D-Q6362: Difference between revisions
Olaf Simons (talk | contribs) (Created page with "* '''Metadata:''' Basilius [Johann Joachim Christoph Bode], Reproche note for Johann Carl Christian Lauhn, Weimar, 1787-03-10 (Q6362) * '''Transcript & Commentary:''' Christian Wirkner 2015, ~~~~ == Commentary == == Transcript == <poem> <u>Fabii</...") |
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Ich muß Ihnen, lieber Bruder, auf zwey Ihrer QQ.LL. vom Adar<ref> | Ich muß Ihnen, lieber Bruder, auf zwey Ihrer | ||
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<u>Adar.</u> | <u>Adar.</u> | ||
Dieser Aufsatz hat Etwas hartes, wo nicht gegen | Dieser Aufsatz hat Etwas hartes, wo nicht gegen | ||
den O. doch gegen Ihre Recipienten.<ref> | den O. doch gegen Ihre Recipienten.<ref>Friedrich Christian Rudorf, im Folgenden unter dem Ordensnamen Ali gehandelt, [[Item:Q969]].</ref> Gegen | ||
den Bruder, auf dessen gutes Zeugniß von Ihrem | den Bruder, auf dessen gutes Zeugniß von Ihrem | ||
Charakter Sie doch in den Orden aufgenommen | Charakter Sie doch in den Orden aufgenommen | ||
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Es thut mir leid, wenn Ihnen die Hefte durch | Es thut mir leid, wenn Ihnen die Hefte durch | ||
zweimaliges Lesen in einem Tage <u>zum Ekel wurden</u>. | zweimaliges Lesen in einem Tage <u>zum Ekel wurden</u>. | ||
Ich relevire | Ich relevire dieses <u>[...] Ekel werden</u> nur des Styls halber. | ||
Sie möchten also lieber zur Quelle gehen, zu welcher | Sie möchten also lieber zur Quelle gehen, zu welcher | ||
<u>Zeit Sie wollen</u>? Freylich müßen Sie eben nicht mit | <u>Zeit Sie wollen</u>? Freylich müßen Sie eben nicht mit | ||
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können: so hätten Sie Gelegenheit die Constitution | können: so hätten Sie Gelegenheit die Constitution | ||
zu weilen vorlesen zu hören. Warum werden die | zu weilen vorlesen zu hören. Warum werden die | ||
Bbr. in Butus<ref>In der Ordensgeographie ''Jena''.<ref> nicht darüber einig sich | Bbr. in Butus<ref>In der Ordensgeographie ''Jena''.</ref> nicht darüber einig sich | ||
monatlich ein Mal zu versammeln? Dann müssen die nöthigen | monatlich ein Mal zu versammeln? Dann müssen die nöthigen | ||
Hefte hinkommen, wenn solche vielleicht noch mehr | Hefte hinkommen, wenn solche vielleicht noch mehr | ||
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wo ihn nicht der unbefangene gesunde Menschenverstand | wo ihn nicht der unbefangene gesunde Menschenverstand | ||
unumgänglich macht. Wenn Wir blinden Gehorsam | unumgänglich macht. Wenn Wir blinden Gehorsam | ||
heischten: so würden wir uns wohl hüten, so ernstlich | |||
auf die Aufklärung | auf die Aufklärung des Geistes unserer Mitglieder | ||
zu dringen. Das däucht mich, fiele in die Augen|<3> | zu dringen. Das däucht mich, fiele in die Augen.|<3> | ||
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ad. 4. | ad. 4. | ||
Ich wüßte allerdings nicht anders als <u>Sie</u> | Ich wüßte allerdings nicht anders als <u>Sie</u> hätten | ||
die Instruktionen gelesen, als ich Sie darauf ver- | |||
wieß. Jetzt ist es wenigstens geschehen; und | |||
Ihr Gedächtniß müßte höchst schwach seyn, | |||
wenn es <u>über diesen Punkt</u>, wenigstens, Ihnen | |||
nicht ohne Abschrift der Hefte, die nun einmal | |||
nicht verstattet werden kann, aushelfen | |||
könnte. | |||
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Gerade eben deswegen vielleicht weil jemand den | |||
3ten grad hätte drucken lassen, könnte die | |||
allgemeine Regel noch genauer zu befolgen, | |||
eingeschärft seyn.<ref>Nicht ohne Ironie der Geschichte ist an dieser Stelle, dass der dritte grad in der ''Vollständigen Geschichte der Verfolgung der Illuminaten in Bayern'' (Frankfurt am Main/ Leipzig [i.e. Nürnberg]: Grattenauerische Buchhandlung, 1786) [[Item:Q12096]] soeben von niemand anderem als Weishaupt veröffentlicht wurde.</ref> Niemanden Abschriften | |||
von den Heften zu geben, oder nehmen zu lassen, | |||
als wenn solches des Amtes wegen <u>nöthig</u> | |||
ist. Wer das für eine Zurücksetzung an- | |||
sehen will, daß man für ihn keine Ausnahme | |||
von der allgemeinen Regel macht, der muß es | |||
unendliche Praetensionen, die der O. keine | |||
Art von Verpflichtung hat zu befriedigen; | |||
und noch mehr! Wer, im Odern könnte das | |||
Recht haben, diese Ausnahme zu verwilligen? | |||
Müßte der nicht über den Gesetzen seyn? Möchten | |||
Sie in einem Odern seyn, wo einer arbitrair | |||
handeln könnte? So viel über Adar. | |||
<u>Auf Din</u> | |||
Ich habe Reflexions sur les Talens melitiori[*] | |||
de Charles XII. par Fred. II<ref>recherchieren</ref> nicht gelesen; und | |||
möchte auch nicht in Abrede seyn, daß der | |||
Letzte nicht, besonders, als ihn die <u>Erfahrung</u> | |||
gelehrt hatte, was bey seiner Art | |||
zu kriegen heraus käme, sollte im Vor- | |||
beygehen, oder wenn Sie wollen, in allen | |||
Ernste ein mal davon gedacht haben,|<4> | |||
daß es doch auch seine Bestimmung sey, auf das Wohl | |||
seines Reichs zu denken. Aber kann die Aeus- | |||
serung eines Gedankens des Friedens, den [[Randeinfügung:] ununterbrochenen vieljährigen kriegerischen, ja barbarischen] Handlungen | |||
eines Königs nur im Geringsten die Waage halten? | |||
Die späteren Nachkommen sollten wegen eines | |||
Gesprächs, das wir spät aus Hören sagen erfahren, | |||
das kaltblütige Metzeln, Morden, Sengen und Brennen | |||
eines Mannes vergessen, der Menschenblut, Menschen- | |||
leben, Menschenrechte für Nichts achtete! Der so | |||
viele Tausende elend machte, ohne einen andern | |||
ersichtlichen Endzweck, als nur als ein Held | |||
bewundert zu werden? Der wegen | |||
nicht mehr für ein blossen wilden barbarischen | |||
Krieger halten, weil er einmal an Geist und | |||
Liebe ermüdet, ein ruhiges Leben für wünschens | |||
Werth hielt? Bruder Fabii, Bruder Fabii! | |||
haben Sie gespaßt; oder ist es ein Versuch Ihrer | |||
Profession? — Gott bewahre die Welt, daß ihr nicht | |||
der Glaube aufgedrungen werde, Carl des XII | |||
Andenken verdiene in Ehren gehalten zu werden! | |||
Und Gott bewahre mich, daß ich in Zukunft nicht nöthig | |||
habe, meine Zeit zu verlieren | |||
über solche Meynungen mich heraus zu lassen. | |||
<u>Basilius</u> | |||
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== Notes == | == Notes == | ||
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Latest revision as of 14:50, 27 September 2019
- Metadata: Item:Q6362
- Transcript & Commentary: Christian Wirkner 2015, Olaf Simons (talk) 15:39, 4 March 2019 (CET)
Commentary
- Bemerkenswert formulierte Kritik an Lauhns misstrauischem Verhalten
Transcript
Fabii
Ich muß Ihnen, lieber Bruder, auf zwey Ihrer
QQ.LL. vom Adar[1] und Din[2] einiges erwiedern.
Adar.
Dieser Aufsatz hat Etwas hartes, wo nicht gegen
den O. doch gegen Ihre Recipienten.[3] Gegen
den Bruder, auf dessen gutes Zeugniß von Ihrem
Charakter Sie doch in den Orden aufgenommen
sind. Sie sagen: man habe die Hefte vor Ihnen
anderhalb Jahre sorgfältig verborgen. Ey! Ey!
bey diesem sorgfältig sollte man fast auf etwas
von Ihnen für planmässige Hinterlist gehaltenes
schliessen! Darinen aber hätten Sie grosses Unrecht.
Was hätte der O. für Ursach mit irgend einem
Bruder so zu handeln? Ali ist auch gewiß nicht
ein Mann von List; sorgfältig pünktlich mag
er seyn; das mag Ihnen nicht gefallen. Denn
etwas muß zwischen Ihnen beyden seyn, das ist
aus Ihren bisherigen QQ.LL. ersichtlich. — Aber,|<2>
aber, ich will das harte und Schneidende in diesem
Aufsatze sowohl als das mir unbekannte, vermuthlich
aber nicht völlig harmonische Verhältniß, zwischen Ihnen
und Ali bey Seite setzen, und nur ohne allen Rückhalt
so viel sagen. Ali ist Ihr Recipient. Sie müssen also,
bis dahin, daß Sie an einen andren gewiesen werden können,
die Hefte und O.sInstruktionen von Ihm erhalten. Vielleicht
besitzt er diese Hefte nicht einmal selbst für beständig,
denn wir lieben nun einmal die Verfielfälti-
gung der Abschriften nicht. Auszüge, die Niemanden
andres, als dem Besitzer verständlich, sind nicht nur
erlaubt, sondern sogar angerathen, zu machen.
Hielten Sie, wie zu wünschen, einen freundschaftlichen
Umgang mit Ali, so würde sein Gedächtniß dem
Ihrigen zu Statten kommen können. Aber freylich
müßten Sie die Bedingungen dieses Umgangs nicht allein
machen wollen. Wenn Sie eben den harschen Ton gegen
ihn, als in diesem Q.L. führen; so wundert michs nicht,
wenn Sie ihn dadurch eben nicht anziehen. Versuchen
Sie es einmal auf eine andre Manier! —
Nun auf die Punckte.
ad 1.
Es thut mir leid, wenn Ihnen die Hefte durch
zweimaliges Lesen in einem Tage zum Ekel wurden.
Ich relevire dieses [...] Ekel werden nur des Styls halber.
Sie möchten also lieber zur Quelle gehen, zu welcher
Zeit Sie wollen? Freylich müßen Sie eben nicht mit
Geschmack gelesen haben, da Ihnen der Rath des
Extrahirens entwischt ist. Wären Sie an einem
Orte, wo ordentliche Versammlungen gehalten werden
können: so hätten Sie Gelegenheit die Constitution
zu weilen vorlesen zu hören. Warum werden die
Bbr. in Butus[4] nicht darüber einig sich
monatlich ein Mal zu versammeln? Dann müssen die nöthigen
Hefte hinkommen, wenn solche vielleicht noch mehr
in Ali's Händen sind.
ad 2.
Man wird nie Gehorsam von Ihnen verlangen,
wo ihn nicht der unbefangene gesunde Menschenverstand
unumgänglich macht. Wenn Wir blinden Gehorsam
heischten: so würden wir uns wohl hüten, so ernstlich
auf die Aufklärung des Geistes unserer Mitglieder
zu dringen. Das däucht mich, fiele in die Augen.|<3>
ad 3.
den Eid sollen Sie nie ablegen; das verspreche
ich Ihnen. Die Zeit da er abgelegt wird ist
vorbey; aber die Formel ist zum Andenken
nach da. Beruhight Sie dies Versprechen nicht?
so habe ich über diesen Punckt weiter nichts zu sagen.
ad. 4.
Ich wüßte allerdings nicht anders als Sie hätten
die Instruktionen gelesen, als ich Sie darauf ver-
wieß. Jetzt ist es wenigstens geschehen; und
Ihr Gedächtniß müßte höchst schwach seyn,
wenn es über diesen Punkt, wenigstens, Ihnen
nicht ohne Abschrift der Hefte, die nun einmal
nicht verstattet werden kann, aushelfen
könnte.
ad. 5
Gerade eben deswegen vielleicht weil jemand den
3ten grad hätte drucken lassen, könnte die
allgemeine Regel noch genauer zu befolgen,
eingeschärft seyn.[5] Niemanden Abschriften
von den Heften zu geben, oder nehmen zu lassen,
als wenn solches des Amtes wegen nöthig
ist. Wer das für eine Zurücksetzung an-
sehen will, daß man für ihn keine Ausnahme
von der allgemeinen Regel macht, der muß es
unendliche Praetensionen, die der O. keine
Art von Verpflichtung hat zu befriedigen;
und noch mehr! Wer, im Odern könnte das
Recht haben, diese Ausnahme zu verwilligen?
Müßte der nicht über den Gesetzen seyn? Möchten
Sie in einem Odern seyn, wo einer arbitrair
handeln könnte? So viel über Adar.
Auf Din
Ich habe Reflexions sur les Talens melitiori[*]
de Charles XII. par Fred. II[6] nicht gelesen; und
möchte auch nicht in Abrede seyn, daß der
Letzte nicht, besonders, als ihn die Erfahrung
gelehrt hatte, was bey seiner Art
zu kriegen heraus käme, sollte im Vor-
beygehen, oder wenn Sie wollen, in allen
Ernste ein mal davon gedacht haben,|<4>
daß es doch auch seine Bestimmung sey, auf das Wohl
seines Reichs zu denken. Aber kann die Aeus-
serung eines Gedankens des Friedens, den [[Randeinfügung:] ununterbrochenen vieljährigen kriegerischen, ja barbarischen] Handlungen
eines Königs nur im Geringsten die Waage halten?
Die späteren Nachkommen sollten wegen eines
Gesprächs, das wir spät aus Hören sagen erfahren,
das kaltblütige Metzeln, Morden, Sengen und Brennen
eines Mannes vergessen, der Menschenblut, Menschen-
leben, Menschenrechte für Nichts achtete! Der so
viele Tausende elend machte, ohne einen andern
ersichtlichen Endzweck, als nur als ein Held
bewundert zu werden? Der wegen
nicht mehr für ein blossen wilden barbarischen
Krieger halten, weil er einmal an Geist und
Liebe ermüdet, ein ruhiges Leben für wünschens
Werth hielt? Bruder Fabii, Bruder Fabii!
haben Sie gespaßt; oder ist es ein Versuch Ihrer
Profession? — Gott bewahre die Welt, daß ihr nicht
der Glaube aufgedrungen werde, Carl des XII
Andenken verdiene in Ehren gehalten zu werden!
Und Gott bewahre mich, daß ich in Zukunft nicht nöthig
habe, meine Zeit zu verlieren
über solche Meynungen mich heraus zu lassen.
Basilius
Notes
- ↑ Siehe für das Dezember-Quibus Licet Item:Q4934.
- ↑ Siehe das Januar QL Item:Q4930.
- ↑ Friedrich Christian Rudorf, im Folgenden unter dem Ordensnamen Ali gehandelt, Item:Q969.
- ↑ In der Ordensgeographie Jena.
- ↑ Nicht ohne Ironie der Geschichte ist an dieser Stelle, dass der dritte grad in der Vollständigen Geschichte der Verfolgung der Illuminaten in Bayern (Frankfurt am Main/ Leipzig [i.e. Nürnberg]: Grattenauerische Buchhandlung, 1786) Item:Q12096 soeben von niemand anderem als Weishaupt veröffentlicht wurde.
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