D-Q4927

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Commentary

Transcript

Nein! ich glaube es nicht, eheliche Verbindng sey
weit mehr, als lang gedauerte und bewährte
Freundschaft. Mehrheit der Gründe entscheidet
nicht für den Werth der Sache. Eheliche Liebe sezt
Freundschaft voraus und schliesset solche in ich.
Mittheilung des Körpers, die bey Eheleuten hinzu-
kommmt, ist also immer das Plus, welches bey Freund-
schaft mangelt, und der ehelichen Verbindung
vor dieser das Uebergewicht zu geben scheinet.
Aber eben diese Körperliche Mittheilung beweiset
mir, was ich nicht glauben will, nicht eingestehen|<2>
kan. Freundschaft ist blos Verbindung zwischen
unsern Seelen, unrer Vernunf. Etwas
Körperliches kan bey derselben nicht in An-
schlag kommen. Befriedigung des Geistes ist
es, welche ich in der Freundschaft suche, nicht
Stillung animalischer Triebe. Nicht so bey der
ehelichen Verbindung. Hier sollen auch die
Triebe unseres Körpers befriediget werden,
und eben darum wird gewiß bey Ehen eine
Art von Freundschaft zustiften unterlassen,
welche ausser der Ehe statt findet. Das|<3>
Animalische verschlinget, die Triebe der Wollust
werden gesättiget, aber nimmer erschlaffez
unser Geist. Täglich kan er sich von neuen bestreben
unsern Freunden Proben des Wohlwollen zu geben,
und aus sich selbst schöpfen, womit er sich ihm theil-
nehmend nähert. So unveränderlich das Wesen
der Freundschaft ist, soviel beständiges es durch
sich haben muß: so gewiß ist es daher auch, daß
blose ächte Freundschaft mehr als eheliche Verbindung
sey. Buttstädt d. 28sten des Meher 1155.

Johann Carl Chr. Lauhn

Notes