D-Q4503

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Commentary

Das nachfolgende Transkript ist von uns abgebrochen. Es existiert in einer Druckfassung aus dem Jahre 1811 in den von Christian August Vulpius herausgegebenen Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt, 1. Band, 2 Stück (Weimar: Landes-Industriecomptoir, 1811), S. 137 ff. Google Books

Die Vorlage des dortigen Nachdrucks soll ein Druck des Jahres 1787 sein, den Johann Caspar Lavater Item:Q1458 veranstaltete, dann aber, verunsichert, rasch wieder vom Markt gezogen haben soll.

Transcript

Gablidone

Graf Franz Joseph Thun, von Wien, war im Julius 1781 zu mir gekommen, und hatte sich etwa
14 Tage bey mir aufgehalten. Ein Mann von 46 Jahren, der sich allen und jeden Menschen,
die ihn kennen lernten, durch seine Gutmüthigkeit, Natürlichkeit, Dienstbegierde, und kurz,
seinen kindlichen Geist, sogleich und mit jedem Augenblicke empfohlen hatte. Er ist weder ein
außerordentliches Genie, noch vielweniger ein eigentlicher Gelehrter. Sein Haupttalent ist
Mechanik. Er hat eine gewiße gutherzige, sich nicht verbergende, Eitelkeit, die aber gar nichts
Drückendes hat. Sein Herz ist immer auf seiner Zunge. Es ist schlechterdings unmöglich
ihm böse zu seyn, oder in seiner Aufrichtigkeit einMißtrauen zu setzen. Er scheint mir
einer der liebenswürdigsten Etourdis zu seyn, die alle Augenblicke prise über sich geben,
davon aber niemand als ein determinirter Schurke, oder abscheulicher Scherfkopf Ge-
brauch oder Mißbrauch machen kann.

Dieser Herr fing mich unter andern an zu fragen; ob ich etwas von der heiligen
Cabbala oder der ältesten Magie wüßte?

Ich bat ihn zu erzählen, was Er wiße. Seine Erzählung war weitläufig, und oft unterbrochen.
Bald war ich allein Zuhörer, bald mein [***] Doktor, bald Pfenninger, bald Söller; vor allen
und jedem aber bekannte er folgendes.

Ein gewißer Rechner, wie man ihn heiße, nach seinem magischen Namen Magnanephton, sey
mit einem gewißen Spiritus Familiaris, der sich Gablidon nannte, in genauer Verbindung
gestanden, und sey viele Jahre lang gleichsam das Sprachrohr dieses Geistes gewesen, und
seyen ihm, Thun, und einem noch lebenden Freunde Reiter, vermittelst dieses Rechner's,
theils unzählige Geheimniße mitgetheilt, theils gewiße Dinge wunderbarer und unbe-
greiflicher Weise gebracht worden; auch sonst ganz außerordentliche Wirkungen durch Ver-
mittelung dieses Gablidone geschehn.

Zeit und Gedächtniß reichen nicht zu, alles herzusetzen, was uns erzählt und aus dem
was dieser Geist dictirt haben soll, vorgelesen werden.
Folgendes scheint mir das Wichtigste zu seyn.

1) Magnanephton sey in seiner, Tugend, ein Taschenspieler gewesen, und von diesem, als von
einen unwürdigen Geschäfte, von einem, ihm vorher unbekannten Manne, der ihm in
einem Wirthshause zugesehen, wegberufen worden. Dieser Unbekannte habe sogleich sich
des Gemüths des Magnanephton's be[***], und ihn dahin bringen können, seinen
Taschenspiel[***] ins Waßer zu werfen, den er beyständig bey sich tragen, und durch
gewiße Vorkehrungen in seiner Kraft bewahren sollte, geschenkt, und Er mithin zum Schüler
der Magie eingeweiht worden.

2.) Dieser Magnanephton sey durch diese und einige andre Einrichtungen im Stande ge-
wesen, eine unzählige Menge von Fragen über geschehene oder existirende Dinge, nicht
aber über zukünftige, es sey denn daß diese bereits geweißsagt worden, mithin als
Weißagungen zu den geschehenen gehörten, mittelst einiger vorgegangenen cabbalischer
Rechnungen, die richtigsten und treffendsten Antworten zu geben - welche Antworten Er
in Gegenwart zweener Jungen, dem Einen Buchstaben für Buchstaben, so dicktirt, daß niemals
weder ein ganzes Wort ausgesprochen, noch vier Sylbe zusammengefaßt werden.|<2>

3)Thun und Reiber haben, der Eine etwa 12, der Andre etwa 10 Jahre, nacheinander, Anfangs beyde zu-
gleich . sich wöchentlich zu gewißen besondern Tagen und Stunden - niemals z.B. an den ersten
Tagen des Monats - niemals wenn ein Donnerwetter am Himmel war - niemals in der Stunde,
in welcher Gablidone die Welt verlaßen - Lektionen geben laßen.

4.) Diese Lektionen seyn fast immer mit sonderbaren Ceremonien und Gebräuchen, die viel Ver-
ständliches und Unverständliches Symbolisches hatten, verknüpft gewesen.

5) Gablidone habe von sich, durch den Mund des Rechners, der ihn hörte und, seine [***]
eine Art von anschauender Erkenntniß von ihm hatte - für den von Christi Geburt schon
abgeschiedenen Geist eines jüdischen Cabbalisten oder Magiers ausgegeben; der durch die magische
Wißenschaft herausgebracht, daß der Messias Jesus von Nazareth heißen, und bis auf den Tod
verfolgt werden würde.

6.) Seine Beschäftigung mit magischen Wißenschaften und besonders auch diese Weißagung ha-
ben ihm den bittersten Haß, besonders von seinem Vater zugezogen, und Er, aufgebracht von dem
verfolgenden Ueberfall seines Vaters, der ihn eben in einer magischen Operation beschäftigt
fand, habe ein magisches Schwerd, deßen bloßes Aufheben gegen einen Menschen, ohne
weitere Berührung schnell tödend gewesen sey, gegen seine Vater aufgehoben, und also
seinen Vater auf der Stelle getödet; dafür sey er nach seinem Tode mit der Buße be-
straft worden, [***] Rechnern, oder ähnlichen Magiern viele Jahrhunderte, jedem in be-
sondern Stunden zu Gebote zu stehen, und ihnen auf alle Fragen die sie thun würden,
ohne auf irgend eine Weise diese Fragen selbst zu veranlaßen, oder ihren freyen Willen zu
lenken, nach bester Möglichkeit, und nach vorgegangenen gewißen Ceremonien zu antworten,
oder sonst, so viel es ihm sein ihm angewiesenes besonderes Amt zuließe, zu gebote zu
stehen. Es seyen neben ihm noch sechs, mithin sieben solche dienstbare Geister - die über
und unter sich jeder eine Menge andere hätte, die entweder von ihm, oder von denen Er abhinge.
Einer davon habe den Mahomet als Zauber - ein andrer beym delphischen Orakel Dienste
geleistet.

[...]

Notes