu ädlen Freunden empor geschwungen
haben, die sich einander in dem höchsten Punkte[?] der menschl[ichen] Ver-
ädelung und Verfeinerung und der sanftesten Har-
monie berühren, ihren moralischen Wert ohne Stolz
fülen, andere von den nämlichen Werte, wie sich
selbst schätzen und lieben, und die sich in lauter Liebe,
Hochachtung, Wolwollen und Wolthun ergiessen - -
- - diese und keine andern Kleinode stelle ich mir
als die Heiligthümer des Tempels unserer erh[abenen]
Verbindung vor. Möchte ich doch so tugendhaft seyn,
daß ich mich, diese der einst mit reinen Augen an-
schauen und mit würdigen Herzen verehren zu
dürfen, schmeicheln könnte! Hingegen aber haben für | [<4>]
mich Hieroglyphen wenig Anzüglichkeit, und ich k[ann]
so sehr die menschl[iche] Natur auch zum Wunderbaren, z[ur]
Vergleichung und Analogie aufgelegt zu seyn schei[nt,]
nicht begreifen, warum, da teils orientalische Pf[lan-]
zen nicht auf nördlichem Boden gedeihen, teils aber ##
jene Verhältnisse und Ursachen, warum die Ädlen
Wesen des Alterthums sich sinnbildlich ausdrücken[,]
 ###dels Sprache reden musten, gehoben sind, und [der][?]
Genius unserer Zeit bey gestiegener Kultur und
Aufklärung lichtvoller ist, dennoch Wahrheit in den [mir]
bis hierzu bekannt gewordenen symbolischen Graden [nicht][?]
anders, als unter der Hülle hieroglyphischer Schatten-
bilder erscheine. Wird nicht überdiß dadurch auch der
ohnehin so sehr relative und mit weit mehr verne[inen-]
den, als bejahenden Ideen belebte menschliche Verst[and]
Missdeutungen und Schwärmerein ausgesezt? Hier[bey][?]
wundere ich mich darüber, dass, da der D. unser Erzstein
ist, wir solchen mit unter über Gewissen bey uns th##
nen lassen: denn was anders, als dieses ist ein groß[er]
Teil jenes Versprechens, das aufgenommene le[isten]
müssen. Die Geschichte und Erfahrung, Beispiele
von Monarchen bis auf Nachtwächter lehren, ###
wie wenig der größte Theil der Menschen Eid und
Pflicht achtet, und wie selten wahre Tugend ist: W[as]
also können wir bey unsern Rezepten nicht nur vor-
aussetzen, sondern auch so gemessen vorschreiben,
dass sie sämtlich tugendhaft seyn und auf wei###
seyn sollen. Werden als nicht Meineidige gemacht[?]| [<5>]
Möchte doch dieser Ausdruck falsch, ganz falsch seyn!
Aber leider! prediget mir meine Überzeugung, daß
Abforderung eines Eides, der, mit der menschlichen
Natur verglichen, sehr schwer zu halten ist, und, der
Erfahrung nach, nicht selten übertreten wird, keine
entfernte Ursache des Meineides seyn kann.
Nur allein kann, meines Ermessens, der Eid der
Verschwiegenheit gerechtfertiget werden: Denn
jeder andere Eid legt der Freiheit Ketten an,
und enthält nicht die reinsten Motiven, womit
die Moral dem Menschen zur Tugend auffordert.
Irre ich, nun so erzeigen Sie mir die Liebe auch
zu belehren; wo aber nicht: so bewirken Sie,
ich beschwöre Sie bey den heiligen Rechten der
Menschheit, die erforderliche Reform. ich komme
nun auf den Vorsatz, der mich belebt[?], mich,
so viel es nach meinem, dermaligen engen, von
lästigen und unbelohnten Dienstverrichtungen durch-
webten, Wirkungskreise geschehn kann, für den
erl[auchten] [Orden] um nützliche Mitglieder alhier zu bewerben:
ich stehe mit verschiedenen Freunden, nämlich mit
Br. Reinhardt[1], Br. Manert[?], Br. Lossius[2], D. Vogt, Stadt-
vogt Reichard, Assesor Gerberg und Sel. Günther, in
einer Verbindung, die sich auf den Trümmern
des Concordien Ordens dahin wieder errichtet hat, | [<6>]
daß wir auf biedere teutsche Manier gute
Freunde unter einander bleiben wollen. Alle
diese Männer sind so beschaffen, daß ich gla[ube]
sie würden dem erl[auchten] [Orden] keine Schande machen.
einige derselben aber dürften, nach ihren Fäh[ig]-
keiten zu urteilen, als Matadors mit an[zu-]
sehen seyn. Nur aber sind alle diese Freunde
schon gesezte Männer, die an und vor sich, o[hne]
durch ein besonderes Interesse angezogen zu w[er-]
den, keinen Hang zu einer geheimen Gese[ll-]
schaft haben. Es würde ihnen auch auffall[end][?]
seyn ein unverhältnissmäßiges jüngeres M[it-]
glied des erhabenen [Ordens] zum Direktor zu haben
und nach den ersten Graden, die in vielen
Stücken nur auf erst zu bildende Menschen
passen, gleichsam schulmäßig behandelt zu w[er-]
den. Gleichwol wünschte ich, wo nicht alle, d[och]
einige von ihnen in dem Schoose des erl[auchten] [Ordens] zu
sehen. Bei so bewandten Umständen lege ich
Ew. Wolgeb. die Fragen zum Ermessen u[nd]
Entscheiden vor: Ist es rathsam diß zu ver-
suchen? Wie könnte ich allenfalls einen V[er-]
such anfangen, und wie weit könnte ich dari[n]
fort schreiten? Der gute Taulerus[3] sizt bey e[iner][?]
schlechten Bedienung auf seinem Dörfgen e[in-]
sam und verlassen, muss, da er nicht ein mal | [<7>]
bey seiner gewöhnlichen Amtsverrichtung sich
im Winter zu wärmen Gelegenheit hat, seine
Gesundheit aufopfern, und seine Känntnisse
sind am unrechten Orte vergraben. ich wünschte
sehr, dass der gute Mann von diesem seinem
Missgeschicke befreiet werden könnte: aber
freilich fehlt es mir an Kräften diesen from-
men Wunsch auszuführen. Könnten Ew. Wol-
geb. ihn einmal bessere Gelegenheit zu sei-
nem Fortkommen verschaffen: so würden Sie
einen würdigen Mann glücklich machen und
einen fleisigen Arbeiter in dem Weinberg des
erl[auchten] [Ordens] versetzen. Nun wahrhaftig das heißt
nicht geschrieben, sondern geschmiert! Verge-
ben Sie mir diese weitläuftige Zudring-
lichkeit ihres Beweggrundes halber, und wenn
Sie von mir schwache Urteile lesen, so ertragen
Sie mich mit Geduld; wo aber Dreistigkeit,
mit gütigem Verzeihen: wenigstens aber glau-
ben Sie, dass ich mich gegen Sie aufrichtig herau[s-]
gelassen habe, und sprechen Sie mir das Ur-
teil: es mag zur Noth so hingehen! Eben so
sehr aus Neigung, als aus Schuldigkeit schätze
mich glücklich mit ehrerbietiger Hochachtung und
Freundschaft durch die heilige Zal[?] zu verharren
Ew. Wolgeb.
L_ _ _ _ _ _ _ s gehorsamster
23/3 1154. Ulpian.

Notes

  1. Vermutlich Adam Christian Friedrich Reinhard Item:Q97706.
  2. Vermutlich Johann Christan Lossius Item:Q94429.
  3. Johann Caspar Tromsdorf Item:Q1236.