D-Q4799

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Commentary

Transcript

Es ist zu verwundern warum die gute Sache der wetter-
ableiter, die doch überall so gute Unterstüzung findet
in unsern Lande, wo ich nicht war, noch gar nicht hat
gedeyhen und ihren gesegneten Eingang nehmen wollen.
und dennoch zeigt sich die unstreitige Nothwendigkeit
derselben von allen Seiten.
Als ich vor vierzehn oder fünfzehn Jahren an der
Ilm [***]schen Kirche als Frühprediger stand, schlug am
Sonntage, zum Glük nach geendigtem Gottensdienste ein Donner
wetter in den Thurm derselben, theilte sich der Kirche mit
so verwüstender Gewalt mit, daß die Reparatur derselben
fast auf acht hundert Thaler zu stehen kam. Im ver-
wichenen Mai hat sie das nemliche Unglük betroffen,
so daß man die Herstellung derselben, mit den ersten
Schaden nun leicht auf 14 = 16 hundert wird rechnen
können. Eine Ausgabe die durch einen Wetterableiter
grostentheils hätte erspaart und mit dem ersparten
manche gute Sache gestiftet werden können, zumal
in einem Orte, der durch seine wiederholte Brände
von vielen andren Städten viel gelitten hat. eben
solche Donnerwetter wie das Ilmenauische war, giebts
denn nun freilich auch heute noch überall, und überall |<2>

sind Thürme und alle Gewitter allzugeneigt ihre elektri
schen Maßen mit diesen zu verloben. Auch wir haben
einen der schönsten und höchsten Thürme im Land, und
der nie durch seine iezige kostbare Reparatur für
künftige Gewitter gefährlich zu werden scheint, indem
der Nothwendigkeit wegen, in zwey verschiedene Stokwerke
über ein ander 2 starcke eisene Anker gesezt sind _
und werden, innen ieder mit acht starcken eisernen
Armen durch die Mauer ge[***] solte nun
wofür ihn Gott bewahre, ein Gewitter in ihn einschla
gen; welche sechzehnhältige Verwüstung wäre iezt
von dieser Seite betrachtet mehr zu erwarten?
Ich dächte also wo die Tausende zur Reparatur her
gekommen wären, da müste auch noch so viel herkommen
als nöthig wäre dieses Gebäude und die ganze
Gemeinde, durch einen Ableiter zu sichern.
Ueberhaupt wäre es auch sehr zu wünschen, daß den
Geistlichen ein Befehl gegeben würde, zur Zeit eines nahen
Gewitters den Gottesdienst gänzlich aus, und das Leben
so vieler nicht in Gefahr zu sezen; weil es eigenmächtig
viele gewiß nicht thun, vielmehr glauben daß man
zu solcher Zeit, Gott vornemlich im Tempel anrufen
und ihm dienen müße; ob man gleich aus Erfahrung
täglich sieht; daß Gott kein Wunder thut, seine ewig
weisen unverändelrichen Naturgeseze nicht ändert
und auch in Kirchen und da am häufigsten, einschlagen
lässt. Der gemeine Mann hat auch zur Gewitterzeit |<3>

wenn eben Kirche gehalten wird, seine Religion ganz in
seinen Beinen, läuft häufiger als sonst zum Tempel
ohne zu bedenken, daß er eben iezt mehr als sonst
der Gefahr erschlagen zu werden entgegen laufe.
Picenz
d 30. Chordad
1157.

Castillio

Notes